das Original aufwies. Diese Abbildungen bilden in ihrer naiven
Auffassung, die das Gesehene auf das wirksamste wiedergibt, eine
ausgezeichnete Ergänzung des Textes; da sehen wir Schiffe auf
hoher See bei gutem Wetter und im Sturme oder im Gefecht,
sehen marokkanische und brasilianische Landschaften, Eingeborene
im Kampfe und in ihren Niederlassungen. Wir erblicken die
Indianer bei ihren Tänzen, bei den bannibalischen. Menschen-
schlachtungen und ihren Hantierungen. Den gefangenen Hans
Stade erkennen wir unter ihnen an seinem langen Barte; wir
jehen ihn im Tanze springend vor seinen Peinigern, bniend beten
vor einem Kreuze oder mit flehenden Gebärden im Wasser neben
dem französischen Boote, das ihm die Aufnahme versagte. Der
eigentlichen Keisebeschreibung hat Stade einen Anhang beigegeben,
in welchem er in Wort und Bild die Sitten und Gebräuche
der Tupinibins beschrieben hat. Er zeigt darin zuerst seinen Lesern,
wie man zu Schiffe nach dem Lande Prasil gelangt, wie beschaffen
die Gegend ist, und erzählt dann anschaulich die Art und Weise.
wie die Wilden ihre Hũtten errichten. wie sie durch Keiben von
Hölzern Feuer anmachen, wie sie in Hängematten schlafen und
wie geschickt sie im Jagen und Fischen sind. Wir erfahren von
ijhm auch, wie die Indianer aussehen, wie beschaffen ihre Werb⸗
zeuge und welcher Art ihre Lebensmittel und deren Subereitung
ind. Nichts entgeht unserem Keisenden; die Töpferei der Tupini-
kins und die Herstellung ihrer berauschenden Getränkbe, der Schmuch
der Frauen und die Sierate und Waffen der Männer finden
ebenso ihre Darstellung wie Heiraten und Taufen unter den
Wilden oder die Beschreibung der Seremonien, welche ihre Menschen
schlächtereien begleiten. Den anschaulichen Schilderungen sind
ebenso sprechende Seichnungen beigegeben, die vielleicht nicht von
Hansen selbst herrühren, aber sicherlich an Naturtreue nur schwer
ũbertroffen werden Lönnen. Eine burze Beschreibung der Tier⸗
und Pflanzenwelt des Landes schließt das Buch unseres Hans
Stade, der am Ende demjenigen Leser, der durch seine Schilderungen
nicht zufriedengestellt sein sollte, den Kat gibt, sich Gottes Schutßz
zu empfehlen und selbst die Reise zu unternehmen, damit ihn nicht
fernere Sweifel plagen!
Damit verlassen auch wir den wackeren Hans Stade, der vor
dritteinhalb Jahrhunderten als ein unerschrockener und gottes-
fürchtiger deulsche Mann im fernen Lande dem deutschen Namen
Ehre gemacht und nach seiner Heimbehr viel zur Kenntnis der
neuen Gebiete und seiner Bewohner beigetragen hat. Doch wollen
wir noch ein wenig auf dem Schauplatze verweilen, auf den Hans
Stade uns geführt hat und auf welchem durch ein eigenartiges
Zusjammentreffen ein anderer deutscher Abenteurer, dessen Name
die Jahrhunderte überlebt hat. zur selben Seit auftauchte, ale
Hans Stade in der Gejfangenschaft der Tupinikins schmachtete
Vir haben bereits in den einleitenden Worten den Namen Alrich
Schmiedels erwähnt, der sich mit 150 deutschen Landsbnechten der
panischen Expedition des D. Pedro de Mendoza im Jahre 1534 nach
dem La Plata angeschlossen hatte und fast zwanzig Jahre lang
Teilnehmer ˖ an der Erschließung neuer Länder und Seuge der
Hründung zweier südameribanischer Hauptstädte gewesen ist. Schmie⸗
del war eine ähnliche Figur wie diejenige Hans Stades, und wenn
diesem eine der ersten Beschreibungen des brasilianischen Landes
und seiner Bewohner zu verdanken ist, so ist jener einer der frühesten
Schilderer der La Plata-Länder und ihrer Eroberung geworden
Kein geringerer F der argentinische General Mitre hat Alrich
Schmiedel zur gebührenden Anerbennung im spanischen Süd—
amerika verholfen, indem er im Jahre 1805 eine Lebensbeschreibung
unseres Landsmannes veröffentlichte, in welcher er ihm den ehren
vollen Titel des „ersten Geschichtsschreibers des La Plata“ zu—
gestanden hat. Wenn wir aber im Susammenhange mit dem
Charabterbilde Hans Stades die Figur Ulrich Schmiedels hier
durz beleuchten, so geschieht dies nicht, um auf die Geschichte der
Eroberungen der La Plata-Länder einzugehen, sondern nur uwn
den eigenartigen Susammenhang zwischen den beiden Persönlich
beiten zu streifen, die, jeder für sich, in der jüdamerikanischen Ent—
deckungsgeschichte fortleben und, ohne sich wahrscheinlich persönlich
gebannt zu haben, doch immer im selben Atemzuge genannß
werden, wenn von diesen Entdeckungen die Rede ist. Alrich
Schmiedel wurde um 1510 in Straubing in Bayern geboren. Er
war im Jahre 1534 in Antwerpen in einem Handelshause
tätig, als ihm die Kunde von der geplanten Expedition Mendozae
zu Ohren kbam, die er mitzumgchen beschloß und zu der er im
panischen Hafen Cadiz stieß. Nach der Anbkunft auf dem süd—
amerikanischen Kontinent hat Schmiedel unter Mendoza und
Ayola, unter Irala und Cabeza de Dacca gegen die Eingeborenen
gefochten, welche die Gebiete bewohnten, aus denen die heutiger
Kepubliben Argentina, Paraguay, Bolivia und Peru hervor⸗
gzegangen sind, und jelbst bis in brasilianijsches Gebiet wurden die
Kämpfe vorgetragen. Wir müssen es uns versagen, im einzelnen
uuf die Erlebnisse Schmiedels während jeiner langjährigen Streif-
zũge einzugehen, da uns hier nur der letzte Teil seiner Abenteuer
nteressiert, der sich auf seine Heimfahrt bezieht. Im Juli 1552
atte Ulrich einen Brief Sebastian Neitharts erhalten, der ihn zu
ascher Rückkehr nach Deutschland aufforderte. So trat er vor
den General Martin Domingos Irala und bat, ihm nach treu
rfũllter, an unzähligen Gefahren reicher Dienstzeit den Abschied
u bewilligen. Nach einigem Widerstande entsprach Irala dem
besuche des deutschen Landsbnechtes, stellte ihm ein sehr ehren⸗
olles Dienstzeugnis aus und ũbergab ihm einen Brief an den
xönig von Spanien mit einem Bericht ũber den Stand der Dinge
im La Plata zur Beförderung. Als Schmiedel dabei war, sein
Zũndel zu schnüren, trafen in Asuncion Leute aus Brasilien ein,
velche berichteten, daß in Sao Vicente ein Schiff von Lissabon
ingelangt sei, und daß es einen Landweg gäbe, um diesen brasi-
janischen Hafen zu erreichen. Ulrich beschleunigte seine Keise⸗
orbereitungen, um dieses Schiff noch vor der Rückfahrt anzu—
»effen und brach am 26. Dezember 1552 mit 2 Kanoes und 20
idianischen Begleitern zu der weiten Reise auf. Noch auf dem
daraguayflusse wurde die kleine Expedition von vier deutschen
andsknechten eingeholt, die von der Truppe desertiert waren, um
ait Ulrich die Gesahren des Weges zu teilen, der nach der fernen
deimat führen sollte. Die Geschichte hat uns nicht überliefert,
die viele von den ausgezogenen 150 deutschen Söldnern die hei—
nische Erde wiedergesehen haben, aber wir kLönnen uns denken,
aß nicht viele die Kämpfe gegen die feindliche Bevölberung
ind die Strapazen und Entbehrungen in den weltfernen Gebieten
inter der heißen Sonne überstanden haben mögen. Und ebenso
eicht ist zu verstehen, daß vier von dem Häuflein, von Sehnjucht
ind Heimweh getrieben, die Gelegenheit ergriffen, um trotz aller
rohenden Gefahren in Begleitung ihres Landsmannes Schmiedel
ach der Heimat zu entlommen. Mit den deutschen Flüchtigen
tießen auch 3weĩ Soldaten portugiesischer Nationalität zu der
kxpedĩtion Alrichs. die den Paraguayfluß hinab und sodann 190
Neilen weit den Parana hinauf bis zur Iguassu Mündung ruderte.
vo sie portugiesisches Gebiet erreichte.
Hier begann die Fußreise durch dichte Wälder, über Fläüsse,
kãler und Hügel, immer bedroht von der feindlichen Tupibe⸗
»õlkerung und von reißenden Tieren. Oft mußten die Reisenden
den Angriffen der Wilden in großer Übermacht Stand halten,
enen zwei der Begleiter zum Opfer fielen, jselten hatten sie dus-
eichend zu essen, bis sie nach der Durchquerung der Gebiete des
eutigen Staates Parana und des Südens von Sao Paulo nach
ielen Wochen in der Gegend des heutigen Itu den Tieté-
luß erreichten, der ihnen den Weg bis zur ersten Niederlassung
er Portugiesen, Santo André da Borda do Matto, wies. Dieser
Ort lag in der Nähe des heutigen Sao Bernardo im jetzigen
faate Sao Paulo. Er war von Ioao Kamalho begrũndet und
burde später verlassen, nachdem die neue Ansiedlung Sao Paulo
e Piratininga entstanden war, wohin Joao Ramalho und seine
eute ũbersiedelten. Nach Schmiedels Urteil, das allerdings von
rasilianischen Geschichtsschreibern nicht anerbannt wird, waren dies
vilde, zügellose Gesellen, sodaß die Keisenden, trotß guter Auf-
ahme, die ihnen in Santo André widerfuhr, Gott dankten. als
e den Staub der Siedlung von den Füßen schütteln und den
hzten Teil ihrer Landreise nach dem Hafen Sao Vicente antreten
onnten, wo Alrich und seine Begleiter am 24. Juni des Jahres
553 eintrafen. Genau ein halbes Jahr hatte also diese ungeheure
deise gedauert, die noch heute, nach dritthalb Jahrhunderten, so
iel Gefahren, Strapazen und Entbehrungen in sich schließt, daß
oleicht nicht jemand, am wenigsten ein Ausländer, sie zu unter⸗
ehmen wagen wũrde, und die zu Schmiedels Seiten ein Maß von
Tollkühnheit vorausseßte, für das nur im Rahmen jener wilden
kpoche eine Erblärung zu finden ist. — Aber Schmiedels mutiger
Internehmung blieb auch der gute Ausgang nicht versagt. Nach
aum achttãgigem Aufenthalt in Sao VDicente bonnte er auf einem
zchiffe. das Peter Rösel für das Handelshaus Scheß mit Sucker
md Saumwolle beladen hatte, und das für Johann Hülsen in
disabon, ebenfalls wie Rösel ein Beamter des Antwerpener
dauses, bestimmt war, die langersehnte Heimreise antreten, gerade
iim die Seit, wo Hans Stade wenige Meilen entfernt die Se⸗
reiung aus der Gefangenschaft der Wilden herbeisehnte, die er
m Jahre darauf erlangte. Während Hansens Nbenteuer aber
chon drei Jahre später im Druck veröffentlicht und der staunenden
Ritwelt bebannt wurden, hat Schmiedei erst zehn Jahre nach seiner
deimkehr die Niederschrift seiner Erlebnisse begonnen. An dem
Hause in Kegensburg, in welchem Schmiedel später gelebt hat.
hefindet sich eine Gedenbtafel mit der Inschrift:
Hier wohnte Alrich Schmiedel von Straubing, Mit · Ent
decker Srasiliens und Mit-Begründer von Buenos Aires
Wenn diese Sezeichnungen. wenigstens was Brasilien anbo—
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