Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

ein paar Fliegen, die auf dem Kaffeetisch herumkriechen, für eine 
prächtige Geschichte gemacht und wie überhaupt die ganze Tier- 
welt von Haus und Garten herangezogen wird zu traulicher 
Lustbarbeit, aber auch die Blumen und Früchte, die Gebrauchs⸗ 
gegenstande des täglichen Lebens und was es sonst Schönes und 
Merkwürdiges geben mag in der Umwelt des Kind ˖Seins, und 
sogar Sonne, Mond und Sterne, Christeind, Nikolaus und die 
licblichen Engel des Himmels, das ist gar nicht zu beschreiben, 
das muß einer selbst gelesen haben, um sich eine Vorstellung von 
dem Genuß machen zu bonnen, den diese Bubenköpfe und Mäd- 
chenzopfe* bereiten. In ihrer ebenso schmucken wie soliden Aus⸗ 
stattuͤng, deren bildlichen Teil Kobert Sincke mit viel Geschick und 
Humor besorgt hat, gehören sie unbedingt auf den Weihnachtstisch 
eines jeden Hauses, in dem Kinder sind mit echter Kmderlust am 
Fabulieren. W. S. 
Or. Heinrich Schleichert, Der Dichter Wilhelm Speckh. 
Mit acht Bildern. Verlag Martin Warneck, Berlin. Preis in 
Banzleinen 4.2 Me. 
Eigne Aufzeichnungen des Dichters, Borichte seiner Ver⸗ 
lrauten und Gedichte, zumeist Jugendlyreik Wilhelm Specks, sind 
zu einem Lebensbilde zusammengefügt, das trefflich geeignet ist, 
uͤns den Dichter und sein Werk nahe zu bringen. Nicht bommen 
tieren will der Verfasser, sondern zum Dichter selbst und seinen 
Schöpfungen hinführen. Und das ist das Wertvolle an dem Buche. 
Die wichtigsten Lebensstationen des jungen, werdenden Dichters 
in semer Hessenheimat sind durch die Wiedergabe vorzüglicher 
Sildaufnahmen des Hofphotographen Carl Eberth in Cassel fest 
gehalten und werden allen Freunden und Verehrern Wilhelm Specks 
willkommen sein. K. 
Kinder und Hausmärchen der Brüder Grimm. Allustrierf 
von Walter Wellenstein. Herausgegeben von Dr. Hans 
Körnchen. Volksverband der Bücherfreunde. Wegweiser-Verlag 
G. m. b. H., Berlm. 
Sie sind in der Tat unsterblich — die Märchen. die die beiden 
hessischen Sprachforscher größtenteils in der eigenen Heimat „aue⸗ 
bem Munde des Volkes“ gesammelt haben. Es gibt vielleicht, 
wenigstens in Deutschland, kein Buch, das in so vielen verschiedenen 
Ausgaben erschienen ist und immer aufs neue erscheint, das 
Herdusgebern. Verlegern und Künstlern immer wieder Anlaß 
gibt, das Beste herzugeben, um das Werk phönixähnlich wieder⸗ 
erstehen zu lassen. Hier liegt jedenfalls eine erstklassige Darbietung 
bor, deren besondere Werte nicht bloß in dem sauberen Deuck, den 
guten Papier und dem ansprechenden Gansleinen ˖ Einband liegen 
sondern auch und vor allem in der Illustration, die sich auf einc« 
große Sahl farbiger VPolibilder und sozusagen unzaählige Text— 
zeichnungen verteiit. Beiden eignet neben einer ungewohnlichen 
Lebhaftigkeit und Vorstellungsbraft eine vollkommene selbstandige 
Art des Ausdrucks, die sich aber Leineswegs auf das Technische 
veschränkt. Sie ist wohl am besten als eine Frucht originalen 
Frlebens zu bezeichnen — eines inneren persönlichen Eindringens 
n die Märchenwelt der Brüder Grimm, die nun durch das Medium 
der bünstierischen Eigenart Wellensteins eine bemerkenswerte 
Viedergeburt erlebt. Nicht, daß sie das nötig hätte, nein — aber 
aß es geschieht, daß von Jahr zu Jahr solche Wiedergeburten zu 
erʒzeichnen sind, beweist, daß Grimms Maärchen als eine nationale 
debensmacht ˖ anzusehen sind. Ihre hier in Rede stehende Der⸗ 
örperung gehört jedenfalls zu dem Schönsten, was in diejem Jahr 
iuf dem deutschen Büchermarbt erschienen ist. W. S. 
Alfred Bock, Kantor Schildkböters Haus. Verlag J. J. 
Veber in Leipzig. 
Auf den Soden modernen Wirkschaftslebens, das in rücksichts- 
osem Existenzkampf alte Formen zerbricht und neue gestaltet, ist 
ine straffe, in atemloser Spannung sich abwickelnde Komanhandlung 
esteilt, die sich in einem tragischen Konflibt auswirkt. Kantor 
Zchildboter, ein ernster, ehrenwerter Mann, ist vor ein erbarmungs- 
oses Entweder-Oder gestellt. Er muß schuldig werden: entweder 
ils Dater an seinem Sohn, den er musikalijch begnadet glaubt, 
der als Freund an seinem alten Herzbruder Hildebrand. Um 
em Sohn den Weg zur Höhe zu bahnen, wied er an dem Freunde 
huldig, wodurch sich seine gute Absicht in ihr Gegenteil verkehrt: 
ein Tun entwendet ihm die Liebe des Sohnes und trägt ihm die 
derachtung aller seiner Mitbürger ein. Der Alte beugt sich nicht, 
»is ihn das Schicksal beugt und gänzlich niederschlägt, sodaß sein 
heijt zerstoöͤrt wird wie sein schönes, altes Haus, das in der roten 
dohe niederprasselt. Alles Geschehen, auch im bleinsten Neben- 
umstand, drängt auf den starken Schluß, den Gipfelpunkt des 
Buches, hin. Der Stil ist kräftig und natürlich, die Seichnung 
lastuch. Das Buch hat Wucht und Tempo. R. 
Wilhelm Speck, Briefe an einen Freund. Ausgewählt 
ind eingeleitet von Heinrich Spiero. Mit emem Bilde des 
Dichters. Verlag Martin Warneck in Berlin. Preis in Ganz- 
einen 4. - Mbe. 
Wer den Menschen Wilhelm Specks auf ihren irrenden Pfaden 
an der Hand des großen, gütigen Dichters nachging, wer ergriffen 
em „Quartetifinale“ lauschte, und wer insonderheit seinen lieben 
„Joggelis ins Herz geschlossen hat, der nehme auch diese Briefe 
ur Hand. Güte, Liebe und Freundschaft sprechen den Leser an. 
Vas aber das Großte ist: der Dichter läßt uns einen BSlick in 
eine Seele, die Werkitatt seines Schaffens, tun. Und ergreifend 
st das Ringen diejses feinen, reinen Geistes um die Gestaltung 
essen, was in ihm werden und von semem schöpferischen An— 
auch Leben empfangen wollte. Höhen und Tiefen eines Dichter- 
ebens werden in diesen Briefen erschlossen, die Seugnis geben 
on dem schweren Kampf des wahren VDichters mit seinem 
Dämon. der ihn nur nach hartem Ringen mit glücklichem Ge 
ingen segnet. K. 
Auf der Heimatwarte. 
Geschichtliche Ausgrabungen. 
Dem bebkannten hessischen Archäologen, Professor Ronder au 
aus Fulda, sind vom Preußischen Kultusmmisterium beträchtliche 
Mittei zur Verfügung gestelit worden für Bodendurchforschungen 
nach weiteren Klosterstatten auf hessischem Boden. Professor 
Donderau hat sich bekanntlich durch seine erfolgreichen Aus 
grabungen am Fuldaer Dom und in der Hersjelder Stiftsbirche 
einen wissenschaftlichen Namen erworben. Er beaobsichtigt, im 
kommenden Frũhjahr mit seinen Bodendurchforschungen auf der 
Amsöneburg zu beginnen. Da es sich hier ebenfalls um eine über 
200 jaͤhrige Siedlung des hl. Bonifatius handelt, sieht man den 
Ausgrabungen nicht nur in der wihssenschaftlichen Welt, sondern 
auch in den Kreijen aller Freunde der Heimat und ihrer Geschichte 
mit Erwartung entgegen. 
Ein Vorschlag. 
In Großropperhausen, Kr. Siegenhain, steht auf dem Friedhoj 
eine alte Kapelie, welche der Kest einer dort früher gestandenen 
Kirche sein soll. Die Herren von Baumbach dortjelbsi haben das 
Patronautorecht. Als nun der Herrensitz von dem Kirchberg aus 
den heutigen Platz verlegt wurde, enispann sich ein Streit zwischen 
den genannten Herren und der Gemeinde in der Platzfrage der 
neu zu erbauenden Kirche, woran wohl der lateinische Spruch ũber 
dem Eingang derselben erinnern mag: „Tandem bona cause 
—X— 
losten Kapelle ein alter Taufstein, vergessen und von niemand 
beachtet. Es wäre höchst angebracht, wenn man diesem Stein 
am Eingang der jetzigen Kirche einen Ehrenplatz geben würde. 
Er bönnte vielleicht in wũrdiger Weise als Opferstein dienen. c. e. 
Aus dem Knüullgebirgsverein. 
Am 15. November veranstaltete der Sweigverein Oberaula 
»om Knüllgebirgsverein einen Werbeabend für die Jugend- und 
Vanderherberge Knüll. Der Hauptvorsitzende, Amtsgerichtsrat 
heußner aus Hersfeld, hielt einen Vortrag. Dem Abend war ein 
oller Erfolg beschieden. Dem Baufonds bonnten 200 Mark Kein- 
eire zugeführt werden. 
ie dieejahrige Sonnwendfeier des Knüllgebirgsvereins ist für 
5onnabend, den 19. Dezember, vorgesehen. Das Anzünden des 
feuers auf dem Knäüllköpfchen findet um 5 Ahr 13 Win—. statt. 
kinem Prolog folgt eine Ansprache des Studiendirektors Oe. W. 
schoof aus Hersfeid. Der Feier am Feuer schließt sich ein gemüt 
iches Zusammenjein ber Gastwirt Liebermann in Haus Kichberg an. 
Aus der Khön. 
Das auf seinen Höhen nur wenig mit Siedlungen bedeckte 
Khöngebirge ist in den letzten Jahren von den Wandervereinen 
nit Unterkbunftshütten in wohnlicher Ausstattung versehen worden. 
sachdem die Sweigbereine des Khönkiubs Kissingen, Franklurt 
I. M. mit Würzburg gemeinsam, ferner Schwoinfurt und Fulda 
AInterbunftshãauser teĩiis neu errichtet, teils solche aus bereits vor⸗ 
andenen Anwesen erstellt haben, folgte nunmehr auch Nürnberg 
nit der Errichtung einer neuen Hũtte auf dem Himmeldunkberg 
ũdlich der Wasserkuppe zwischen Gersfeld und Bischofsheim v. d. 
Zhön. Auch neue „Ausolinien“ in Khon und Vogelsberg sollen 
en Besuch des naturschönen Gebirges eeleichtern. 
e Ubereinbunst mit dem Serausaeber aestattet. 
herausgeber⸗ Konrad Bernocker. Deuck und Verlag: A. Berneckor, Melsungen.
	        
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