Auf der Heimatwarte.
Die Historijche Kommission jür Hessen und Waldeck
hielt in Marburg ihre diesjährige Hauptversammlung ab. Aus den
Serichten ergibt sich, das trotz ungünstiger Finanzlage bedeutende
Unternehmungen gefördert worden sind. Keimers Historisches Orts
lexikon für Kurhessen ist nunmehr, mit 84 Bogen vollständig ge⸗
druckt. Einige Nachträge und Berichtigungen sind noch anzufügen,
sodaß das Werk demnächst abgeschlossen ist und in Buchform aus-
gegeben werden bann. Gundlachs „Catalogus prolessorum Mar·
— jãämtlicher Marburger Hochschullehrer
nit lebensgeschichtlichen Angaben von 1521- 1910, ist bis zum
Sogen 18 gedruckt. Die Srucklegung des ersten SBandes der
uͤellen zur hessischen Reformationsgeschichte“, deren Einleitungs⸗
hand seit 1915 vorliegt (W. Sohm, Territorium und Keformation
in der hesfischen Geschichte 1525 bis 1555) wird Archivhilfsarbeiter
De. 8 borbereiten, und die von Reimer bearbeiteten Kegesten
her AÄrkbunden des Klosters Haina in der Abteilung „Klosterarchive“
sollen von Staatsarchivrat De. Gutbier druckfertig gemacht werden,
borausgesetzt, daß die jür den Druck ersorderlichen Mittel auf-
gebracht werden bkönnen. Über die im Rahmen der „Quellen zur
Zechts und Verfasjungsgeschichte der hessischen Städte“ geplante
Oeroffentlichung der Rechtequellen der Werrastädte Witzenhausen,
Allendorf, Eschwege und Sontra berichtete Peivatdozent Dr. Eck⸗
hardt aus Goͤttingen. Die Arbeit ist für die beiden erstgenannten
Stadte bereits in Angriff genommen. Wie zahlreiche ausgelegte
Zarten beweisen, ist das geschichtliche Kartenwerk unter Leitung
bon Prof. Dr. Stengel im vergangenen Jahre erheblich weiter
Jefördert worden. Vor dem Druck stehen Arbeiten uüͤber die Graf⸗
schaft Wittgensein (Dr. G. Wrede) und die VODerwaltung der kur⸗
mainzischen Amter in Hessen und auf dem Eichsfeld (Dr. H. Falb);
bgeschlossen oder nahezu fertig sind AUntersuchungen ũber Siegen⸗
hain (5F. Brauer), Hersteld (E. Siegler), Frankenberg (E. Anhalt)
And die solmsischen Territorien (D. Ahlhorn), in Arbeit sind einige
niederhessische Amter, Nidda und Fuida. Näheres und weitere
Plane enthält der Bericht Stengels „Dom geschichtlichen Atlas für
Hessen und Rassau* im „Hessenland“, 81. Jahrgang (Casjel 1925),
Hest d. Über die Abgrenzung der einzelnen Arbeitsgebiete haben
die beteiligten Kommissionen von Kurhessen und Hessen · Darmstadt
ein Abbommen getroffen.
AUm das Marburger Kunsthaus.
Die burhessische Landesuniversität Marburg feiert 1927 ihr
loojahriges Bestehen. Anlaßlich dieses Jubiläums ist unter den
Semeinden und Einwohnern Kurhessens eine Sammlung veran⸗
faltet worden zu dem Sweck, der Alma water Philippina ein
Kunsthaus zu schenken. Dieses Geschenk ist nun Gegenstand eines
heftigen Meinungskampfes der heimatlichen Cffentlichkeit mit dem
preußischen Finanzminister geworden. Der Minijter will nämlich
nicht gestatten, daß das — aus privaten, nicht aus staatlichen —
Mitteln zu erbauende Kunsthaus in den Mittelpunkt eines freien
Detibewerbs der deutschen Architekten gestellt wird. Der Ent⸗-
purf soll vielmehr aus der Hochbauabteilung des preußischen
Fmanzministeriums hervorgehen. Es erscheint demnach verständ⸗
— Anterschied der poluischen
xuistellung gegen diesen ũbrigens höchst fadenscheinig begrũndeten
Fingriff Berlins in die (ohnehin sehr begrenzten) Rechte der
Probinz auf das Entschiedenste protestiert und im einzeinen sogat
bor Drohungen nicht zurũckschreckt. Augenblicklich liegt die weitere
Herfolgung der Angelegenheit in den Händen der Lurhejsijchen
Abgeordneten zum preußischen Landtag. Hoffentlich gelingt es
hnen, die Freiheit des Kunstschaffens wirkjam zu jschũtzen und dem
Seschenk des Landes für seine Hochschule die ihm gebũhrende
elbstãndige Verwirklichung zu sichern. W. G.
Ausstellung hessischer Künstler.
Der Casseler Kunstverein bietet in seinen Räumen gegen-
wärtig eine Ausstellung hessischer Künstler, die sich im wejentlichen
qus den Verken von Augehörigen einiger Veebände zusammen-
jetzt. Es handelt sich nicht um die jogenannten Peominenten, sondern
um äaltere und jüungere Käünstler und Künstlerinnen, wie sie sich
in ähnlicher Susammensetzung alljährlich vor Weihnachten an das
Publikum wenden. Seigte die vorjährige Ausstellung ein äußerst
schwaches Niveau, so steht es mit der diesjãhrigen wenigstens inso⸗
fern besser, als durch die Jury des Kunstvereins der ãrgste Kitsch
ausgeschieden worden ist. Die so getroffene Auswahl kann aber
kroß einzelner guter Sachen, wie sie etwa von Franz Rieger,
Georg Höhmann, Berta Wartin beigesteuert wurden, auch nicht
doll befriedigen, da die Mehrzahl der vorhandenen Bilder keinen
jeferen Eindruck hervorzurufen vermag. Es muß im übrigen
eiont werden, daß die Ausstellung als solche durchaus nicht das
ejamthessische Kunstschaffen repräsentiert, jondern nur einen Aus-
chnitt daritellt, wie er sich aus der Sugehörigkeit der Künstler
u den Interesjenverbänden ergibt. Es handelt sich also nicht um
ine organische, sondern lediglich um eine solche Repräjentation,
ie sich aus äaußerer Susammengehörigkeit ergibt. Es sind deshalb
us der NAusstellung beinerlei veraligemeinernde Räckschlüsse zu
iehen. W. S.
SBuũhnenerfolg eĩines hessischen Dichters.
Der unter den hessischen Dramatikern der Gegenwart an
ester Stelle stehende Alex von Franbenberg, der zumindest
inem Teil unserer Leser aus dem ersten Band von Will Scheller:
Hessische Köpfe“ bebannt sein dürfte, hat, nachdem er bereits
m vorigen Jahr mit seinem Drama „Leuchtfeuer“ einen starken
krfolg verzeichnen bonnte, jetzt mit der Uraufführung seines neuen
dramas „Die Bettler“ in Aachen wiederum einen tiefen Eindruck
rzielt. Bas Werb gibt einen packenden Ausschnitt aus der Seit
er religiosen und politischen Kaͤmpfe der Miederlande im 16. Jahr-
undert. Die Szenen sfind straff aufgebaut. Plastisch treten die
andelnden Personen hervor. An der meisterhaft behandelten
zprache ist der berufene Dichter zu erkennen. Frankenberg bonnte
en dankbaren Beifall eines interessierten Publikums persönlich
ntgegennehmen. VBie Buchausgabe des Dramas ist im Oerlag
es Bühnenvolksbundes erschienen. K. 53.
Christoph von Grimmelshausen,
er aus Gelnhausen stammende Verfasjer des „Simplizius Simpli-
issimus“, dessen 300. Geburtotag in diesem Jahre gefeiert wurde
nud dessen 80. Todestag in das bommende fällt, ist Gegenstand
iner literarhistorischen Studie, die Arthur Bechtold im vierten
hefte des ausgezeichneten „Inselschiff“ (Seitschrift für die Freunde
es Injel· Verlags, 6. Jahrgang) veröffentlicht. Er berichtet darin
ber den außerordentlichen Erfolg, den das Hauptwerk des Dichters
eim Erscheinen hatte, und zwar in allen Kreisen der Sevölkerung,
iber die Vergeßlichkeit der Nachwelt und die Mühen, die es
gebostet hat, Werk und Personlichbeit Grimmelshausens nachher
vieder festzustellen und aus dem unsicheren Bereich der Mut-
naßungen zu befreien, woran die Komantiker des neunzehnten
ahrhunderis besonders beteiligt waren. Interessant ist, zu erfahren,
AP es im preußischen Abgeordnetenhaus einmal eine scharfe
debatte ũber den „Simplizissimus“‘ gegeben hat, der damals von
inigen Parteien gänzlich verdammt wurde, während ihn der
dunusminister in die Schulbibliotheken einführen wollte. Das
eben Grimmelshausens, der den Beruf des Militärbeamten mit
em eines Gastwirts zu vertauschen und diesen mit dem eines
ʒchriftstellers zu verbinden wußte, wird von Bechtold nicht minder
eutlich nachgezeichnet, sodaß am Ende ein blares Bild der ganzen
Jersönlichkeil vor dem inneren Auge des Lesers erscheint. w. 6.
Hans Stades Keisebuch „Wahrhafftig Historia“.
Einer der ersten und wichtigsten Reiseberichte über die Veue
Velt, von dem Seefahrer Hans Stade aus Homberg a. d. Efze
erfaßt, wird nach der Franbfurter Seitung vom 8. November neu
erausgebracht und zwaär in einer fabsimilierten Wiedergabe der
zestausgabe zu „Marpurg uff Fastnacht 1551* mit Begleitschrift
on Kich. N. Wegner, Verlag Wüsten 8 Co., Frankfurt a. M.
zleichzeitig kündigt ein KRundschreiben von „Der Welthreis,
Zücher von Entdeckungsfahrten und Reisen“, Herausgeber ODr.
dans Kauders, eine in Vorbereitung befindliche Ausgabe der
deise Hans Stades nach Brasilien im Verlag der Philosophischen
Abademie, Erlangen, an. Sodann erwähnen wir noch, daß „Aus
zatur und Museum“, 55. Bericht der Senckenbergischen Matur⸗
eschenden Gesellschaft in Frankfurt einen Beitrag „Mittelalter⸗
che Tierdarstellungen?“ von Rich. N. Wegner bringt, der von
zans Stade handen, zwei Tierabbildungen aus seinem Keisebuch
iedergibt und einen Hinweis auf die oben erwähnte fabsimilierte
Ausgabe enthält, woraus hervorgeht, daß diese Ausgabe auf
deranlassung der Frankfurter Gejellschaft für Anthropologie,
ẽkthnographie und Urgeschichte erscheint. Unsere nächste Nummer
dird sich in einem ausführlichen Beitrag Friedrich Sommers näher
nit Hans Stade und seinen Reisen befassen.
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Nachdruck nur nach Abereinbunft mit dem Horausgober gestattet.
derausgeber: Konrad Bernecher. Deuck und Veelag: A. Bernecker, Melsungen.