Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

eichtenau, ein Freihaus zu Cassel, die Dörfer und Gerichte zu 
Keiterode, Niedervorschũütz halb, Cappel bei Mölleich, Kiede und 
deimershausen, mit dem Diede zum Fürstenstein zusammen waren 
se Hersfeldijche Ganerben zu Frielingen, unter waldeckijcher Lehns⸗ 
berhoheit Erbherren zu Süschen und Erben der Kitter 
»on Sischofferode, Grifte und Hertingshausen. Außerdem besaßen 
sie Güter in der oberen Grafschaft. Ein Johann von Meysenbug 
rwarb 1443 als Marschall des Landgrafen Ludwig J. von den 
alien Herren von Wehren den Ort Kiede. Heinrich von Meyjen⸗ 
hug führte 1519 in der Hildesheimer Fehde dem Landgrafen 
Hilfsiruppen zu. Seine Brüder waren der Marschall und 
Anumann zu Homberg, Philipp von Meysenbug und Johann 
don Mehsenbug, der Baushofmeister des Landgrafen Philipp 
und Obervorsteher. Seine Söhne waren Johann der Jungere, 
Zandbogt an der Werra, und Leo. Von ihnen jstammen die 
inien zu Süschen, Ketterode und Riede. Die Linie zu Retterode 
sarb 17566 aus. DSie Linie zu Kiede erbaute das nunmehr im 
Sesitz der Herren von Buttlar befindliche Schloß Kiede bebannt 
urch einen prachtvollen Soldanschen Ofen und die Kirche, die 
1674 in Gegenwart vieler Fürstlichkeiten eingeweiht wurde. Am 
hbekanntesten ist wohl der Geheime Rat und Hofmeister des Land⸗ 
grafen Moritz, der an allen europäischen Höfen gewesen war und 
m Jahre 1506 mit von Donop zur Königin Elijabeth' von England 
gejändt wurde, um ihr die Gevalterschaft der neugeborenen Tochter 
hes Landgrafen anzutragen. Als 
velehrter und Staatsmann war er 
rin Förderer der Hof- und Ritter- 
schule zu Cassel und starb 1591. Er 
ijt in Lichtenau beigesetzt, sein Grab⸗ 
ein trägt lateimsche Verse, die 
dandgraf Moritz selbst verfaßte. 
In Ketterode erbauten die Herren 
bon M. eine Kirche im Jahre 1458, 
deren ehemals mit Staffelgiebeln 
bersehen gewesener wehrhafter Turm 
noch jteht, umgeben von einer hohen 
Kirchhosjsmauer mit zwei Keihen 
Schießscharten ũbereinander. An den 
Turem stieß ein Grabgewolbe für ein 
Erbbegräbnis der Herren von M. 
Zur Unterhaltung dieses Grab⸗ 
gewölbes hatte Frau Oberst Wil- 
helmine von Meysenbug, geb. 
hon Dalwigk, die Sinsen eines 
Kapitals von 300 Talern bestimmt, 
die auch zur Anschaffung von Bibeln 
ind Kleidung für arme Schüler bei 
der Konfirmation verwandt wurden. 
Nachdem die von M. 1810 ausgestorben waren, wurden ũber die 
ernere Verwendung der Sinsen andere Bestimmungen getroffen. 
Das Erbbegräbnis an der Kirche wurde beim Neubau des 
Zirchenschiffes 1828 zerstört und die Särge wurden in den Turm 
eschafft, bis auf einen aber wieder herausgenommen und auf dem 
Zirchhof beigesetzt. Ein Grabstein im Grabgewõlbe trägt 
8 Wappen eines Angehdrigen der Familie von Meysenbug 
ind seiner Ahnen. 
Mit dem am 31. Dezember 1912 verbrannten Schloß Ketterode, 
as mit dem Gut nach dem Erlöschen der von Meysenbug im 
Jahre 1810 heimfiel und Staatsgut wurde, ist die letzte Erinnerung 
in das alte Geschlecht dahingegangen. Der großräumige zwei⸗- 
ockige Barockbau auf hohem Sockel mit je einem Vorbau auf 
en Schmalseiten stand auf dem alten Gutshof unterhalb der Kirche. 
zine Vorder- und Hintertũr jührte ũber je eine zweilãufige Treppe 
n einen geräumigen Korridor und auf die gediegene Treppe zu 
en oberen Stogwerken. Die große Käche enthielt noch einen 
nächtigen Kauchfang und schwere Schränbe mit Eisjenbeschlag. 
die Wände einiger bevorzugter Käume waren über niederen 
dolzlambrien mit bemalter Leinwand bespannt. Auf ihnen waren 
agoszenen in Blau und Grũn im Geschmack des Robobo gemalt. 
jn ahnlicher Weise waren in Fulda in einem Hause an der Ecke 
er Habsburger Gasse die Wände bespannt und bemalt. Auch 
ort sah man Jagddarstellungen und Szenen „aus dem Leben“ 
er Diana. Wenn auch beide nicht an die großen Gemälde 
mit der Darstellung der Keiherbeize, die sich früher im Schloß 
zu Wabern und jetzt im Schloß 
Philipppruh bei Hanau befinden, 
eranreichen, so sind sie doch als 
nicht zu verachtende und gewiß 
jellen gewordene Denkmäler anzu⸗ 
prechen. 1908 waren diese Dar— 
ellungen von dem damaligen Be— 
itzer des Haujes, Herrn Aull, dem 
Sandesmuseum in Cassel zum Kauf 
angeboten, das Landesmuseum hat 
aber den Anbauf aus unbekannten 
Grũnden unterlassen; angeblich sollen 
sie sich noch heute auf einem Boden 
aufgerollt befinden. Die Türen zu 
den einzelnen Simmern waren auch 
profiliert und die Decken mit Stuck 
ũberzogen, die Ofennischen waren 
von Holz umrahmt und terugen oben 
eine Kartusche; die Gfen waren 
auch noch die alten Kundöfen auf 
Lowenfüßen. Spuren von VOornach⸗ 
läjsigung der baulichen Anterhaltung 
waren am Außern des Baues schon 
zu bemerben, die Dachgauben auf 
der Hofseite teilweise, auf der Straßenseite gänzlich bejseitigt, 
benso die zweite Treppe. die nach dem Hoj führte. 
Photograph BingelHersfeld. 
Auf Heimatwegen. 
Fluß- und Ortsnamen um Melsungen. 
jegenständlich; eine weiche Masse, bedeutet. Dann ist auch Mals- 
esd (Malzuelten) hierher zu ziehen. 
Daß in der ganzen Gegend ein wahrer Keichtum an Wasser 
zur Verfügung stand, lehren andere Beispiele. In Kehrenbach, 
VDattenbach, Schwarzenbach usw. sprechen die letzten Teile für sich. 
Aber auch die Endung Au, früher Awa, Acha, Ach und A, 
ezeichnet Gewãssjer, da sie mit dem lateinijchen Aqua wortver⸗ 
vandt ist. Man erinnere sich an Lichtenau, Breitenau, Grebenau 
al Ich weise ferner auf Fulda, die alte Fuldacha, in deren 
estem Teil Greimm Fulta, d. i. Land, vermutete. Werra und 
Veser, ursprũnglich der gleiche Name, bietet gleichfalls ein Acha. 
zehen wir namlich von der lateinisierten Form Sijsurgis oder 
disurgis ab, so finden wir als frühesten deutschen Ausdruck Wiser⸗ 
icha; daraus entwickelte sich einerseits ũber Wijara die Weser, 
indererseits ũüber Wirracha und Wierra, die Werra. Ich mache 
arauf aufmerksam, daß sämtliche Bezeichnungen urkundlich belegt 
ind. Zugrunde liegt Wis, d. i. Wiese; doch verstand man früher 
inter Wiese einen nassen Grasplatz. Auch eine Furt jetzt stets 
as Vorhandensein von Wasser voraus; hierher gehören Röhren⸗ 
urth, Binsförih, Beiseförth usw.; auch Schwoerzelfurt, frũher 
5warzachafurt, worin der Hinweis auf schwarzes Wasser sich wohl 
wur auf Sumpfwasser erstrecken Lann. Ebenso steht es mit 
Schwarzenau, einst Swarzanove. Desgleichen deckt uns Watten- 
ach (Watdenbahc), in dem warten enthalten ist. entweder eine 
furt oder einen Sumpf, auf. In Wagmuhle bei der Steinbrũcke 
n Melsjungen dürfte sich das altdeutsche Wag, d. i. Woge, ver⸗ 
ergen, ebenso wie in Eschwege (Askinewage), Wagenfurt (Wege⸗ 
In Rom, Athen und bei den Lappen, 
Da jpähn wir jeden Winbel aus, 
Dieweil wir wie die Blinden tappen 
Umher im eignen VBaterhaus. 
Zwar mögen die letzten Jahrzehnte einiges an dieser Meinung 
Simrocks geändert haben, da eine Menge gelehrter Köpfe ange— 
egentlich die deutsche Vorzeit durchstöbert und aufgedeckt hat, aber 
nvbreitere Schichten sind ihre Ergebnisse noch wenig gedrungen. 
Vieviele haben wohl die Frage aufgeworfen, welch tiefere 
Sedeutung diesem oder jenem Ortsnamen, den man zehn- oder 
wanzigmal am Tage ausspricht, innewohne. So mõge man mir 
gestaiten, etwas ũber diese neuere Gelehrsamkeit zu erzählen. 
Der Kampf um Melsungen, dessen älteste Urkunde uns die 
Form Milisjunge bringt, ist noch nicht entschieden. Man hat wohl 
die Behauptung aufgestellt, daß es seinen Namen von der Mülmisch, 
die wir als Milzisa wiederfinden, bezogen hat. Wahrscheinlicher 
ist für mich jedoch, daß beide auf denselben Namen zurückgehen. 
Ha nun nwoch andere ähnlich bklingende Namen vorliegen — ich 
enne: Milseburg. einen Felsen mit Kapelle bei Biberstein, und 
Milsena, die alte Bezeichnung der Swickauer Mulde — so glaubt 
man, einen Namen Milz zugrunde legen zu müssen; aber von 
— 
raten. Am gegebensien erscheint mir noch die Ansicht, die ihm 
den Segriff Sumpf unterschiebt und ihn mit dem indogermanischen 
NHamen Walth in Verbindung bringt, der etwas Weiches, also
	        
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