Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Aus alter Seit. 
Leutnant Steigleder. 
Eine historijsche Begebenheit aus dem Siebenjãhrigen Kriege. 
Oon Georg KlinkbeBremen. 
In einem Raum zusammengedrängt standen die hessischen Jäger, 
chwarz wie die Teujel von Pulverdampf und Kauch, und schossen 
d zusprmengebissenen Sähnen immer noch auf jeden Gegner, der 
ich zeigte. 
Erjt als das brennende Dach mit Goprassel und Funkenge⸗ 
tiebe zujammengestũürzt war, und Feuer und Kauch jeden ferneren 
Aufenthalt unmoglich machten, erklärte sich die tapfere Besjatzung 
ur AÜbergabe bereit. 
An der äußeren Mauer erschien Leutnant Steigleder, Arme 
ind Gesicht halb versengt. Einen weißen Tuchfetzen jchwenkte er 
iber dem Kopf. 
Was er aͤber forderte, war nichts Geringes: ehrenvollen freien 
Abzug mit blingendem Spiel! 
Das wurde ihnen vom jeindlichen General auch gewährt. — 
Fast taghell erleuchtet von den hohen, züngelnden Flammen 
es brennenden Schlosses war der Schauplatz des Kampfes, als 
ich jeßt das einzige Tor des Schlosses ohfnete, und der eisgraue 
corporal die Zugbrũcke herunterließ. Aber rasselnd und polternd 
entglitt die Kette seinen Händen, wie vom Blitz getroffen stũrzte 
»er Mann lautios zusammen; eine verirrte französische Kugel hatte 
hn ins Herz getrossen. Das war der einzige Tote bei der tapferen 
Schar an diesem Tage. 
Aus dem Tor heraus zog das 
Häuflein Männer, von Rauch und 
Hulverdampf geschwärzt, das Haar 
bersengt, uͤnd viele mit Wunden 
edeckt. Voran schritten ein paar 
Pfeifer und Trommler. And die 
Teommler schlugen das Kalbfell mit 
einer grimmigen Fröhlichbeit, als 
gelte es Hochzeitszug und Tanz. 
Und die Pfeifer taten nicht minder. 
Hinter den Musibanten schwankte 
auf einer Bahre der Körper des 
koten Korporals, an dessen Seite 
der Leutnant schritt. Im strammen 
Tabkt der quinbelierenden Floten 
zog das Häuflein dahin. Allen 
Maännern äber zuckte es bei der 
alten Landsknechlsweise wie in ver⸗ 
—X 
hberten, bärtigen Gesichtern. Su bei- 
den Seiten des Weges, den das 
Haãuflein zog, standen die Franzosen 
und sahen voll Staunen und Be⸗ 
vundern auf die Männer, sechzig an der Sahl. 
Da stand auch inmitten seiner Offiziere der feindliche General. 
Achtung, meine Herren!“ jagte der Graf Stainville, „man ehrt 
apfere Soldaten!“ und legte salutierend die Hand an den tressjen- 
esjetzten Hut. 
Auf ein Kommando des Führers machte das Hãäuflein Halt. 
ʒchweigend traten die Männer einer nach dem andern aus dem 
hlied und warfen ihre Waffen auf einen Haufen. Als letzter 
chritt Leutnant Steigleder auf den französijchen General zu und 
ochaufgerichtet ũberreichte er ihm jeinen Degen. 
Der hielt ihn einen Augenblick. Dann gab er ihn dem Leut⸗ 
ant zurück mit den Worten: „Trage Er seinen Degen in Ehren 
peiter, Monfieur Leutnant. Er ist ein tapferer Soldat!“ 
Saluterend trat Steigleder an die Spitze seiner Jäger. Dann 
chlugen die Trommeln von neuem ihre Wirbel, hell fielen die 
Fiöten ein. Mit ihrem Toten zog die tapfere Schar ihren Weg. 
And die Trommler schlugen wieder das Kalbfell mit derselben 
grimmigen Fröhlichkeit, als gelte es Hochzeitszug und Tanz; und 
die Pfeifer katen nicht minder. 
Immer ferner, und im Dunkbel des Säulingswaldes als Echo 
echend klang das Wirbeln der Trommeln und das Quinbkelieren 
er Pfeifen... 
Am · höchsten Ausguck des Turmes stand in Begleitung eines 
eisgrauen Korporals der hannoversche Leutnant Steigleder und 
auschte in den dämmernden Morgen. Verworrene Gerãusche, Waffen⸗ 
geklier und das Stampfen vieler Pferdehufe jchollen gedämpft durch 
den Forst. Als es heiler wurde, bonnten die beiden Beobachter 
auf dem Turm die Kolonnen der Feinde auf der Straße durch den 
Hersfelder Forst heranziehen sehen. Und als an jenem Morgen 
es 6. August 1761 die Sonne sich Bahn gebrochen hatte, da war 
das Schloß Friedewald, der versonnene Siß der hejsijchen Land⸗ 
grafen, von den Feinden umzingelt. 
Der französische General Graf Stainville lagerte mit 8000 
Mann und 8 Geschuhzen vor dem bejestigten Schloß, um die preußen · 
reue Feste zu nehmen. Vrinnen aber stand die Besatzung, eine 
Handvoil hessischer Jäger, mit ihrem Führer Leutnant Steigleder 
uhig auf dem Posteẽn und wartete auf das Kommando .... 
Schmetternde Trompetenstöße blangen bald darauf vor dem 
Tor. Ein feindlicher Parlamentär 
forderte im Namen des Generals 
Graf Stainville die Besatßzung zur 
Ubergabe auf. 
Hoch reckte Leutnant Steigleder 
hinter der Brüstung des Mauerwerks 
seine Gestalt. Klingend scholl es zu 
dem feindlichen Offizier herũber: 
„Melden Sie dem General, daß sich 
hessische Jãger noch niemals ohne 
Kampf ergaben!“ 
Und der Kampf begann .... 
Da hallte der Säulingswald 
wvider von briegerischem Lärm und 
Beschrei, als ob tausend Feuerrohre 
der Feinde gegen das Schloß spicen. 
Aber das dleine Häuflein der Be— 
jatzung wich und wankte nicht, sie 
standen an den Schießscharten und 
jandten ebenfalls Kugel auf Kugel 
in die Keihen der Feinde. 
Finsteren Antlitzes befahl der 
franzoͤsische General, die Feldschlangen 
und Kartaunen einzusetßzen. Prasselnd 
schlugen die Geschosse in das Mauerwerl der inneren Gebãude. 
Alsꝰder General aber nun meinte, durch die Beschießung die 
Sesatzung mürbe gemacht zu haben. da sollte er schnell eines 
anderen belehrt werden. 
Arploötzlich hob sich das Tor eines seitlichen Pfõrfchens, und 
etwa zwanzig Verwegene der Besatzung machten einen Ausfall 
mitten hinein in die Keihen der Belagerer. Allen voran mit 
hlißendem Degen und der langen Reiterpissole in der Faust Leutnanf 
Steigleder. 
Sie schlugen rechts und links wie die Teufel in die zurũck⸗ 
weichenden Feinde, und ebenso plötzlich, wie sie gekommen, waren 
sie wieder in dem schüßenden Mauerpförtchen verschwunden. 
Sald sjechs Stunden währte schon der Kampf. 
Todesmutig wehrte sich das bleine Häuflein der Sesaßung 
gegen hundertfaäche Übermacht. Als es Abend wurde, lagen von 
den Feinden zweihundert Mann tot oder blejsiert auf der Walstatt. 
Zediglich die vor dem Schloß liegenden Gebäude waren von den 
Franzosen besetzt worden. Von der Besatzung des Schlosses war 
wunderbarer Weise nicht ein einziger Mann kampfunfähig geworden. 
Zornrot befahl der französische General, die Feste im Sturm 
ʒu nehmen. Die Vorbereitungen wurden getroffen, Holz zu Faschinen. 
um die Schloßgräben zu füllen, war im Forst genug. Sei es jedoch, 
daß der General an die bisherigen Verluste während des Kampfes 
dachte, jedenfalls fand er es ratsamer, bevor er zum Sturm antreten 
ließ, das Schloß durch Bomben und Feuerkugeln in Brand zu setzen 
Die Nacht brach herein. Im Schutze der Dunbelheit wurden 
die Feldschlangen und Kartaunen näher herangebracht. Dann zogen 
Fie Brander und Brandbomben wie feurige Kometen ihre Bahn. 
Glühend gemachte Eisenkugeln fielen in das Sparrenwerb des Daches. 
Hier und da züngelte ein Flämmchen empor, das von den Belagerten 
zu löschen versucht wurde. Aber die Löschmittel erwiesen sich bald als 
uͤnzulänglich, da an drei und vier Stellen das Feuer zugleich ausbrach. 
And es doucete Leine zwei Stunden. da brannte das Schloß lichterloh. 
Schloß Ketterode, Krs. Witzenhausen. 
und die Herren von Meysenbug. 
Von H. Wenzel, Wilhelmohöhe. 
Die ersten Besitzer des Gutes zu Ketterode waren die Herren 
»on Meysenbug, die mit dem Landrat Heinrich von Meysenbug 
1810 erloschen. 
Die Herren von M. waren hessische Kitter von der Schwalm 
ind Fulda, sie besaßen Burgsitze zu Felsberg, Immenhausen. 
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