rus dem Hausl Prächtig, das wäre schon ein ktüchtiger
Schritt vorwärts. Freilich, — der Appelhannes kratzte sich
nachdenklich und halbverlegen hinterm rechten Ohrlappen
— dann — war auch ihr Erbteil fort, und — zum Heiraten
vollen zwei sein, — fände die alte Tante so leicht einen
Dummen? „Fort met Schoore“, philosophierte Appelhannes
ind Elopfte die Asche aus der Irdenen, auf diesen juperfeinen
Plan mußte er sich noch eins rauchen. „Dunnerwerer. wenn
doot glecke dä?“ ...
Anter vielem Gezank und Gezeter machte er sich des
Abends zum Ausgehen fertig, was er sonst nur eĩnmal im
Jahre an Kirmes durfte und holte sich beim alten Peter
Kat. Der alte Peter, ein verbuckeltes, eingeschrumpftes
Männchen, dabeĩ witziggescheit und alterserfahren, war eine
hielge⸗ und besuchte Persönlichkeit in Dornbuschholzhausen:
der Dieh⸗, Baum-, Land-⸗, Haushaltungs- und Heiratsdobktor.
Sei ihm lag die große „Liste“ auf, und so viele schlechte
oder weniger gut gemeinte Segenswünsche der „Herein-
gefallenen“ ihm Dank zollten. der alte Peter hatte fortwãhrend
Zuspruch von allen Seiten. Vor kurzem noch war es ihm
gelungen, die anständig bejahrte Gustel zu versorgen.
Zum alten Peter ging alsjo Appelhannes, und ein Herz
boll kleegrüner Hoffnungsseligkeit schlug in seiner Brust ...
„Geweß — geweß,“ schmunzelte der alte Peter, nachdem
er aufmerkjam den Appelhannes hatte reden hören, „doot
wolle mer schu mache, woerte mool ...“ Dann holte er die
„Liste“. Lange suchte er darin, schüttelt oft den eisgrau—
jesprenbelten Kopf, pfiff halblaut zwischen den Sähnen sssst
yhindurch, wiegte langsam seinen langen, dürren Seigefinger,
— ha, — jetzt hatte er's. „Hannes, eich waaß der gane,
dä Felepsehennersch Chrisian, dä es reecht.“ „Dä?“,
derwunderte sich Appelhannes, „dä hoot jo ka Hoorbeit meh
offem Kopp ..“ „Mächt naut,“ lachte HPeter pfiffig bedacht,
„dei Särwel hoorer jo off de Sih on inner der Nos. en
hessern Hampel kba eich net verrore.“
Appelhannes nickte schließlich zu, und nun bramte Peter
die Nebenumstände aus; die Schollenzahl wurde notiert; die
Freierei besprochen: nächsten Samstag wollte Peter mit dem
Felepsehennersch Chrisian kommen. Die Sache mußte klappen.
O, wie Appelhannes das Herz in Wonne jchlugl Mit
ielem Gedank sagte er Peter: Gute Nacht. Auch ein
Schnãpschen erlaubte er sich zur Feier des Tages und stampfte
nachdem mit frohen Gefühlen heim ...
Wie aber der Schwäherin die Geschichte beibringen?
Peter hatte es beauftragt; — eine kitzelige Sache das, nicht
o ohnel!l Während des Viehfütterns nahm er sich ein⸗
nal Kurage. O — da ging der Hexentanz losl Die Bärwel
schrie wie von Sinnen: „Dau, dau brauchs meich net zu
uzel Nu es mer en alle Ehre e aal Maadche woern; nu
eimmt sue Afaltsbensel on fobbt, na — na ...“ Dann
»eulte sie herzzerbrechend in ihre Schürze.
„Dau verbrennst der dei Maul nemmeh“, dachte Appel-
hannes und schlüpfte durch das Scheunenktürchen. Gegen
hen Samstag hin aber wurde es ihm mehr wie einmal un⸗
»ehaglich zumute. „Doot gett aut; Hannes, wuhnste doch
offem Mond.“ ...
Pũnbtlich, zur rechten Stunde, blopfte es Samotag abend
an die Stubentüre. Appelhannes briegte einen Schrechk.
Feau Kathrin beummte ihm was fragend zu: aber er Lonnte
nicht mehr antworten, der alte Peter stand schon in der
Stuͤbe. Hinter ihm drückten sich noch zwei herein, Felepfe⸗
hennersch Chrisian und der Nachbar Schorsch. Frau Kathrin
zwang sich zu freundlichster Begrübung: „Ai, do kreie mer
d frieme Besuch ... Bärwel, hol noch zwee Stoihl. I,
ief sie nach der Küche. Die Schwiegermutter saß hinter
dem Ofen und machte große, verwunderte Augen. Appel-
annes brannte der Kopf vor tausend Angsten. Der alte
deter setzte sich indessen recht gemächlich neben Frau Kathrin.
Um ein Gespräch war der gerissene Schwernöter nicht
erlegen; die Umstände und lange Erfahrung hatten das so
nit sich gebracht. Mit dem Wetter fing man an, ging dann
zum Kuhstall über, je nach der Jahreszeit auch zur Land-
ebauung, und — das Weitere ergab sich schon von selbst.
So klagte Peter auch jetzt erst über das Wetter, während
frau Kathrin sich noch hin und her bedachte, was mit Peters
Zesuch nur im Spiele sein bönnte; denn wo der alte Peter
eine Nase hin trug, sagte das Leutemeinen, roch es nach
hochzeitsuchen. Ganz einfältig kurze Antworten wurden
deter zu teil; man sah sich trockensteif an, bargte aber geizig
nit jedem unterhaltenden Wort. Selbst Peter verlor mehr
vie einmal den Gesprächsfaden.
So sprach man statt einmal nur zweimal vom schwernotsen
Vetter und zweimal über den letzten Kuhhandel; gar drei-
nal von der doppelt schwernotsen Maul- und Klauenseuche;
juf Peters faltiger Stirne perlten lichte Tropfen. Appel-
annes paffte unaufhörlich sein Pfeischen. Von Seit zu
zeit bliete er die Bärwel verstohlen an. Hob die ihre
hläfrigen Augen, so sah Hannes schnell zur Seite, nicht
hue daß sein jschuldbewußtes Herz heftiger zu blopfen be—
ann. Der Felopsehennersch Chrisian saß steif da wie ein
zlgötze, Lratzte sich mehrmals den umlichteten Schädel zur
Abwechslung, hieit jedoch den Mund fest verriegelt. Mur
inmal hatte er ein gedrückliches „Joo“ gewagt, um dann
ei dem jeltsam zittrigen Klang seiner rauhen Stimme er—
hreckt zusammen zu fahren. Sein Nebenmann, Nachbar
5—chorsch, kniff die Augelchen kblein zu, — er schüttelte sich
anerlich vor Spaß. Jedesmal, wenn die Schwiegermutter
inter dem Ofen leije, vieljagend hüstelte, schlenkerte er seine
angen Beine bis zu Peters Stuhl. Dem wurde die hölzerne
zesellschaft bald unheimlich. In der tiefsten Rocktasche
lunksie bei jeder Bewegung halbhörbar und mahnend der
bliche Freischoppen, — und die Sache wollte mit nichten
orwãrts gehen. Hatte er auch ein Holz zum Freier mit-
ebracht; so oft er sich aufmunternd nach demselben umsah,
rinste ihm ein blöd-verlegenes Gesicht entgegen, und hinter
em funkelten die grünlich schillernden, neugierigen Augen
er alten Frau vom Ofen her. Das war gewiß zum
Anbehaglichwerden! Auf Appelhannes bonnte man bein
Vort zur Tat setzen; der arme Kerl ängstigte sich so schon
alb zu Tode. Peter faßte sich ein Herz, mochte die Geschichte
iegen oder brechen, — einerlei ...
„Woßter aach werem mer bomme?“ fragte er Kathrin
ezwungen lächelnd.
„Ena — Peter, eich sonet rond raus, mer hu doch neme
neh ze verheirore?“
„Hm,“ — Peter schwibbte seinen langen Finger, „hm
— doot scheint net wohr ze sei — doot Bärwel —“
„Us Bärwel —?“ Frau Kathrin blieb das Wort im
ffnen Munde stecken. Die Bärwel selbst blickte Peter
prachlos entsjetzt an; dann irrte ihr Auge zur Mutter hinterm
Ofen. Appelhannes machte sich angelegentlichst mit seinem
AReischen zu schaffen.
Hinter dem Ofen her greinte es los: „Dau, Peterche,
au Lausboiche, da glaabs de Leu uze ze bonne, gleich
nächste deĩch endus, aach doot kbohldotzig Chrisianche“), enaus,
maus ...
Armer, alter Peter, noch nie wurde deine menschen-
eundliche Tätigkeit mit schwärzerem Undank belohnt, als
ier beim Appelhannes. „No, da wonn mer geh,“ war
) auch das bahlböpfige Chreistianchen.