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Heimat · Schollen
Slätter zur Pflege hessischer Art. Geschichte und Heimatkunst
Nr. 20/ 1028
Erscheinungsweise 2 mal monatlich. Bezugspreis 1,20 Mxb. im Vierteljahr. Frühere
Jahrgãange bonnen. soweit noch porrätig, vom Heimatschollen-⸗Oerlag nachbezogen werden
5. Jahrqanꝗ
Seim Appelhannes off der
Frei/VonJ. H. Berlenbach
Daß das Döorfschen, wo unsere Geschichte passierte, gerade
—A
wald nicht gibt, sintemalen dieses Dörfchen in der „Fantasie“
des Verfassers seine Hausgiebel reckt, tut nichts zur Sache.
An diese „Merkwürdigkeit“ dachte der Appelhannes
aber nicht, als er seinem getreuen Karo versehentlich auf
den Schwanz trat: das Hundevieh hatte sich auch gerade
in den Weg gelegt, direkt vor den Ofen, und wenn man
sein Pfeifchen ausklopfen will, um es mit den Weibsleuten
nicht zu verderben ... Karo, dir geschah bein Anrecht!
Appelhannes seufzte, derweil er die Irdene neu stopfte
und mit vielen Umständlichkeiten in Brand setzte. Seine
Gedanken hatten zwar beinen hohen Flug: trotzdem waren
sie schwer, sehr schwerer Art: in den vier Wänden einer
Hãuslichkeit gibt's genug zu denken. Der Appelhannes
gehörte zu den Leuten, die sich innerlich zerreißen bönnen
bor Arger; nach außen hin dabei ein seelenruhiges Gesicht
zeigen. So kann man schon werden, — wenn — in Haus
und Herrschaft der Frauen sanfter Arm das Septer führt
und — das Stück von Mann gar nichts „to seggen? hat.
„Ocherrijieel“ Appelhannes schnitt eine bomisch-zornige
Hrimasse. „Meh Weisleu em Haus wie Schornste offem
Dach, brengt Grom on Graus on Agemach,“ — das
Sprüchelchen fiel ihm ein. Fünf — fünf Frauleut, er allein
als — Mann; das war ein falsches Kechenexempel. So
dachte Appelhannes, und die Betrübnis über das verlorene
Herrscheramt in Haus und Hof legte sich fingerdick um sein
empörtes Inneres. Das blopfte und wallte; — wo ein
retlender Ausweg? Bei Tisch erst wieder der Zankl Er
vollte auf der Versteigerung des Nachmittags Land kaufen.
Hui! — Da greinte erst die „Schwiermoirer“: „Hannes,
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»omm Schof, hoos doch Land genunk; doot gett naut.“
Dann fing die Kathrin an, seine Frau: „Enjo, Hannes, eich
laawe, dir rappeltet; dau bleis schee hei; men Mamme
‚oot ganz reecht“, und die Schwäherin hatte agemeint: „Mer
naan, de wersch net gescheut!“
Ha — er als Wann mußte gehorchen, schweigen, zu
hause bleiben. Nun auch noch dazu das Pech mit den Kindern
sjelbstverständlich zwei Mädchen; wenn nur ein Knirps
»on Bub da war; den wollte er sich schon ziehen; das verhieß
och zum allerwenigsten eine bessere Subunft. „Ocherrijicel“
der Appelhannes ließ einen Seufzer fahren, der kam weit
er. Karo blickte aus treuen Hundeaugen seinen Herrn
orschend an und spitzte die Lappohren. Daß sein Herr in
er Stube so laut seufzte und aufgeregt tat, war Karo etwas
eltjam Neues. Sonst wetterte der Herr immer im Stall
ind in der Scheune. Karo dämmerte etwas in seinem
hundegehirn, doch er bonnte es ja nicht aussprechen, aber
Appelhannes wußte. — daß nichts Weibliches in der Nähe
var
Er bewegte sich weiter in den zentnerschweren Gedankben.
das Pfeischen gab längst keinen Kauch mehr, und Karo
egte horchmüde seinen Kopf auf die Vorderbeine und schlief
räumend. Tick — tick — tick sang die alte Kastenuhr
azwischenhin ihr monotones Liedchen ...
Was einem in stillen Stunden nicht alles einfällt? Besinnliche
Kast hat schon manchen guten Gedanken geboren, den die
Hast des wirbenden Alltags nicht gefunden hätte.
Seim Appelhannes machten die Gedanbken jetzt einen
zroßen waghalsigen Sprung. Es war ihm plötlich ein
Kinfall gekommen — ein Plan —, unbezahlbarl Wenn er
die Schwäherin verheiratete. dann käme doch ein Weibsbild
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