Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

tarke Segabung bereits in Seitschriften, wie der „Bergstadt! 
Paul Kellers, dem Casseler „Hessenland“ und dem „Daheim“ 
piederholt beachtliche Proben abgelegt hat. In den vorliegenden 
„Wandlungen der Seele“ hat er eine erste Auswahl seines 
Schaffens zusammengestellt. Diejes beruht in der Hauptjache auf 
deei Elementen: dem Suchen nach Gott, dem Empfinden der Natur 
und dem Erlebnis der Liebe. Diese drei Elemente sind von einem 
kiaren und selbständigen Bewußtsein getragen und werden von einem 
ingewöhnlichen Willen zur Form gestaltet. Es kann sonach beinem 
Zweifel unterliegen, daß Otto Blüje starben Widerhall finden wird 
mit seinen Dichtungen, von denen wir nachstehend ein bennzeich⸗ 
nendes Beispiel bieten: 
Gang durch die Nacht. 
Wir sind so einsam nicht: 
In uns ist Gott, in uns ist jedes Ding, 
Das wird, wächst und zerbricht, 
In uns ist Stein und Baum und Schmetterling. 
Es rauscht AUnendlichkeit 
Durch uns Gefũhle schauernd tief und groß, 
Und eins mit KRaum und Seit 
Kreist unsere Sehnsucht: Sie ist uferlos. 
Millionenäugig lacht 
Um uns das All, das nie noch schlafend lag. 
Nacht ist's. Doch ist's denn Nacht? 
Nein! Ewiggroß im Raume steht der Tag. 
Martin Otto Johannes, Die AUbrainerin, Eine Geschichte 
aus dem Herzen Deutschlands. Sweite Auflage. Heimatschollen⸗ 
Herlag. A. Bernecker, Melsjungen. In Halbleinen 8.50 Mb. 
Troßz des in die Ferne wensenden Titels ein Heimatbuch und 
zugleich ein durch und durch deutsches Buch, eins von den 
penigen Werkben, die man immer wieder lesen kann, weil sie erst 
hei wiederhoitem Lesen ihre ganze Tiefe und Schönheit offenbaren. 
Eine Geschichte aus dem Herzen Deutschlands“, wie der Anter⸗ 
itel besagt. Das will wörtlich und bildlich verstanden sein. Schau 
blatz ist das burgengekrönte Werratal, in das der jagenreiche 
Moeißner hineinschaut. Schauplatz im übertragenen Sinne ist das 
reue deutsche Herz mit seinem quellenden Gefühlsreichtum, seiner 
Sehnsucht nach Stille und Gesundung, jeiner Liebe, Andacht, Er⸗ 
debung und Verehrung des Schönen und Guten. Der Dichter, auf 
sie Seele des Landes lauschend, weiß seine Worte nach Klang 
ind Farbe zu wählen und wie Edelsteine zu wägen. Aus den 
Talern und bon den Höhen der Heimat läßt er seinen Blick oft 
in unbegrenzte Weiten des Gedanbens gehen, mißt heimische Sitte, 
Srauch und Art an fremdem Volbsleben und läßt den lauteren 
Quell des Deutschtums kräftig fließen. Die starl spannende 
ind ergreifende Handlung des Romans klingt jschmerzverhalten 
pie die Molltöne der Peregeina Lieder von Eduard Mörike: „Ein 
Iersal kam in die Mondscheingärten einer einst heiligen Liebe ...“ 
Ddaß Gernot, der Held des BSuches, aus aller Erschütterung heraus 
en Weg zum tätigen Leben findet, gibt dem Werbe seine volle 
Zeife. Wohl den Händen, die sich danach strecken! K. 
Liz. Dr. W. Boette, Religiöse Volskunde — Verlag 
d)hil. Keclam jun. Leipzig. Geh. 80.80 Mb., geb. 1.20 Mb. 
Der Verfahjer der beiden Bände „Aus einer vergessenen 
ẽcke“, denen der in Aussicht gestellte dritte Band hoffentlich bald 
olgt, beweist in der „Keligibsen Volbskunde“ erneut sein völliges 
—E 
illen ihren Kegungen, auch in den geheimsten, zu erfassen Ge— 
egenheit hatte. Was seinem Buche einen hohen Wert verleiht, 
st die Tatsache, daß es ihm darauf anbommt, „die ganze Ent⸗ 
vickelung von innen nach außen zu geben. Nicht die ãußeren Sustände 
es Volßslebens, wie sie sich in Sitte und Brauch bundgeben, sind 
n erster Linie zu beschreiben, sondern es ist alles aus der Seele 
es Volbes heraufzüholen. Bie Gelegenheitsursachen zur Er— 
cheinung des eigentümlichen religiösen Bolksglaubens sind Krank- 
eit und Tod.“ And nun entwickelt der erste Teil des Buches, 
bas noch an Resten eines selbständigen religiösen Glaubens aus 
ralten Seiten im Volke vorhanden ist, das neben dem christlichen 
deben und Glauben hergeht und auf heimliche Weise sich behauptet. 
der zweite Teil befaßt sich mit dem Einfluß des Christentums, 
as die Sitten und Bräuche des Volbes durchsetzt und bestimmt 
dat. Das Beweismaterial für jeine Ausführungen entnimmt der 
derfafser hauptsächlich der „Dergessenen Ecke“, unweit der ich 
ils Bauernjunge dufwuchs und später als Lehrer in einem Vörf- 
hen wirbkte. Die religiösen und abergläubischen Vorstellungen, die 
er Verfasser erörten, sind dort in den breitesten Schichten des 
holkes noch lebendig. Allerdings gehört zur Erfassung dessen 
ine scharfe Beobachlungsgabe und ein liebevolles Eingehen auf 
as Denben der schlichten Dorfmenschen. Und das verdient An— 
rkennung. Diese Anerbennung sei dem Buche hier gern aus— 
esprochen, indem es jedem, für den das arbeitende Voll eine 
zeele hat. zur Anschaffung bestens empfohlen jei. K. 
Hessenland, Illustrierte Monatsblätter für Heimatjorschung, 
Zunst und Literatur, 317. Jahrgang, Heft 9; Heinr. Franz, Tod- 
neündigung; G. Siegel, Aus Witzenhausens schwoerster Seit; 
A Woringer, Familienkundliche Auswirbung der westfälischen 
zeit; Prof Dr. Stengel, Vom geschichtlichen Atlas jür Hessen 
ind Nassau; W. Schweter, Hermann, Erzählung; A. Woringer, 
dom Schmalkalder Keformationsfest; H. Gersch, Bei einem Wirte 
hundermild; Prof. Grosheim, Jugenderinnerungen eines Witzen- 
ãusers; Elje Groß, Die Harse; B. Leinweber, Wandel, Einsame 
ztunde, Sie trugen Kränze (Gedichte); A. Latwesen, Vom 
aßeler Theater; H. Witzenhausens Siebenhundert⸗Jahrfeier; 
Aus Heimat und Fremde; Bücherschau. Dem Heft beigegeben war 
u einem ermãaßigten Preis die Fritzlar⸗Mappe von Kramer-Jacob. 
Auf der Heimatwarte. 
Münzenfund im Kirchturmbnopf. 
Sei Erneuerungsarbeiten an der Kirche zu Hönebach fand 
man im Knopf des Turmes alte Mũnzen aus dem vorigen und 
orvorigen Jahrhundert, außerdem interessante Urkunden, die 1798 
ei der Erbauung des Turmes und bei späteren Ausbesserungs- 
ebeiten eingelegt worden waren. Die von den jeweiligen Lehrern 
berfaßten Arkbunden geben wissenswerte Aujsschlüsse ũber die poli⸗ 
tischen und wirtschaftlichen Verhältnisse der betreffenden Seiten. 
Der Fund wurde unter Hinzufügung eines weiteren Schrijtstũckes 
ãber dee Ereignisse seit 1887 dem Knopf des Turmes wieder 
rinverleibft 
Hessische Storchbilder 
sind im Naturschutzverlag als Ansichtspostkarten erschienen und 
tellen Szenen aus dem Familienleben des Storchenhorstes zu 
Sickenhofen in Hessen dar, die Gg. Eberle und P, Nickelsberg 
n meisterhafter Weise auf die photographische Platte gebannt und 
o nicht nur der Nachwelt erhalten, sondern auch (als Postkartenreihe 
zu 12 Gtũck) allen Naturfreunden zugänglich gemacht haben. Be⸗ 
herzigenswert ist die Mahnung, die den Karten mit auf den Weg 
gegeben ist; „Bewahrt den Storch vor dem Aussterben in unserem 
Daterland!“ Denn die auch bei uns in Hessen erfolgte starke Ab- 
nahme bedroht diese mit der Volkbsseele so innig verbundene VODogel⸗ 
gesialt mit dem Aussterben. Soll wie an vielen anderen Orten 
her Storch auch dort verschwinden, wo bei seiner Kückbehe im 
Frũhjahr die Jugend ihm noch zujauchzt: „Storch, Storch, Steiner — 
nit die lange Beiners“? Nehmt euch, des Vogels an; erhaltet 
seine Horste und ersetzt zerstörte Nistplätze durch neue. Bewahrt 
die leßten nahrungspendenden nassen Wiesen: tretet als Kläger 
iuf, wenn dem Gesetz zum Trotz elende Schießer einem Storch das 
deben nehmen! Den Sinn für die Erhaltung des Storches zu wecken, 
ind die hesischen Storchpostkarten sehr geeignet, die auch von der 
Siologischen Vereinigung für Hesjsen“ (Marburg) bezogen 
vperden Lönnen. Die Natur- und Heiĩmatfreunde in unserem teueren 
dessenlande Lönnen stols sein auf diese Natur-AUrkunden ihrer 
Landsleute! W. 6. 
Hessijche Baudenkmäler. 
Die Stadt Wolfhagen läßt von ihrem Kathaus den Verpuß 
ntfernen und den schönen Fachwerkbau in seinem ursprũnglichen 
ussehen wieder herstellen. — In der Hersfelder Stifts- 
»uine machen sich Ausbesserungsarbeiten zur Erhaltung der ehr⸗ 
vũrdigen Kirchentrümmer notwendig. Ein Teil der Turmmauer 
wischen dem verfallenen Turm und dem Vorraum stürzte ein; 
sie Steine wurden bereits wieder aufgesetzt. Schadhafte Stellen 
m Kryptagewolbe bedürfen der Wiederherstellung, um weiterem 
derfall vorzubeugen. — In Neustadt, stieß man bei Aus⸗ 
hachtungsarbeiten auf die Ringmauer, die ehemals die innere 
Stadt umschloßb. Dabei fand sich auch eine große Steinkugel mit 
em Mainzer Kad. Es ist anzunehmen, daß sie von dem Torturm 
ammt, der an dieser Stelle stand. Solcher Tortürme besaß die 
5tadt zwei, einen am Momberger- und einen am Alsfeldertor. 
zie wurden wegen Baufälligkeif abgebrochen. An die Kingmauer 
rinnern zwei Strabennamen; die Mauerstraße und die Kingstraße. 
Zeste der Kingmauer finden sich heute noch am Alsfelder Tor 
ind in der Rifterstraße 
— — r — — — — ——— — — — —— —— — — — — — 
Nachdruck nur nach Äbereinkunft mit dem Herausgeber gestattet. 
derausgeber, Konrad Bernecker. Druck und Verlag: M. Bernecker, Melsungen
	        
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