an ein Seil und treibt sie zu einer Mühle. Er bietet dem Mäüller
an, zu bezahlen soviel er verlange, wenn er ihm die drei, bösen
Tiere in den Stall nehmen wolle und sie nach seinen Angaben zu
halten verspräche. Auf die Frage des Mällers, wie er denn die
Fjelinnen behandeln solle, bekommt er die Anweisung, der alten
Ejelin, also der Hexe, dreimal täglich Schläge und einmal Futter
zu geben, der jüngeren, aljo der Magd, einmal Schläge und drei⸗
mal Futter, und der jũngsten, also dem Mädchen, beinmal Schläge
und dreimal zu fressen; denn er beingt es nicht übers Herz, das
Mädchen schlagen zu lassen.
Nach einigen Tagen meldet ihm der Müller, daß die alte Eselin
gestorben und die beiden anderen so traurig seien, daß es wohl
auch nicht mehr lang mit ihnen dauern würde. Das erbarmt den
Jäger. Er läßt sich die Tiere wieder zuführen, entzaubert sie durch
den guten Saiat und nimmt das schöne Mädchen, das ihn flehentlich
um Derzeihung bittet und angibt, von der Mutter gezwungen
worden zu jein, das Unrecht zu tun, endlich noch zu seiner Frau.
Noch verwunderlicher aber als diese Verwandlungen ist die Mär
vpon dem Menschen, der als Esel geboren wurde. Also berichtet
das Märchen von dem Eselein:
Eine Koönigin, die lange vergeblich auf ein Kind gewartet
hatte, brachte endlich ein Kind zur Welt, das völlig die Gestalt
eines jungen Eseleins hatte. Es wurde am Hofe erzogen, war
fröhlich und munter und hatte besondere Meigung zur Mujsik, so
daß es meisterhaft die Laute schlagen lernte. Nachdem es jedoch
in einem heilen Wasser seine Mißgestalt erkannt hatte, wurde es
raurig und zog mit einem treuen Gesellen in die weite Welt.
Durch sein schoͤnes Lautenspiel verschaffte sich das Eselein Eingang
im das Schloß eines alten Königs, der eine einzige wunderschöne
Tochter bejaß. Es durfte an ihrer Seite sitzen und wußte sich fein
und wohlerzogen zu benehmen. So blieb es eine Seitlang am
Hofe des alten Königs, doch eines Tages erbat es traurig seinen
Abschied, da es nun wieder heim müsse. Der König, der es lieb—
gewonnen hatte und gern an seinem Hofe halten wollte, bot ihm
Seld, Kostbarbeiten und Schmuck, ja sein halbes Königreich, doch
all dies Lonnte das Eselein nicht verlocken. Als jedoch der König
dem Ejelein seine Tochter zur Frau anbot, ward es fröhlich und
guter Dinge, versprach zu bleiben und eine große Hochzeit
wurde veransialtet. Der König aber hieß einen seiner Diener sich
in die Brautkammer verstecken, der sollte ihm berichten, ob sich das
Eselein auch artig und manierlich betrüge. Als das Ejelein glaubte,
mit seiner jungen Frau allein zu sein, warf es die Eselshaut ab
und war ein schöner Jüngling, den die Königstochter jroh umarmte.
„Nun siehst du,“ sprach er, „wer ich bin, und siehst auch, daß ich
beiner nicht unwert war.“ Am Morgen schlüpfte er wieder in
seine Tierhaut, und der König, der glaubte, seine Tochter müsse
doch betrübt sein, einen solchen Gemahl erhalten zu haben, hörte
erstaunt ihre Beteuerung, daß sie ihn sehr lieb hätte und ihr Lebtag
behalten wolle. Der Diener aber offenbarte dem König das
Geheimnis des Eseleins, und als dieser sich selbst von der Wahrheit
des Berichtes überzeugt hatte, nahm er auf den Rat des Dieners
eines Nachts die Eselshaut und verbrannte sie zu Asche. Das
Eselein behielt nun jeine menschliche Gestalt, war ein schöͤner Mann
und erhieli nach dem Tode des alten Königs und seines Daters
zwei Königreiche und lebte in Herrlichkeit.
Es ist interessant, daß wiederholt im Märchen, in dem letzter⸗
zählten wie auch in den Bremer Stadtmusibanten, dem Esel ein
hejonderes musikalisches Talent unterstellt wird und daß es beide
Male die Laute ist, die er sich zur Ausübung seiner Kunst erwählt.
Die volbsläufige Redensart: „Er taugt dazu, wie der Esel zum
Lautenschlagen? — spricht allerdings gerade das Gegenteil von dem
aus, was uns die Märchen erzählen.
Die Siege.
Wenn wir an die Siege im Märchen denben, so fällt uns als
erstes gewiß das Märchen vom Wolf und den sieben jungen Geiß-
lein ein. Es war das Märchen, das unser Kinderherz am frũühesten
eefreute und uns betteln ließ: „Mutter, noch einmall“ Die alte
Geiß, wie wird sie so rührend in ihrer besorgten Mutterliebe
geschildert, wie treuherzig die Kleinen, die der arge Wolf über—
sistell Und dann die kühne Operation an dem schlafenden Wolf,
und sein Erstaunen:
„Was rumpelt und pumpelt
In meinem Bauch herum?
Ich meinte, es wären sechs Geißlein,
50 sind's lauter Wackerstein.“
Und zuletzt der Tanz um den Brunnen und der Jubel! „Der
Wolf ist fot! Der Wolf ist tot!“
In diesem Märchen werden allerdings der Siege durchaus
nenschliche Eigenschafien zugeschrieben. Sie erscheint deshalb in
ziesjem Falle nicht als Vertreterin ihrer Gattung.
Als guter Genius erscheint die Siege, die das arme Swei-
iuglein in dem Märchen bon Einäuglein, Sweiäuglein und Orei-
ein hũten muß. Spricht das Mädchen auf den Kat der weisen
rau:
„Sicklein, meck,
Tischlein deck!“
o steht ein sauber gedecktes Tischlein vor ihm und das schönste
Fjen darauf. Und wenn es sagt:
„Sicklein, mech,
Tischlein wegl!“
o verschwindet augenblicks der Sauber.
Und als die Siege von der neidischen Mutter geschlachtet
vird und Sweiäuglein auf den Kat der weisen Frau das Ein-
geweide vor der Haustür vergräbt, da wächst ũüber Nacht der
dunderbare Baum daraus, der silberne Blätter und goldene Früchte
rägt, und dem Sweiäuglein die wunderbare Wendung jeines Ge⸗
chickes verdanbt.
Von einer weniger guten Seite zeigt uns das Märchen von
rijchchen deck dich, Goldesel und Knũppel aus dem Sack die Siege.
dier ist sie die genaschige, schneulige“) und falsche, die erst versichert:
„Ich bin so satt,
Ich mag kein Blatt: meh! mehl“ —
die aber dann im Stall klagt:
„Wovon sollt' ich satt sein?
Ich sprang nur über Gräbelein
And fand bein einzig Blättelein, meh, mehl“ —
»is der Schneider um des boshaften Tieres willen seine drei
Söhne aus dem Haus gejagt hat und endlich, selbst von ihr genarrt,
n hellem Sorn ihr den Kopf bahlschert, sodaß sie sich unter ehr-
aren Schneidern nicht mehr kann sehen lassen, und sie mit Peit-
chenhieben davonjagt.
Ein anderes Märchen, des Herrn und des Teufels Gelier,
rzählt sogar, daß der Teufel, der doch auch etwas schaffen wollte,
ie Geißen schuf, jedoch mit langen Schwänzen. Ais sie aber
achher mit den Schwänzen immer in den Dornhecken hängen
lieben, und der Teufel sie mühsam losknüpfen mußte, ging er hin
ind biß ihnen die Schwänze ab, wie noch heute an den Geißen
u sehen ist. Wie Goit der Herr sah, daß die Geißen an jungen
Zãumen, edlen Reben und Nutzpflanzen Schaden anrichteten,
eßzte er seine Wölfe auf sie und ließ sie zerreißen. Dem Teufel,
er sich darob bei ihm beblagt, antwortet der Herr mit Bezug auf
es Teufels Geschöpf: „Was hattest du es zu Schaden erschaßffen!“
der Teufel verkeidigt sich: „Ich mußte das; gleichwie selbst mein
zinn auf Schaden gehi, konnte, was ich erschaffen, beine andere
jatur haben, und mußt mirs teuer bezahlen.“ Gott prellt aber
en Teufel, und der Betrogene sticht im Zorn allen Geißen die
Augen aus und setzt ihnen dafür seine eigenen ein. So haben
ioch heute die Geißen Teufelsaugen und abgebissene Schwänze,
ind der Teufel nimmt gern ihre Gestalt an.
Aber die Last der Siegenhaltung kblagt recht beweglich der
aule Heinz: „Es ist in Wahrheit eine schwere Last und ein
nũhjeliges Geschäft, so eine Siege jahraus, jahrein bis in den
pãten Herbst ins Feld zu treiben. Und wenn man sich —XX
inlegen und schlasen könnte! Aber nein, da muß man die Augen
iuf haben, damit sie die jungen Bäume nicht beschädigt, durch die
hecke in einen Garten dringt oder gar davonlsuft. Wie soll da
aͤner zur Kuhe Lommen und seines Sebens froh werden!“
So der faule Heinz. Er heiratet dann die dicke Trine, die
uuch eine Siege hat und nun jeine mit hũten muß. Aber die
icke Trine ist bald der Meinung: „Warum sollen wir uns das
deben ohne Not sauer machen und unsre beste Jugendzeit ver⸗
mmern? Ist es nicht besser, wir geben die beiden Siegen, die
eden Morgen einen mit ihrem Meckern im boesten Schlaf stören,
inserm Nachbar und der gibt uns einen Bienenstock dafür?“ Heinz
—X
Sleibt noch die Geschichte vom gescheiten Hans, dem seine
Hrete eine junge Siege schenkt, die er in die Tasche steckt und
zestickt heimbringt, und das Märchen vom Schlaraffenland, wo
ine alte dürre Geiß wohl hundert Fuder Schmalz und sechzig
zuder Salz an ihrem Leibe trug und wo im Hof zwei Siegen
en Ofen heizten.
*) wählerisch im Futter, „jchnüppig*“ (Haungrund.)