Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

gegen ihren Erlöser am besten dadurch Ausdruck zu verleihen, daß 
sie an der Stätte ihrer Heilung ein Nonnenkloster zu gründen ge— 
lobte und sich sofort ans Werk machte. Der Kaiser stattete die 
ieue Grũndung mit allerlei Vorrechten und Schenkungen aus und 
verlieh dem Kloster sogar die Würde einer Reichsabtei. Fast das 
Janze Fuldatal von Wolfsanger bis nach Gudensberg und noch 
piele weitentlegenen Orte an der Werra und sogar an der Mosel 
gehörten zur Kaufunger Abtei. Doch schon im Jahre 1024, als die 
umfangreichen Klostergebäude eben ihrer Vollendung entgegensahen, 
raffte eine tũckische 
Krankheit den Kaiser 
dahin. Dies war ein 
chwerer Schlag, 
nicht nur für die 
baijerliche Witwe, 
ondern auch für ihr 
eben aufblühendes 
Werb. 
Es war an einem 
Julitage des Jahres 
1025 — also genau 
por 900 Jahren, — 
als das sonst so stille 
Kaufungen sich fest⸗ 
iich schmückte, um all 
die hohen Gäste, 
geistliche wie welt⸗ 
liche, zu empfangen, 
die so zahlreich von 
allen Seiten herbei⸗ 
geströmt waren. 
Hlockenton und feier⸗ 
icher Sang durch⸗ 
»rausten die woeite 
Halle der neuen 
Klosterkirche. Sum 
Altare schreitet in 
Laiserlicher Pracht, 
gefolgt von Rittern 
und Edelfrauen, 
Kunigunde, um vor der ganzen Gemeinde feierlichst zu geloben, 
fürderhin als einfache Nonne ihrem Gotte zu dienen. Eine Kaiserin 
will der Welt entjagen: ein großer Entschluß, ein rührender Augen- 
blick. Diadem, Geschmeide und golddurchwirktes Seidengewand 
legt sie nieder zu den Stufen des Altars und nimmt dafür das 
haͤrene Kleid des heiligen Benediktus. And dann schließt sich 
hinter ihr die Klosterpforte. F 
Nach einem frommen, heiligmäßigen Leben, das sich durch Liebe 
und Barmherzigbeit gegen die Armen auszeichnete, starb sie bereits 
im Jahre 1030 dort oben in den liebgewonnenen stillen Kloster- 
zäumen eines gottseligen Todes. Schnell verbreitete sich die Kunde 
durchs ganze Land; aufgebahrt lag nun die fromme Kaiserin in 
der Klosterkirche; von nah und fern eilten die Gläubigen herbei, 
um ihr noch einmal ins Antlitz zu schauen. Fern im Franbenlande, 
in dem von ihrem Gemahle erbauten Dome zu Bamberg, sollten 
ihre irdischen Überreste die letzte Ruhstatt finden. Ein langer 
Trauerzug zieht durchs Lossetal hinauf der Lichtenau zu, dann 
hinab nach Eschwege und weiter ũber Kreuzburg im Werratal 
aufwärts seinem Bestimmungsorte zu. Überall wird die Kaijerin 
von frommen Betern unter Glockengeläut empfangen, Frauen und 
Männer, Greise und Kinder eilen von weither an den Weg, um 
hre Liebe und Verehrung zu bezeugen. Dort oben im hohen 
Ddome zu Bamberg ruht sie nun noch heute in einem prächtigen 
zarkophage an der Seite ihres baisjerlichen Gemahls. 
Die Glanzzeit des Klosters Kaufungen war nun vorũber, ob⸗ 
vohl der Nachfolger Heinrichs II. es an Gunstbezeugungen nicht 
ehlen ließ. Vornehmlich suchten die Töchter des vornehmen Adels 
Aufnahme im Kloster. Dies geschah später umsomehr, als sich die 
Abtei in ein Stift umwandelte. Die Stiftsdamen wohnten dann 
n den sogenannten Kurien, die um das Kloster herumlagen, und 
ahmen beine weitere Verpflichtung auf sich, als regelmäßig am 
Hottesdienste teilzunehmen. Landgraf Philipp hob dann das Kloster 
iuf und vermachte es der hessischen Kitterschaft zum Anterhalt 
hrer ledig gebliebenen Töchter. 
Die Suftsbirche lag dann lange Seit õde und verlassen da, 
eute dient sie der evangelischen Gemeinde Oberkaufungen zu 
jottesdienstlichen Zwecken. In der deutschen Kunstgeschichte spielt 
ie als romanische Hallenkirche eine bedeutsame Rolle. Swar läßt 
ich der ursprüngliche Bau, den Kunigunde aufführen ließ, infolge 
er mannigfachen Zerstörungen und VDeränderungen heute kaum 
ioch erbennen; von ihm sind nur noch der Unterbau und der 
omanische Turm vorhanden. Dieser lehnt sich merkwürdigerweise 
in einen bleineren Turm an, der als der Bergfried der alten 
Zaijerpfalz angesprochen wird; von der alten Pfalzkapelle finden 
ich ũbrigens noch Keste im Keller der heutigen Kenterei vor. 
der gotijche Chorschluß (vergl. die Abbildung) wurde an Stelle 
er alten romanischen Apsis 1470 angebaut, während bereits im 
2. Jahrhundert das Chorjoch zwischen Apsis und Vierung umge— 
taltet wurde. Nach dem Brande von 1564 wurde im Innern 
ꝛine Holzdecke angebracht. Den Rittersaal des Herrenhauses zieren 
ie Wappen der hessischen Ritterschaft. Die an der Ostjseite des 
ztiftes gelegene ehemalige Pfarrbirche zum heiligen Georg (vergl. 
Abbildung), die noch älteren Ursprunges als die Stiftskirche ist, 
eigt sich dem Beschauer noch in der wohlerhaltenen romanischen Apsis. 
Sʒie wäre wohl einer würdigeren Behandlung wert, denn sie dient 
eute als Holz- und Siegenstall. An die fromme Kaijerin Kunigunde 
iber, der Oberkaufungen seine historische und kunstgeschichtliche Be⸗ 
deutung verdankt, erinnert heute nur noch ein bei den Lossewiesen 
elegener halbeunder Plotz, der bis heute noch ihren. Namen trägt. 
Oberkaufungen: Turm und Langschiff der Stiftskirche. 
A i 
suf Heimatwegen. 
Kund um den Eisberg— 
Oon Heinrich Ruppel. 
Trũbselig und herbstlich mutet die Frühe des letzten August- 
sonntags an. Den Himmel bedeckt eine gleichmäßig graue Wolben⸗ 
schicht. Auf den Wiesen zwischen den Wassern flattern bunte 
Fahnen, bauen sich Bänbe und Tribünen auf. Hombergs Schaulust 
wird sich heute an dem großangelegten Keitsportfest des Bauern⸗ 
vereins weiden bönnen, wenn der Himmel ein wenig Einsehen hat. 
Sweifelhaft genug sieht das Wetter schon aus. Dennoch wird der 
Weg nach dem Wanderziel gewagt. 
Malsfeld und das Fuldatal sind in Sonne getaucht. In den 
Lindenwipfeln wũhlt der Wind und raunt von den Wundern der 
Ferne, die er sah. Vom hochgelegenen Bahnhof aus schickt ein 
Posaunenchor, der zu irgend einem Jugendfeste geht, weihevolle 
Klänge über Dorf und Tal dahin. Hier und da hellt sich der 
dimmel auf und läßt sein Blau durch graue Wolken leuchten. Von 
er Hõhe grũüßt Dagobertshausen. Über den weißen Giebeln, den 
raunen Dächern und dem massigen Kirchturm mit jeinem roten 
5pitzdach liegt blanker Sonnenschein. Nun wandert er weiter, und 
zraue Schatfen huschen ũüber das Dorf und löschen jeine leuchten- 
en Farben aus. 
Frohe Fahrtgenossen stellen sich ein. Über die Hochbrücke rollt 
er Sug ins Pfieffetal. Hinter Domäne Fahre erhascht der Blick 
m Vorũberfliegen ein Stũck Landstraße mit borallenroten Vogel⸗ 
eerdolden. Prächtig ist das tiefe Kot, das aus dem gilbenden 
daub hervorleuchtet. Stadt und Schloß Spangenberg treten heran 
ind bieten dem Auge ein schönes Bild. Immer wieder reizt es 
um sinnenden Schauen, und sei es auf schneller Vorũüberfahrt. 
In Burghofen nehmen wir den Weg unter die Füße. Blühende 
deide umsäumt die Pfade. Durch Wald und Feld geht es Hetzerode 
intgegen. Über den Eisberg herüber dräuen schwere Kegenwolken.
	        
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