ob vom Mägelche, laden Se ehr Gepäck ob, ech foahre benn Schritt
weiter. Entwpeder — oder!“ Hier miften im Urwald, ohne Kenntnis
hon Weg und Steg, mit schwerem Gepäck, das war eine mißliche
Zache. Dr. Ernst entschied sich für das Entweder, er versprach mit
Hand und Mund dem pfiffigen, aber gerechten Bürgermeister: „Ja,
ihr Dickköpfe habt diesmal Euren Willen durchgesetzt und gesiegt. Ihr
sollt einen im Seminar ausgebildeten Lehrer, den Kandidaten Kraft
As Lehrer haben. Wie ich nach Hause bomme, werde ich die
Anstellung verfũgen und Kraft die Bestellung ũberreichen lassen.“
Jetzt ging die Fahrt nach Oberaula flott von statten, und man
am glücklich am Bestimmungsort an. Mit einem bräftigen Druck
der Hand schieden beide Kontrahenten; eine Bezahlung lehnte
Fenner mit den Worten ab: „Es war mir eine Ehre und Freude,
Hochwürden fahren zu dürfen.“
Nach eiwa 14 Tagen erschien auf dem Bürgermeisterhof ein
Wãgelchen mit etwas Hausgerät. Der neue Lehrer Kraft, eine
zräftige Gestalt mit feinem Auftreten, zog ein. Vom Bürger-
meister freudig begrüßt und bewillkommt, nahm er Besitßz vom
Schulhaus, Kost vorerst im Wirtshaus.
Pfarrer Schnegelsberg machte ein saures Gesicht, aber schwarz auf
weiß jtands geschrieben: Kraft und kein anderer. Er mußte sich
war noch einer Prüfung im Gesang und Orgelspiel unterziehen.
Beides gelang vorzüglich. Selbst das schwerste Lied unseres alten
urhejsijchen Gesangbuches Nr. 8160: Sucht man die Freundschaft
n der Welt nur unter solchen, die sich gleichen? Alles blappte
is aufs Tippelchen.
Neues Leben zog ins Schulhaus; die Kinder kamen gern zur
5chule und lernten fleißig. Der neue Lehrer erzog ein gutes
zeschlecht. Geliebt von seinen Schülern, geachtet von seinem Vor⸗
eseßten und seiner lieben Gemeinde, fühlte er sich wohl und be⸗
riedigt. Das Band zwischen Lehrer und Gemeinde wurde immer
nger und befestigte sich dadurch noch, daß Kraft eine Schwälmerin
ur Frau erkor. Woer bonnte das wohl anders sein als des
Zürgermeisters Töchterlein Anna Gela, Die Ehe war sehr
lũcklich. Der einzige Sohn Karl entschied sich für den Beruf
zines Vaters. Ausgebildet im Seminar Cassel wurde er 1826 in
holzhausen angestellt. Spãter ließ er sich nach Lütelwig versetzen.
ẽr hat dem Kreise Homberg 50 Jahre gedient und im März 1816
ein 50 jähriges Jubilãum feiern kLönnen.
Kurz darauf trat er in den wohlverdienten Ruhestand. Ein
Sohn, der sich dem Kaufmannsstand gewidmet, starb frũüh, und
ine Tochter war an einen Landwirt in Lützelwig verheiratet.“
A i
uf Heimatwegen.
Im Kaufunger Wald.
Von Heinrich Ruppel.
Drei sonnenhelle Sommertage bei der grũnen Farbe verbringen
önnen — wörtlich genommen: in den grünen Tiefen des Waäldes,
ildlich: bei den Segern des Forstes — ich weiß nicht, was jchöner
väre. Nur der Anmarsch zum Kaufunger Wald von Cassel her
ist ziemlich mühsam. Aber zu Kad
aßt sich's immer noch besser schaffen
als zu Fuß. Der drũckenden Schwüle
der Großstadt entkommen, nimmt
nich hinter Heiligenrode das herrliche
niestetãälchen aufs, das in geruhigen
Vindungen z3wischen bewaldeten
Hãngen hinfließt. Die Straße ist noch
seucht vom leßten, rasch vorüber ge⸗
rauschten Gewitterregen. Und eine er⸗
quickende Kühle steigt aus dem abend⸗
lichen Tal und seinen Wiesen auf.
Hinter Aschlag, dem hanndverschen
Dorf vor den Toren Cassels, führt die
Straße in allmählicher Steigung nach
Escherode hinauf. Vor Anbruch der
Nacht lande ich in Forsthaus Eichkamp
am Waldrand über Escherode, von
quten Freunden gastlich aufgenommen.
In stiller Sonntagsfrühe werden
nah und ferne Glockenstimmen laut.
Aus dem Schaͤtten hoher Eichen fliegt
der Blick ins Land: ährengoldene
Breiten ũberall, an allen Hängen und
n allen Tälern, dazwischen Wald und
onntagsfrohe Dörfer. Eine trostreiche
Fenteverheißung liegt auf Erden, und
vird sie segnende Erfüllung sein, dann
gibt sie unserem Volke wiederum sein
äglich Brot.
Swischen hohen Tannenwänden
chweben uüberm Wege tausend weiße
Falter. Des Försters bleines Mädel
gilft sie haschen. Es weiß, sie sind die
hesten Freunde nicht von Mutters
Harten. Wir schlagen mit dem Taschen⸗
tuch, daß sie zu Boden taumeln. Gleich
rabbeli ein Ameischen herzu und packt sich einen Kohlweißling.
Der jchlägt noch mit den Schwingen und hebt sich hoch und trägt
die tapfere Emse mit, als wäre er ein Ameisenflugzeug, sinkt
wieder nieder, hebt sich abermals zu neuem Absturz, und nun sind
chon zwei, drei, vier Feinde ũber ihm und zerren den besiegten
Falter langsam und ruckweise fort. Zuletzt mũht sich ein ganzer
Trupp um ihn, der nun schon die Schwingen baum noch regt.
Sein Leben scheint erloschen. Das Waldkind sieht erstaunt den
Kampf der Kreatur und will es stets von neuem sehen. Kaum
inkt ein Sommervogel in den warmen Sand des Weges oder in
das hohe Waldgras, sind auch schon die bleinen, tapferen Soldaten
us dem Nadelberg zur Stelle und machen ihm den Garaus. An
inem großen Schmetterling tragen sieben Ameislein. Fürwahr,
hre seid mir wackrer als die sieben Schwaben!
Sauersleute gehn geruhsam durch die Felder und sehen,
vie die Ernte steht. Der Sonntkag geht zur Küste und weicht dem
auhen Bruder Werktag. Da wandern die Heuer auf weiten
Vegen zu den Waldwiesen am Großen Steinberg. Beecrensamm-
erinnen streifen die Gehege nach Himmbeeren ab. In hohen
Buchenbronen ist ein wunderbares
Vechseljpiel von Licht und Schaͤtten.
Ein Reh bricht durch die Bũsche. Bei
jedem schlanken Sprung taucht's auf
wie eine schöne, braune Welle, und
dann versinki es wieder meinen Blicken.
VDon einer Lichtung aus zeigt sich das
Dorf Nienhagen und das liebliche
Tälchen des Ingelheimbaches. Woer
möchte da nicht Sandschaftsmaler sein!
Es säumt und träumt sich wohl im
quellfrischen Waldesfrieden. Ein längst
Hollendeter, der Odenwaldpfarrer Karl
Ernst Knodt, tritt an meine Seite und
redet aus des Waldes reiner Seele:
„Alles ist Gnade,
Auch einsame Pfade.“
Hast recht, Odenwaldpfarrer! Auf
einjamen Pfaden wie diesen wandeln, ist
Bnade, jeltene Gnade, die uns das
euhlose, lärmende Leben nicht oft
oergönnt.
Trari — trara! klingt's in den
Wald. Das Jagdhorn ruft zu Tisch.
Ich gebe Antwort mit Hallo — Hallo!
Und spute mich, um nicht zu spät zu
Lommen zum Wildschweinbraten, den
man in dieser Gũte wohl nur im Forst-
haus ißt. Am Nachmittag geht es
an Freundes Seite nach Forsthaus
Nonnenholz bei Kleinalmerode. Swei
Stunden Waldweg über Berg und
Tal. In einer Tannendickung ragt
ein alter, abgestorbener Baumgigant,
gespenstisch groß und bnorrig. Ein
Waßser rieselt wegentlang und gluckst,
ils fiel's in einen leeren Topf. Die Stelle nennt man „An der Boller⸗
asche“. Die gerade Bahn hinauf, erreichen wir die drei Buchen, die
veit die Wälder überschäuen. Wie Säulen ragen sie empor. Auf
iner ijt ein Hochsiß angebracht, den einst in hehrer Pfingsttagfrühe
ein paar lustige Burschen sich sozusagen als Kneipzimmer auser-—
ahen. Das Ende vom lustigen Lied in luftiger Höhe war, daß
ie aus ihrer Verstiegenheit nur schwer den Grund wieder fanden.
Um solche hohen Trinegelage zu verhindern, die dem Trinber
richt eher als der Flasche den Hals brechen bönnen, ließ die für—
orgliche Forstbehörde die Leiter zum Hochsitz entfernen. Der
mhle Kimborn spendet einen Labekrunk. Von der Wildkammer
rus fällt der Blick auf den Casseler Brocken: den Bilstein mit
Gedenbkstein für