Schmitthenners Hof ein Jüngchen „von dem Alter“ groß— Fast zaghaft hatte der ehrwürdige Herr Pfarrer diese
gezogen wurde, und niemand was Genaues wußte, so legte Frage gostellt.
ich das Gerede bald für immer schlafen. — „Ja—a,“ hatte Anna da gedehnt geantwortet und
Kaum war das Trauerjahr herum, ging das Drängen hatte die Wange in die rechte Hand gestützt — „ich weiß
hom alten Schmitthenner von neuem los: „Helwig, du mußt nur nicht, Herr Pfarrer, was die Leute dazu sagen werden
pieder freien.“ — ich — ich — geh' doch nicht zum heiligen Abendmahl.“
Aber diesmal blieb Helwig halsstarrig. Und als der „Hm, ja,“ hatte der Pfarrer Leutewein darauf geant—
Dater dringender wurde, sagte er's gerade heraus. „Nein, vortet, „das habe ich überlegt.“
ch frei net wieder. Es ist genug, daß einer das Anglück In seinem Herzen aber dachte er: „Gerade darum.
herumschleppt. Soll ich noch so'n armes Tier!9 unglücklich MWeil ich das heute für ein Anrecht halte, daß du's nicht
machen! War meine Frau nicht brav und fleißig wie beine darfst, und weil sich meine lieben Gemeindeglieder so schändlich
zweite mehr? And doch, und doch! Suletzt hat sie daran ils Pharisäer gegen dich, du Bedauecrnswerte, benehmen,
sterben müssen. Und die Kinder! Mit so was läßt sich arum, gerade darum will ich ihnen eine Lehre und ein
nicht spassen. Ich bleib ledig. — Und wenn ich wieder Seispiel geben. Ich sehe dich wohl jeden Sonntag so ganz
freie, dann freie ich nur eine — nur eine,“ so setzte er leise illein, so gemieden auf deiner Banb sitzen, und manches
in Gedanbken hinzu. iebe Wort des Trostes habe ich nur an dich gerichtet.
Don der Aussprache an schwieg der alte Schmitthenner Und du hast mich wohl verstanden, das haben mir deine
hiebchenstillis) und behalf sich mit einer Haushälterin, wie's Augen gesagt und gedankt. MAber die andern, die haben
auch sein Sohn tat. uichts verstanden von dem, was ich ihnen von der christ—
Nicht lange sollte der Alte das nötig haben. Eines ichen Liebe und Duldsambeit in die Gewissen hämmern
Cages bebam er eine Lungenentzündung auf beiden Seiten, vollte — nur noch härter sind sie geworden und noch liebe⸗
und dann war's aus mit ihm. oser. And darum. So mir Gott helfe ....“
Su derselben Stunde aber Lämpfte eine andre auch den So dachte der Pfarrer Leutewein und sagte: „Du willst
etzten Kampf, die alte Annemarth. iljo, Anna? denn für das andre laß mich sorgen.“
So schliefen sie denn auf dem stillen Friedhof neben— „Ja, von Herzen gern, Herr Pfarrer.“
einander. — „Du sollst auch dein Kind, das Bärbchen, mitbringen.
Der Pfarrer Leutewein hatte eine ergreifende Kede beim Es ist noch ein Bettchen von meinem Karl da, darin bann's
Begräbnis gehalten: wie ihrer beider Seelen Hand in Hand cchlafen.“
zu Gottes Thron gewandert seien und — so hofften wir Ann war verstummt, so hatte sie dies Anerbieten er—
als Christen — der liebe Gott habe sie eingehen heißen in griffen. Sie faltete nur die Hände und schaute unter sich.
ein Himmelreich, gleicherweise die alte arme Annemarth „Ja, das ist mein Ernst.“
vie den reichen Schmitthenner. — — — „Herr Pfarrer, ich will — ich bin —.“ Ann brach in
Am nächsten Tage aber nach dieser Doppelbeerdigung Tränen aus.
par der Pfarrer Leutewein in dem Elendshäuschen am „Laß das, Kind, wir sind alle Menschen, sfündige
BSoerge erschienen und hatte gesagt: „Anna, es geht nicht Menschen. —
änger so in meinem Haushalte. Erst haätte ich eine Haus— Aber — wenn ich dir heute als Seelsorger die Frage
hälterin aus der Stadt. Nun, die wollte nichts kun als tellte, die ich dir vor fünf Jahren vorlegen mußte, würdest
sich putzen, und dabei blieb das Haus ungeputzßt. Dann d»u mir dann antworten?“
mietete ich mir eine aus dem Dorfe, die pußtte sich nicht, Mit weitaufgerissenen Augen vernahm Ann diese Worte.
aber sie putzte auch das Haus nicht. Anna, dich hat meine Sie ließ wie geknickt ihre Arme an sich herabsinken und
elige Frau noch angelernt — du mußtest damals von uns chwieg.
fort zur Großmutter, als deine Mutter starb. Anna, wolltest „Kind,“ sagte der Pfarrer erschrocken und weich, „ich
du nicht so gut sein und mein Hauswesen übernehmen? Das iiehe die Frage ein für allemal zurück, werde du mit deinem
mit dem Lohn, das werden wir einig.“ Herrgott fertig. Er wird auch für dich die rechte Stunde
vissen .. ..
So, und morgen ziehst du bei mir ein.“ Foetsetzung folat.)
11) Oft gebrauchte Bozeichnung für eine Frau, besonders für eine armo leidonde
6 Ganz stils, mäuschenstill
Drei Tage nur
Im Bauernstübchen.
Drei Tage nur, drei Tage
Sind unsre Erdenzeit:
Ein Tag, um zu bestaunen
Die Welt so schön und weit,
Fin Tag, um zu erleben
Zutiefst ihr Lust und Leid,
Ein Tag zum Abschiednehmen
Don all der Herrlichkeit.
Juni.
Um kleine Scheiben Efeugerank,
Ein Strickzeug auf breiter Fensterbank,
Dabei ein Topf aus glänzendem Ton,
ODraus drängt hervor geschwätziger
Mohn.
An niedrer Wand ein Madonnenbild.
Mit Augensofromm, mit Augen so mild;
In rotem Glas das ewige Licht
Boelebt das hehre Frauengesicht.
Im Stübchen alles so traumhaft still. —
Ob niemand mehr heuft' hier beten will?
Ob kbeine Hand mehr das Strickzeug
nimmt?
Die Sonne sinkt, und das Licht ver—
alimmt. 8. Brehm.
Lerchengetriller im Atherblau,
Leuchtende Sterne auf sattgrüner Au.
Tage und Nächte von Werden
geschwellt;
Sprossendes Leben die weite Welt.
Himmel und Erde voll Duft und
voll Licht,
hoffender Glaube in jedem Gosicht:
Juni schreitet durchs lachende Land,
Slutrote Kosen in blühender Hand
Schwalm
Drei Tage nur, drei Tage
Sind unsre Erdenzeit.
Wie bald sind sie vorüber!
Mein Seel., mach dich bereit!
Olaa Stückrath⸗Stawit.