O, wie ihn schauert!/
Vie in der Gruft — wie in der Gruftl —
Dumpf ist die Luft.
Und schaut er nach oben:
Ein riesiger Kloben
Zperrt den Himmel ihm ab.
Da wieder dies Knacken,
Ddas Scheppern und Klacken!
hier ist's wie im Grabl —
„Weg dal“ gellt ein entsetztes Schreien.
Fin Sprung rũckwärts — er steht im Freien!
Da oben stößt eine Riesenfaust
Den wanbenden Berg — ein Block bommt gesaust!
5chon hat er zum Sprunge sich aufgerafft —
die Boͤhrmaschine! ob er's noch schafft?
dorstürzt er zur Wand —
5schon packt sie die Hand:
Dda kLommt es wie rauschender Wasser Schall,
Vie tosender Fluten dumpfer Fall,
Und der wuchtigen Massen Schwall
Sricht ũber ihn mit donnerndem Hall!
Zleiner Steinchen ein rieselnder Keigen,
Ddann — Schweigen! —
Fine Stille lastend — wer weiß wie lang!
Und nun ein Schrei, so tierisch bang,
Ein Schrei aus wunder Vaterbrust:
Mein Kind! mein Kind, du hast es gewußt! —
Helft, Männer! helft! und angefaßt,
hehmt ab meinem Jungen die Bergeslast!“
Da löst sich der Bann.
hinter Wagen und Slöcken sie stürzen heran.
hoch zitternd — selber vom Tode bedroht
Da liegt was — ein Menschl — der ist kot! —
Dem Berschütten entronnen in jaher Flucht
zet eines stürzenden Blockes Wucht
en Hans zu Boden gewettert.
Er liegt da, zerschmettert.
Ach, meinem Jungen sein guter Freund! —
Zeine Hoffnung für mich.“ —- Der Vater weint
Und weint und blettert, ein grauer Swerg.
Vo die Halde sich tũürmt, ein chaotischer Berg,
Und die greisen Hände rũütteln und packen
die grauen Blöcke und scharfen Sacken
Und kraßzen wie irr das Gestein beiseite,
Als ob das den lieben Jungen befreite!
ẽr lauscht, — als wenn aus der Grabestiefe
zein Kind ihm riefe!
Und wühlt und weicht den andern nicht,
Sis er lallend zusammenbricht. —
Als spät vom Waldesrande
Die Amjel schluchzend ruft,
Da hat man ihn gefunden
In jeiner dunklen Gruft.
Der arme Leib zerschmettert
Die Bohrmaschine deckt,
5ie hält er noch umblammert,
zein Blut hat sie befleckt.
diel Volk in dumpfer Runde,
3wei Tote bleich und stumm.
ẽs bohrt in jedem Herzen
Derzweifeltes , Warum?“ —
ẽEs stehn die Eltern im Harme.
Die Braut zusammenbrach.
Uüber dem Dorf und dem Walde
HOerblühte ein Maientag.
Auf Hei
uf Heimatwegen.
VDon Witzenhausens 700-FJahrfeier.
Von Adolf Häger.
Festsonnabend, der Auftablt der 100.Jahrfeier, läßt sich nicht
jut an. Der Himmel geht mit schweren Kegenwolben und wirft
on Seit zu Seit einen Sprühregen in das ameijsenhaft geschäftige
Ddlbchen da unten. Am frũhen Nachmittag aber bommt die Sonne
ind läßt alle Farben der flatternden Fahnen tiefer glühen. Die
ngen Kleinstadtstrahen sind ganz überblüht von Fahnen zwilschen
jzrünem Laubgewind. ÜUber die zyhklopisch schwere Werrabrücke
zin, die einmal Tillhs und Wallensteins Kriegsvölker heranrücken
ah, tänzelt heute ein seliger Reigen: sich wiegende Bänderkränze
och an weißen Masten, schaubelnde Guirlanden und flatternde
Dimpel, darunter das Gewoge erwartungsfroher Menschen.
Hie Sũge werfen immer neue Menschenmassen in die Stadt,
chon sind die engen Straßen überflutet. NAuf dem weiten Festplatz
in der Werra iegt man letzte Hand an die Riesenbauten der
Attrabtionen“. Es fehlt nicht die gewaltige Achterbahn, das
Teufelsrad und ein riesiges blau⸗weißes bayrijches
Sierzelt. Dazu kommen in großer Sahl die
»ebannten sinnvollen Anlagen, Menschen in der
fFestfreude das Geld aus den Taschen zu locken.
Ain Ende des Festplaßzes erhebt sich eine große
Festspielhalle, ausreichend jür 1200 Menschen.
Der Abend bringt das Schönste dieses Tages
Da sind in den Fenstersimsen der alten Häuser
ieltausend Lichter erglommen, rot, weiß und
jrün, und versetzen den traulichen Warktplatz
n eine Märchenstimmung. Ein endloser Fackelzug
geht durch die Straßen des Städtchens. Minuten-
ang ist der wuchtige Rathausbau in grünes
dicht getaucht, und da bei allen Freudegefühlen
es Menschen Lärm in jeder Form eine ganz
ervorragende Rolle jpielt, so dũrfen die erschreck⸗
ichen Kanonenschläge nicht fehlen. Spät erst
erlãäuft sich das Volk von den Straßen. Die
rinkfesten Bürger und die aus allen Teilen der
Veli heimgebehrten Kinder der Stadt verweilen
ioch lange beim Festkommers.
Nachts um Punbt 12 Uhr kbommt der Läufer
»om Sternlauf zum Hermannsdenkmal durch
Vitzenhausen. Vor dem Festplatz ũbergibt ihm
Bũrgermeister Dombke eine Lünstlerisch aus⸗
zeführte Urkunde, die von Witzenhausen und
einer Feier handelt.
Am Sonntagmorgen gehen viel besorgte
Slichke zum grauen Wolbenhimmel hinauf: hält
er wohl dicht? — Nun, so ein rechtes Festwetter
at der Sonntag nicht gebracht, aber die leichten
zprũhregen konnten der Freude kLaum Abbruch
un, und zum Nachmittag wagte sich gar die
5onne wieder zeitweise hervor.
Kolonialschule Wißenhausen.
dofphotograph Eberth, Cassel.
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