Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

„Tunnen“, wie die Jauchefäßchen hierzulande heißen, die Arsache 
olch üppigen Wachstums. Und auf dem Kũcken hinaufgeschleppt 
n Sonnenbrand und Winterkälte ist der kostbare Dünger. 
Durch gemischten Waldbestand führt der Weg steil bergauf, 
der zum Bilistein hin vom rũhrigen Werratalverein sauber gezeichnet 
ijt. Eine Waldwiese tut sich auf, von zahlreichen Wasseradern 
durchrieselt. Am Wiejsenrand schmiegt sich eine grüne Jagdhütte 
den Bäumen an. 
Das ist ein Fleckchen Erde, nach dem man noch lange Heim- 
weh haben bann, wenn man hier einmal nach sommerlicher 
Wanderung ein Stündlein Rast gehalten hat. Die Talsohle ist 
durch Laubmassen ganz verdeckt; aber darũüber steigen Roggenberg 
und Krũckenbopf ũber 500 Meter hoch auf, daneben tauchen die 
Werraberge außf und, hochragend im Kranze der grünen Wald- 
hohen, der Hanstein, Hessens schönste Burgruine. 
gber das sonnige Land gleiten im endlosen Suge die Sommer- 
wolben, und drunten ũber Heide und Wald huschen ihre Schatten 
im neckischen Spiel. 
Was Wunder, wenn auf dieser schönen Langenbergwiese der 
Sage nach ein Großalmeroder ein Märchenschloß fand, das sich der 
Vunderblume, die er hier gebrochen, von selber auftat! Er vergaß 
aber ũber den Schätzen die Blume, — und Schloß und alle Kost- 
harkeiten zerrannen in Nichts. Wir möchten hier nur ein ganz 
Aeines Häuschen stehen haben; aber da wir nicht die Wunder⸗ 
hlume Kredit haben, wird es ebensowenig Wirblichkeit wie das 
agenhafte Märchenschloß. 
Hinter der Jagdhũtte jũhrt der Weg zur Hõhe weiter. Der 
Langenberg, der vom Tale so bescheiden aussah, macht seinem 
Namen alle Ehre. Lichter wird es wieder in den Kronen. Schon 
ziaubt man, die Höhe sei erreicht. Da ist es nur ein, großer 
Kahlschlag, der „Helle Fleck“ genannt. Es ist die Seit der Heidelbeer⸗ 
ernie, und Kinderlachen springt über die Waldblöße. Talwärts hat 
man wieder den gleichen Blick wie von der Jagdhütte, nur weiter 
ist der Horizont geworden. Sur Kechten schiebt der Meißner jeine 
Sergnase vor, um neugierig ins Geistertal zu gucken. Eine schöne 
Hõhenlinie schwinct zun Roggenberg hinũber. Weit drũben gleißen 
e Hörneklippen, und fern im blauen Dunst verlieren sich die 
Harzberge. Inmitten der waldigen Landschaft steht der Hanstein. 
Seine beiden hochragenden Türme schauen immer noch wach und 
Jampfbereit in das weite Land zu seinen Füßen. Der Ludwigstein 
herlierf, von hier aus gesehen, sehr dagegen. Die Landarafenburg 
Am Roten See. 
Der Basaltbruch Hesselbühl vor dem Kriege. 
rscheint geradezu bümmerlich neben der ragenden Bergfeste — 
ald wie ein jteingewordenes Sinnbild von Fürstenmacht und 
HVasallentrotz vergangener Tage! 
Nur noch wenige Schritte hinauf, und wir sind auf der Höhe 
es Langenberges. Zur Linken ist ein schmaler Ausblick über den 
Meißner, desen ganze Mächtigkeit sich uns hier auftut. Geht man 
sort auf der Halde weiter hinab, so findet man auf dem großen 
Zahlschiag noch rohgelegte Mauern, die aber beine frühgeschicht⸗ 
ichen Befestigungen darstellen, sondern anscheinend Pferche sind, 
eine Erinnerung an die Zeit vor hundert Jahren, wo der Langen⸗ 
derg noch unbewaldet und Gemeindeweide war. 
Der Weg zum Bilstein aber läuft an einer schönen Bergwiese 
horũber, darũber die goldgelbe Arnika leuchtet und das Wollgras 
eine zarten Flöckchen fliegen läßt. 
Fast unvermittelt stehen wir an einem Distriltstein mit der 
Aufschrift: Koter Sec. Wenige Schritte ũber Bajalttrümmer, und 
wir sind an dem Rande des mächtigen Kessels. 
Einmal mag der Krater da unten, drin es donnerte und zijchte, 
ahnlich ausgesehen haben: senbrechte, dunkle Felswände und tief 
anten glũhende Lavamassen. 
Heute ruht im Grunde des Kraters ein jeltsam rotes Gewõsser 
bon phantastijcher Tiefe. 
Sei dem ietzten Ausbruch mögen die Lavamassen im Krater 
tecken geblieben und erstarrt sein. NAußerlich teat dieser Dulkan 
ann als flacher, dem grauroten Sandjstein aufgesetzter Sasaltkegel 
in Erscheinung und wurde „Hesjelbũhl“ genannt (bũhl — aus dem 
hattijchen — Berg). In der basaltarmen Gegend war das Gestein 
ehr begehrt, und so kLonnte vor dem Kriege ein halbes Hundert 
Arbeiter in dem Bruch beschäftigt werden. Kaum an einer andern 
Stelle in Hessen finden sich so schöͤne und an 80 Meter hohe 
Sãulen, wie sie hier einst anstanden. Das Herausbrechen geschah 
in der Weije, daß einige Arbeiter von oben her an Seilen an 
der Wand heruniergelaͤsen wurden und über der Tiefe die Säulen 
osbrachen. Auf einem Bremsberg wurde das Gestein aus der 
Zohle des Bruches nach oben gebracht. Ein Teil wurde hier schon 
zu Pflastersteinen gehauen. Eine Drahtjeilbahn führte die Aus⸗ 
heute nach Carmshaujen. Von dort ging eine Feldbahn längs der 
Straße bis zum Bahnhof Wißzenhausen. 
Aber in wenigen Jahren war der Bruch völlig ausgebeutet. 
Es steht auch nicht eine Säule mehr. die von Sentschwundener 
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