Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

eechtsab zum Langenberg hinauf. Da oben, am Waldrand wenden 
vpir uns noch einmal um zu dem freundlichen Talblick. Da liegt 
as ausgedehnte Dorf Hundelshausen mit seinem schlanken gotijchen 
Kirchturm. Hart über dem Dorfe ragt der Gottesberg auf, der 
iralte Gotterberg des Gelstertales. Die alten Götter sind tot, 
ind eine geschãsistũchtige Seit geht in einem Gipsbruch dem 
heiligen Berge zu Leibe. Doch wenn am Abend das tiefe Tal 
angst im Schatten liegt, euht noch lange ein mystijches Glũhen 
ruf seinem kahlen Gipfel. Dann verstehen wir wohl, warum 
mjere Vorfahren gerade diesen Berg zur Wohnung der Götter 
erwãhlten. 
Hiles scheint in dieser Landschaft aufs Liebliche gestellt. Selten 
ermag hier der Slick sich in der Weite zu verlieren. Immer 
vieder halten nahe waldige Höhen ihn freundlich fest. Und wo im 
Verratal einmal blaue Fernen sich öffnen, ist die Nähe so reizvoll, 
daß man lieber bei ihr verweilt. Es fehlt hier ganz die Herbheit, 
die sonst die bahlen Basalthöhen dem Hessenland geben. Nichts 
‚on der Versonnenheit dieser Sandjchaften, die immer locken zum 
Schweifen und Sichverlieren im Unendlichen. „Kichte dich hier 
m Tale ein, so gut es geht, und laß die Ferne da draußen!“ So 
oredigt die Werralandschaft allerorten. 
And das haben auch die Leute da unten getan im Gelstertale. 
Schwerer als anderswo gehen die Menschen hier aus ihren Dörfern 
heraus. Der an sich schon geringe Landbesitz wird hier immer 
Anter die Kinder geteilt. Ersirebenswert scheint es darum jedem, 
eine Frau aus den Mädchen des Heimatdorfes zu wählen, die 
ihm noch ein Ackerchen oder zwei in die Ehe mitbringt. So ist 
das ganze Dorf eine große Verwandtschaft. Vom Rassestandpunkt 
jt ja gegen solche Vefktern- und Sajsenwirtschaft allerhand einzu⸗ 
den- Doch wurden heiratslustige junge Leute doch nicht darauf 
ören. 
Mit welcher Liebe aber pflegen die Leute im Gelstertal ihre 
chmalen Bergäcker! Da steigt ein Paar vom Dorfe herauf. Er 
rägt ein sonderbares Gestell auf den Schultern, „Reff“ ge⸗ 
annt, auf dem ein schlankes Fäßchen ruht. Sie hat einen gleichen 
Zehälter in der Köße. Auf dem Käbenland dicht unterm Walde 
nachen sie halt und entleeren, die Fäßchen vor sich herschwenbend, 
zen dustigen Inhalt. Wenn der Wanderer staunend hoch oben am 
teinigen Bang noch das fette Korn gewahrt, dann sind die zahllosen 
Deutsche Kolonialschule: Hauptgebäude vom Parb aus. 
and erhoffter gegenseitiger Erziehung, die „Kameradschaft Wilhelms- 
hof.“ BDiese eigenartige Form der inneren Lebensgestaltung läßt 
uch die gejellschaftlichen, allgemeinbildenden und sittlich religiõsen 
Sildungsideale der Deutschen Kolonialschule zum Ausdruck Lommen. 
Aus dem Zusammenleben ergeben sich oft Freundschaften fürs ganze 
Seben. Die wertvollste Wirkung diejer Lebensgemeinschaft und 
— ist jedoch die gegenseitige Förderung der Charabter- 
ildung. 
Venn wir der Stadt Wißtzenhausen zu ihrer Jubelfeier mit 
guten Wünschen gedenken, so soll auch der Deutschen Kolonial- 
schule Wilhelinshos am Werrastrand ein froher Glückwunsch, zu⸗ 
ommen. Möge ihre, dem Deutschtum geweihte Arbeit daheim 
uimd draußen, im Vaterland und in den überseeischen Gebieten 
reiche Früchte tragen. 
Eine Wanderung zum Voten See 
bei Witzenhausen. 
Von Adolf Häger. 
Der Sommer ist auf der Höhe angelangt. Nun ergießt sich 
der Strom der Stadtleute ferienselig ũüber die grüne Landschaft da 
draußen. 
Aber der Mensch, der jahrein, jahraus nah und vertraut den 
Bergen und Wäldern iebt, beginnt nachdenklicher jeine lieben Wege 
zu schreiten. Es scheint die Seit stille zu stehn, noch hält der Sommer 
den Atem an. Sber unter den bunten Farben geht in Millionen 
Zellen um uns das Leben den stummen, unaufhaltjamen Gang vom 
Slühen zum Keifen, vom Grünen zum Verwelben. 
Sängst jank die Blumenfülle der Talwiesen dahin. Im jungen 
Grase, das nachwuchs, wagt noch nicht eine Blume das Kopfchen 
zu heben. Eintönig, giftgrün liegen die weiten Flächen. Aber 
noch prunkt das Ahrenfeld mit Mohn und Rittersporn, und mütter⸗ 
lich neigen sich die Ahren tief über dic, holden Slumenkinder. 
Noch magst du dich am Rand des Kornfeldes lagern und dem 
silbernen Sirren lauschen, das unaufhörlich durch die schwankben 
Halme geht. 
Vonñ Witzenhausen kommend, sind wir in dem lieblichen Gelster⸗ 
tal hinaufgesiegen. In dem VDorfe Hundelshausen müssen wir 
118 
Deutsche Kolonialschule: Klosterstraße.
	        
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