Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Els in Gerstenborn?, mit Altegrewe“) Kathring in Kohr— 
dach ?* 
„Hm, hm,“ grunzte der alte Schmitthenner allemal. 
„Hm, hm,“ machte auch der Seéfejerg zuletzt. „Ihr 
müßt mir freilich noch besser beichten, müßt mir bis aufs 
Tüpfelchen über'm iĩ sprechen, wie's mit Euch steht. Der— 
steht mich: d'm Advokat, d'm Doktor und d'm Freismann 
muß man die Wahrheit sagen!“ Dabei machte er ein ganz 
gewittersches Gesicht. „Ich bann mir dann besser helfen 
mit meinem Sprechanismus. So'n Freismann hat's nicht 
leicht, Oetter Schmitthenner, der soll einfach alles wissen. 
Gefragt wird der, gefragt — das glaubt Ihr garnicht, das 
geht auf beine Kuhhaut nicht. And was der alles totschwätzen 
muß! Ja, ja! 
Zuerst nehmen ihn die Eltern beiseite: „Wie steht's mit 
dem Atchebobutche, mit dem Geld?“ Seéfejerg rieb den 
Seigefinger am Daumen mit nicht mißzuverstehender Ge— 
bärde. „Wie stimmts mit der Ackerzahl. mit dem Auszug. 
nif — — * 
Dann fragt's Mädchen: „Seefejerg, ist's auch ein Guter, 
ein Grobsack, bein Schmisser? Trinkt er nicht? Seht — 
ich muß — doch mit ihm leben.“ 
And dann zuletzt bommt die Eller gehinkt: „Seéèfejerg, 
wenn du mir die reine Wahrheit sagst und nichts voerheimlichst, 
bauf ich dir für sechs Taler Seif auf einmal ab: Wie steht's 
mit dem Alten, ist das bein Ebel, bein Anleid gegen 's 
Kind? Bringt er die jungen Leuté nicht mit 'nem großen 
Auszug um?“ 
Seht Ihr, Schmitthenners Herr. so geht's und noch 
ausendmal bunter. And der Freismann soll das alles be 
antworten Lönnen. Da heißt's geschwätzt und besonders, 
wenn man einen oder eine unterzubringen hat, wo nicht 
alles so ganz stimmt. And darum — —.“ Seéfejerg stach ein 
Würfchen aus, und jein Gesichtsvorsprung fing an, von Rot 
ins Blaue zu spielen. Das war ein AUmstand, der dem 
Seéfejerg früher mal Kopfschmerzen bereitet hatte. Er war 
sogar zum Dobktor gelaufen: „Herr Dobtor, was soll ich 
da machen?“ „Sauf, bis sie schwarz wird,“ hatte der alte 
Herr verständnisvoll verordiniert“), „es gibt kein ander Mittel 
dagegen.“ An diesem Farbenwechsel arbeitete der Seẽfejerg 
redlich seitdem. 
„»Nun, was ist da viel zu schwätzen,“ antwortete der alte 
Schmitthenner nach einer langen Pause betreten und ärgerlich, 
„du weißt, daß wir betugte ꝰ) Leute sind. 's sind 120 Acker. — 
Mußt du 's Geld auch wissen?“ 
„Nun, das erst recht. Eure Acherzahl, die weiß doch 
so wie so jedes Kind. Habt beine Bange — ich bin nicht 
—D 
ist alles so verschwiegen wie im Grab. Höchstens müßt Ihr, 
wenn ich die Geschichte ins Gelenk bring, einen bleinen 
Griff mehr in Euren Siehbeutel tun. Das ist nicht mehr 
wie recht — ha, ha, ha — —.“ 
„Hm, hm,“ knurrte der Alte wieder und sagte diplomatisch 
und vorsichtig: „Ich versteure bare 10000 Marb.“ 
„Also 30000,“ taxierte Seèfejerg, „auch 40000.“ 
Der alte Schmitthenner war aber heute höllisch schwer— 
hörig, ungefähr so, wie wenn ihn der Heerr Steuersebretär 
in der Sange hatte und fuhr fort: „Der Auszug, wie's bei 
meinem Trantꝰ) Mode ist.“ 
„And nun noch eins,“ forschte Seéèfejerg hartnäckig weiter, 
„die Leute erzählen sich so was — mit der Ann.“ 
— 9 Alte Grebe — Bürgermeister. 7) verschrieben. 8) wohlhabende, reiche. ) Kang, 
8Xean 
Der Alteé blieb stocktaub, er antwortete nicht hum und 
nicht brumm. 
„M so,“ dachte Seéfejerg, „beine Antwort ist auch eine 
Antwort. Das stimmt also.“ 
„Die Sache ist doch geregelt?“ fuhr er dann unbeirrt fort. 
„Was ist da zu regeln!“ schnappte der Alte ein, „du 
veißt doch alles, dann weißt du auch. daß die Ann Buß 
getan hat.“ 
„And auf niemand bebkannt hat, ja, das weiß ich von 
meinem Bruder seiner Schwägerin ihrem Schwager jeiner 
Tochter, die in der Pfarr dient.“ 
Der alte Schmitthenner zuckte mit den Schultern. 
„MWacht die Geschichte in der Güte ab,“ mahnte Seéefejerg. 
Wieder blieb der alte Schmitthenner stumm. Er wollie 
es dem Seéfejerg nicht auf die Nase binden, daß er der 
Ann 3000 Mbe. hatte durch eine verschwiegene Person bringen 
assen. Ja, der xreiche Schmitthenner hielt was auf sich, 
»er wollte nichts umsonst haben! Aber am anderen Morgen 
yatte das Päckchen vor seiner Haustür gelegen. und nicht 
ein Pfennig hatte gefehlt. „Auch gut!“ hatte er da erbost 
jesagt, „das Packvolk ist noch bettelbarjesch 10),“ und hatte 
»as Blutgeld wieder in den Tischkasten geschlossen — — —. 
Der Seefejerg suchte von dem Tage an für den Helwig 
Schmitthenner in Wiesenbach eine Frau. 
Schwer wurd's ihm aber wie noch nie. Es bostete ihn 
zin paar funbelnagelneue Schuhsohlen, und immer noch stand 
die Geschichte auf demselben Fleck, hielt er noch vor dem— 
elben Berg. Jedesmal kam das Musnäpfchen stakt des 
Sünters auf den Tisch i), ob er in Quellhausen bei Klostners, 
»der in Giersbach bei Baste, oder in Flombach bei Spanne, 
»der in Wälzebach um dem reichen Jostebauer seine Sweito 
antippte. 
Wieder fluchte und boste der alte Schmitthenner mörder— 
lich, aber da half bein Donnerwetter, das dreinschlagen jollte, 
auf die dummen Menschen, die ihr Glück von sich stießen 
mit dem Schmitthenner seinem Einzigen und seinem vielen. 
hielen Geld. 
Helwig schaute dem Treiben zu, kühl bis ans Herz 
hinan. And als endlich der Seéfejerg ein Mädchen „ange⸗ 
chleift· brachte — nicht so ganz vom „Stand“ 12), mit nicht 
Janz fleckenloser Vergangenheit, sie schielte auch ein klimper— 
bleinbißchen!s) und war nicht so ganz fest auf der Brust — — 
da ließ er sich mit der bopulieren. 
Eine große Hochzeit wurde gefeiert, viel getrunken und 
gegessen und gesungen und getanzt und radaut, als wollte 
man das Anbehagen totlärmen. das durch Schmitthenners 
Hof hüch — 
Die junge Schmitthennersche schenkte Helwig dann ein 
tleines Mädchen. Aber das Kindchen hatte keine rechte 
Lebensbraft in sich. Es bränkelte und siechte und hustete. 
und dann starb's. 
Helwig dachte an das Wort der alten Annemarth, als 
der bleine Engel da so in seinem Sargebettchen lag, und 
er stand davor, und an seinem Halse würgte etwas auf Tod 
uind Leben: „Du wirst bein Glück haben!“ ... 
Ein Jahr nach dem ersten gab der Storch dann bei 
Schmitthenners ein zweites Kindchen, einen Jungen, ab. 
Aber Helwigs brave Frau starb bei der Geburt. 
Wan munkelte sogar auch eine Seitlang im Dorfe herum, 
die Schmitthennersche hätte einen toten Jungen geboren 
und hätte ihn mit in den Sarg bekommen. Weil aber auf 
10) bettelhaft hochmütig, bettelstolz. 11) Kommt der Günter, gefüllter Schweine 
nagen, bei der Anfrage des Freiersmannes auf den Tisch, so bedeutet das so viel als: 
Die Anfrage ist uns angenehm.“ Das Musschälchen will sagen: „Gib die beine 
ö wie wollen nicht 18) eines Großbauern Tochter. 135) höchster Grad der 
Tleinhei
	        
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