Auf Heimatwegen.
Die Kolonialschule in
Witzenhausen.
Mit der Siebenhundertjahrfeier der
Stadt Witzenhausen ist auch die Deutsche
Kolonialjchule Wilhelmshof in den Mittel-
dunkt der Beachtung gerückt. Sie ist in den
Hebäuden des früheren Wilhelmitenklosters
untergebracht, das späterhin staatliche Do—
näne war; die Klostergebäude wurden für
die Swecke der Kolonialschule durch be—
deutende An- und Neubauten erweitert.
Hegründet wurde diese Hochschule für bolo-
niale Landwirte im Jahre 1808 von E. A.
Fabarius im Verein mit opferwilligen, natio-
nalen Männern.
Aufgabe der Deutschen Kolonialschule
ist die Vorbereitung jür den Beruf des
Lolonialen Landwirts, der in jeder Be—
iehung höhere Anforderungen an Wissen,
Können und Charabter stellt. Demzufolge
st die Aufgabe der Kolonialschule weiter ge⸗
teckt als die der sonstigen landwirtschaftlichen
Hochschulen. Sie umfaßt nicht nur bloße
Übermittelung theoretischen Wissens, sondern
egt auch besjonderen Wert auf die An—
reignung von prabtischem VDerständnis und
Können. Als Hochschule für das Deutsch-
um im Ausland versucht sie auf den Cha—
ralter der Studierenden einzuwirken und
hnen deutsches Fühlen. zielbewußtes Wollen,
Arbeitsfreudigleit und Pflichtgefühl anzu—
erziehen.
Der wissenschaftlichen Ausbildung dienen die hochschulmäßigen
Lehreinrichtungen und wissenschaftlichen Institute der Kolonialhoch-
ichule, insbesondere auch das 1924 eröffnete Kolonialkundliche
Institut. Der Studiengang umfaßt vier Semester, setzt als Mindest-
maß der Vorbildung bei der Aufnahme das Reifezeugnis für
Obersekbunda voraus und vermittelt eine auf breitester Grundlage
Deutsche Kolonialschule:
eruhende allgemeine Fachbildung, unter
ewußter Ablehnung jedes einseitigen Spe⸗
ialstudiums. Gelegenheit, Anleitung und
Hiljsmittel für spezielle Studien Lann nach
estandener Abschlußprüfung ein fünftes
Semester geben. Die Theorie wird in steter
Derbnüpfung mit der Praxis geboten, die
aicht nur in gelegentlichem Demonstrieren,
ondern auch im Sehen und handfesten Su—
greifen besteht.
Die prabtisch wirtschaftliche Ausbildung
erstreckt sich nicht nur auf das Gebiet der
rigentlichen Landwirtschafl, sondern dehnt
sich auch aus auf alle Sweige der Gärtnerei,
auf die für den Landwirt wichtigsten Hand—
werbe, auf Forstwirtschaft und landwirtschaft—
liche Nebengewerbe. Ein rein prabtisches
Lehr- oder Prabtibantenjahr ist die Vorstufe
zu der zweijährigen theoretisch-praktischen
Ausbildung. Die Prabtikanten haben die
Stellung von landwirtschaftlichen Lehrlingen
und finden im landwirtschaftlichen Gutsbetrieb
des rund 800 Morgen umfassenden Vorwerks
Helsterhof ein reiches Betätigungsfeld.
Die deutsche Kolonialhochschule will
zin innerlich starkes Führergeschlecht heran—
»ilden und greift zu diesem Sweck auf die
Surse, die studentische Genossenschaft im
Mittelalter und ihr Haus, zurück. Die Burse
»eruht auf dem Prinzip des Susammen-
vohnens und Susammenlebens. Auch in den
englischen Colleges ist dieser Gedanke durch⸗
zeführt, der nicht zum wenigsten dem Eng-
länder den einheitlichen Typ gegeben hat.
das Bursenwesen mit jseiner Selbstverwaltung erzieht den Ein—
elnen zur Selbständigkeit, aber auch zum sozialen Denken und
dandeln. Selbstverwaltfung verlangt Selbsterziehung, die notwendiger-
oeise zur Selbstzucht wird. Alle Prabtikanten und Studierenden
er Kolonialjschule wohnen demzufoige im Internat; sie bilden eine
nge Aebeits-und Lebensgemeinschaft mit betonter Selbstverwaltung
—AfäfXILV
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