Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

schon der Name des Ortes; die Ansiedlungen, deren Namen mit 
haujen“ zusammengejetzt sind, gehen in vorkarolingische Seit zurũck. 
AUber die Gauzugehörigkeit der unteren Werragegend ist viel 
gestriltten worden. Doch wir bönnen die untere Werragegend 
unbedenklich dem Gau Eichsfeld zurechnen, dessen Ausdehnung 
mit den Grenzen des Archidiabonats Heiligenstadt übereinstimmt. 
In der Seit der salijchen Kaiser zerfiel auch die Gauverfassung, 
und die einzelnen Gaugrajschaften zersplitterten in unendlich viele 
pleine Herrschaften. Neben den gräflichen Herren, die nur noch 
iber unbedeutenden Güterbesitz verfügten, standen andere, die es 
fertiggebracht hatten, sich bei dem allmählichen Verfall der alten 
Sauverfassung den Sõwenanteil zu sichern und mehrere alte Graf 
schaften in ihrer Hand zu vercinigen. Im Süden von Mitzen 
haͤujen hatten die Grafen von Bisstein ihre Gerichtshoheit ũber 
mehrere Gaue ausgedehnt und beherrschten die sogenannte Ger 
maramark. Im Norden hatte Graf Otto von Nordheim einen 
ansehnlichen Hausbesitz zusammengebracht, der sich bis an die 
pn 
Kapelle St. Michgei 
[Aus: Wikenhausen. 
Verra erstreckte und an der Südgrenze durch den Hanstein 
jeschüht wurde. 
Neben den aufstrebenden Grafengeschlechtern hatte noch eine 
indere Macht den Serfall der Grajschaftsverfassung vortrefflich aus- 
unuhen verstanden; das war die Kirche. Wie auf dem eigent- 
ichen Eichsfeld das Mainzer Erzbistum auch die woltliche Ober- 
oheĩt erstrebte und erlangte, so hat im unteren Werratal schon 
rũh das Kloster Fulda festen Fuß gefaßt (erstmalig durch Schenkungen 
Zaels des Großen). Es gelang den tatkräftigen Fuldenser Abten, 
en zerstreuten Besitz ihres Klosters im unteren Werratal zu einem 
eidlich geschlossenen Komplex zu vereinigen und darin auch die 
veltliche Herrjchaft auszuũben. Fulda hat zumeist das wertvolle 
Zebiel nicht selbst verwaltet, sondern als Pfand oder Lehen an 
beltliche Große vergeben. 1212 dehnten die Thüringer Landgrafen 
hre Herrschajt auf das untere Werragebiet aus; Landgraf Hermann 
warb gegen Sahlung von 300 Mark die Güter der Kirche Fulda 
n Westerd als Lehen. Seit dieser Seit hat Wißzenhausen mit nur 
geringen Unterbrechungen zu der 
shũringisch · hessischen Landarafschaft 
gehört. 
Gegen Ende des 12. und in den 
ersten Jahrzehnten des 13. Jahr- 
hunderts gingen die Landgrafen von 
Thüringen daran, ihren hessischen 
Landbesitz durch die Anlage neuer 
Städte zu sichern. In der Oster- 
woche 1225 wurde Witzenhausen vom 
Landgrafen Ludwig, dem Gemahl 
der heiligen Elisabeth, zum Warbt⸗ 
ort erhoben und erlangte damit Stadt⸗ 
rechte. Die Wahl des Ortes war 
durch die Werrafurt mit dem wichtigen 
Übergang ins Leinetal und die schon 
borhandenen, sich Lreuzenden Straßen- 
züge bedingt. Die Ansiedler erhielt 
die neue Stadt hauptjächlich von den 
kleinen Dörfern. Die Bauern zogen 
in die Stadt, ließen ihre alten Gehöfte 
zerfallen und bewirtschafteten ihren 
Srundbesitz von der Stadt aus. Die 
Dörfer verschwanden, und die städtijche 
Feldmarl wuchs. 
Nach wie vor bildeten Hessen und 
Thũringen zwei gesonderte Graf⸗ 
schaften; ihre stets nur vorũbergehende 
VOereinigung in einer Hand war nur 
eine Personalunion auf Seit, die die 
vperfassungsrechtliche Sonderstellung 
der hessischen Gebietsteile unberũhrt 
ließ. Einige Jahre waren die Werra⸗ 
städte Wißenhausen und Allendorf 
fandweise dem Herzog Albrecht von 
Sraunschweig ũbertragen, der mit 
einer Tochter der Landgräfin Sophie 
bermählt war. Doch im Friedensschluß, 
der 12604 den thuringisch- hessischen 
Erbfolgebrieg beendigte, wurden beide 
Stãdte endgũltig hesijch. 
Anter den hessijchen Landgrafen 
nahm die Stadt einen bemerbens- 
verten Aufschwung. Schon zur Seit 
Heinrichs J. trat an Stelle der Werra⸗ 
fürt, die früher den Verbehr mit dem 
enseitigen Flußufer vermittelte, eine 
hölzerne Brũcke. Von Anrode aus 
wurde um 1265 ein Tochterbkloster 
der Sisterzienserinnen in Witzenhausen 
ins Leben gerufen. Doch kbonnte sich 
diejer Orden nur burze Seit in Witen⸗ 
hausen halten. An Stelle der Nonnen 
raten bald die Wilhelmitermönche. 
Handels- und Marktverkehr erreichten 
eine staunenswerte Blũte. Die Hand⸗ 
werler schlossen sich in Innungen zu⸗ 
sammen. Ais älteste und vornehmste 
Bilde ist die der Tuchverbäufer zu 
nennen. 
Doch bonnten die Kaufleute ihre 
ũberragende Stellung in der Folge⸗ 
zeit nicht behaupten; die Kaufgilde 
icht Federzeichnungen von H. Knöpfel.) 
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