sich nach längerer Seit zum zweitenmal. Aus erster Ehe war
nur ein sechzehnjähriger Sohn da. Die zweite Frau lebte sich
gut ein; sie war ihrem Mann eine brave Frau und dessen Sohn
eine gute Mutter. Sie dachte an das Sprichwort: „Liebe erweckt
Gegenliebe“, und sorgte für ihren Stiefsohn, wie es die rechte
Mutter nicht besser gekonnt hätte. Der Junge war auch gut zu
ihr. Und so lebten denn die drei Leutchen anscheinend recht gut
und glücklich. Nur eins, das wollte nicht so recht ins Lot Lommen.
Der Sohntat ja alles, was er der Stiefmutter an den Augen
abjah — nur bonnte er's nicht übers Herz bringen, sie Mutter zu
nennen oder zu rufen. Und es wollte ihr auch mit all ihrer Liebe
und Güte nicht gelingen, den Jungen zu dieser Anrede zu bewegen.
Eines Tages bommt der Junge etwas später als sonst mit
dem Ackergespann vom Felde heim. Am Eingang des Hofes
empfängt ihn die Mutter mit den freundlichen Worten: „No,
Jehannes, de bemmest jo so späte! Es äß dä doch nischt bassiert?“ —
Och nä“, erwidert der Johannes, „bassiert äß widder nischt. Dos
Kleeland war so trege, es ackhert sich schwer.“ — „So — so!
Wenn de dee Pääre em Stall host, dann komm on äß erst
Mettagsbrotl“ — „Jo.“ — Johannes kam in die Stube. De
Modder hadde geschälte Gärschtensoppe on so'n Schwinnereppchen
droͤn gebocht. „So, Jehannes, nu äß! On here mol, Jehannes,
ech geh mol nof en dee Lejwe on well dô 'n beßchen ofrimmen;
hie en d'r ingersten Kachel stettn Melchräwwes, paß 'n beßchen
of, em Fall, wann's ewwerkbocht, dann zieh's obersch ruß oder de
riefest mäl“ — „Jo, jol“ erwidert freundlich der Johannes, löffelt
eine geschälte Gerstensuppe mit dem größten Behagen und läßt
sich die Rippchen besonders gut schmecken. Als er mit seiner
Mahlzeit bald zu Ende ist, sieht er, wie die Milch in der Kachel
einen Buckel macht. Er spreingt auf, versucht das Käwwes am
—W
brannt. „Au⸗-au!“ kreischt exr, „verfluchtes Döppen! 's äß jô so
forchbor heß!“ Und in seiner Not reißt er die Stubentür auf und
schreit aus Leibesbräften nach oben: „Dä (Ihr) of d'r Lejwe, dee
Melch Locht ewwer!“ Srinb.
Wäi d'r Hannkurt vo d'r Hisik Lum.
(Aus dem Kreise Kirchhain.)
D'r Hannburt vo d'r Hisik!) kum
So zwesche drei onn väjer;
D're Kopp voll Schwinil?), schwach die Bee
Oom viele Schnaps önn Bäjer.
So graod noch iwersch Hausdach hie
Seht er d'r Vollmu blianke.
O'x Hannbkurt stimmt e Liedche o
Hnn will iahm freundlich wianke.
Er singt vom Mu'), der stell hie gitt
OHm Himmel, träib wäi Molbke.
Gnn weirer schweabt d'r Hannburt hie.
Will wäi d'r Mu dorch Wolbe.
Die Wolke aober, däi er saohg,
Daos waor d'r Hobdaorsstetil!).
Gnn wäi er stell d'edorch will gieh,
Bums — rinnt') er sich en Beßil).
Dem Hannkurt gab's iam Hirn en Ruck,
Will gleich die Hausdeer siche,
Met doppelschwimmeligem Kopp
Sich gleich iam Bett verbrieche.
Doch äher“) wäi die Hausdeer nu
Hot er d's Bett gefonne,
Inn faingt schunt o, sich auszedou
Om Bompedroob?) do onne.
Sei Sonndaogswerb zäiht er hebsch aus,
Haingt's obe of die Eicke').
M'r seht baal ener mollig lang
Jam Bompedroob sich streicke.
Nit lang, do gitt die Hausdeer of,
M'r seht aut!o) Weißes blianbe.
S 's schwũl die Naocht, drim kLimmt iam Hemb
Die Fraa, will Wasser drianke.
Jam Bompedroob daos ias nit fresch,
Se zäiht erscht mol om Schweingil!i).
„Brrerl!“ macht es do iam Bompedroob.
„Huil!“ rifft die Fraa, „healft, Eingil!“)
Leeft hotig bias zour Hausdeer hie,
Do will se doch mol gucke,
WMaos daos da feer Gespenser sei,
Däi ian dem Bonndroob!s) jpube.
Do krabbelt sich waos Weißes raus;
Säi höet's bedompe bromme.
Dem Hannbkurt waor der Wasserguß
Doch bomisch feergebomme.
Die Fraa, däi seht daos Undiank o,
Doch britt!“) so baal Begriaff d'rvo:
„Ei du biast's che, herjemlich, Mann!
Mir weer baal aut ians Hemb gefannl!“!*)
Heinrich Horst.
Auf der Heimatwarte.
Schöne Fachwerkbauten.
Die Freilegung der schöͤnen alten Fachwerbhäuser in unseren
hessijschen Städtchen macht bemerbenswerte Forischritte. Wenn es
auch langsam geht, und wenn sich auch mancher Hausbesitzer jetzt
noch nicht dazu entschließen bann, so ist doch immerhin ein Fort-⸗
scheitt zu verzeichnen. In Meljungen erhielt das Speiersche
Haus neben dem „Prinzen“ in der Fritzlarer Straße ein farbiges
Gewand. Seine schönen Schnißereien wurden durch passende
Farben augenfällig hervorgehoben. In Homberg beginnt man,
das in die Westheimer Straße vorsjpringende Doppelhaus Nr. 9/11
Seilermeister Walther) freizulegen und dem mächtigen Gebälk einen
entsprechenden Anstrich zu geben. Es ist zu hoffen und zu wünschen,
daß noch manch ein schönes altes Bürgerhaus seinen häßlichen
Verputz ablegt und sich in bunte Farben bleidet, um die Schönheit
unjerer Stadtbilder erst voll und ganz zur Geltung zu bringen.
Gräberfunde in der Rhön.
In den Fuldaer Geschichtsblättern (Seitschrift des Fuldger
Heschichtsvereins) VIII. Jahrgang Ne. 8 berichtet Professor Dr.
Dondéerau über „Ein Sbelettgrab der La Teéne-Seit bei Geija
i. d. Kh.“ Bei Rodungsarbeiten in der Geisaer Flur stieß man
auf menschliche Gebeine. Daraufhin wurden vom 24. -26. April
v. J. planmäßige Grabungen vorgenommen. Das Gelände, au)
dem das Grab angelegt war, gehört geologisch dem unteren Wellen⸗
balk an, der die Skelette der Bestatteten und die Schmuckstücke
an ihnen bonserviert und vor der Verwitterung schützt. Es wurde
zeine Grabmulde mit Schädel und Resten von Holzbohlen und
Aschen bloßgelegt. Die ũbrigen Sbeletteile lagen in Bruchstücken
auf der Grabessohle. Über dem Grabe stand nämlich ein größerer
1) Hochzeit. 2) Schwindel
Obstbaum, beĩi dessen Fällung das vom Wurzelwerk umrankte
Skelett größtenteils herausgerissen wurde. Als der Wurzelstoch
»es Baumes gerodet wurde, erlitt der Grabinhalt eine beträcht-
iche Störung. An Grabbeigaben wurden die Bruchstücke von
rei Tongefäßen eingesammelt, von einer großen Urne, einer
roßen Schale und einem rauhen, steilwandigen Gefäß von härterem
Zrand als die beiden ersten. Seitlich wird für die Grabanlage
as vierte vorchristliche Jahrhundert in Anspruch genommen. Die
ei Geisa gefundenen Tongefäßscherben sowie andere aus Kultur—
chichten der Stadt Fulda, die solchen von altchattischem Gebiet
»ei Maden gleichen, lassen Professor Vonderau den Schluß ziehen,
aß die Sũdgrenze des ehemaligen Chattengebietes bis zur natürlichen
derbindungsbrücke zwischen Vogelsberg und KRhön gereicht habe.
Jugendherberge in Fritzlar.
Anlaßlich ihrer Swõlfhundertjahrfeier entschloß sich die Stadt
frihßlar, den Grauen Turm als Jugendherberge auszubauen
ind ihn der wandernden Jugend zu übergeben. Die UÜbergabe
ꝛrfolgte Montag, den 8. Juni, am dritten Tag der Jubelfeier.
Dieser hochherzige Entschluß und die durch ihn bewirkte Erweiterung
des Jugendherbergennetzes in Niederhessen sind freudig zu be—
zrüßen. Denn damit hat Fritzlar, das als günstiger Ausgangs-
unkt für Wanderungen und Fahrten nach Wildungen, nach der
Talsperre und dem Waldecker Bergland gelten darf, einem fühl-
»aren Mangel abgeholfen.
2) Mond. die Hoftorstütze, der Hoftorpfosten. 9) stößt. 6) der Bützel, die Beule.
) eher. 8) Pumpentrog. ) die Ecke. 10) etwas. 1) Schwengel. 12) Engel. 13) Brunnen-
trog. 19 briegt. 12 gefallen.
Nachdreuck nur nach Fofregennst mit dem Setzuegere gestattet.
Herausgeber: Konrad Bernechker. Dreuch und Verlag: A. Bernecher in Melsunger.
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