0 WV
* — D —
Heimat⸗· Schollen
Slätter zur Pflege hessischer Art. Geschichte und Heiĩmatbkunst
— V———
— ãA
Die schöne Lore und der lustige Eberhard.
VDon Otto
Stfückrath.
(Schluß.)
Als sie am nächsten Morgen in die Küche trat, da war
es ihr, als sei die Küche viel schöner als sonst, sie lachte
Elsabeth an und fragte sie nach ihrem Schatz und den Küssen,
die sie bekommen habe, und als Elsabeth erzählte, gestern
ei nur Seit zu sieben Küssen gewesen, da jubelte ihr Herz
iber die vielen, vielen, die sie bekommen und gegeben hatte,
und sie freute sich innig, daß sie jetzt einen richtigen Schatz
habe. Das Schaffen ging ihr von der Hand, daß es eine
Lust war, und als die Kesselmagd Anne gar nicht herbeibam,
weil sie brank zu Bett lag, da nahm sie flink den Eimer,
die Bürste, den Kesselputz und warmes Wasser und fegte
ind schrubbte das Kupferzeug, daß es nur so eine Art hatte.
Menn sie aber aufsah, so trafen ihre Augen die braunen
Augen Eberhards und lachten mit ihnen ein heimliches
Ldachen, und sie sah, wie er schneller als je jein Messer
blitzen und sein Hackebeil saujen ließ. Das war ein lustiges
Arbeiten den ganzen lieben langen Tag bis zum Abend.
Dann gabs wieder Lieder und nach den Liedern Küsse.
Oen ganzen Sommer hindurch war das schön und gut.
Nun merkte aber die alte Kammerfrau, daß die Prinzessin
eden und jeden Abend zu Sang, Tanz und Spiel in die
Küche eilte. Sie machte ihr deshalb in aller Güte Vor⸗
tellungen, aber die Prinzessin sagte: „Ich bin nun einmal
Küchenmagd, da will ich auch das Vergnügen haben, bei
Sang und Tanz dabei zu sein.“ Dreimal ging die Kammer—-
rau mit der Prinzessin und gab Obacht wie ein Stoßvogel,
daß ja bein böses Wort geredet und bein loses Lied gesungen
wurde. Dreimal mußte Eberhard ohne einen Kuß in seine
Kammer trollen. Als die Kammerfrau aber auch den vierten
Abend mit bei der Belustigung war, da sang und spielte
Eberhard nur traurige Lieder, sodaß der ganze Küchenboden
aß wurde von all den vergossenen Tränen der Mädchen.
Auch die alte Kammerfrau mußte jämmerlich weinen, und
ie sagte zur Prinzessin: „Nein, nein, dieser Eberhard ist ein
anz gefährlicher Burschel Der macht einem ja das Herz so
heich, daß es wird wie Butter.“ Dabei heulte sie wie ein
zchloßhund, und die Tränen liefen ihr wie ein —XX
ber die mit feiner, roter Schminke angepinselten Backen.
Und die Tränen gaben Sträßlein, daß die Prinzessin lachen
iußte. Da ging die Kammerfrau am anderen Tage zum
Zönig und erzählte ihm die ganze Geschichte und machte
araus, daß die Prinzessin gelacht hatte, ein großes Ver—
rechen. Als sie die Sache berichtete, wurde sie von der
frinnerung daran so aufgeregt, daß sie wieder Tränen ver-
oß, und als der König die Lore aus der Küche rufen ließ
nd ihr Vorwürfe über ihr liebloses Lachen machen wollte,
a sah Lore die Kammerfrau an, brach in Lachen aus und
jef: „Dater, Dater, genau so sah sie gestern abend aus!
dun sag einmal selbst, ob man da das Lachen halten bann!“
der Konig lächelte gütig und sagte dann ernst: „Liebe Lore,
as ist wohl ein putziger Anblick, aber man muß frühzeitig
ernen, sich im Saum halten, und das hast du nicht getan,
nein Kind!“ Die Prinzesjsin beugte den Kopf und sagte
ꝛise: „Ja, Dater, du hast recht!“ And sie ging hin zu ihrer
dammerfrau, küßte ihr die Tränen ab und bat sie um VDer⸗
»ihung. Da wurde die alte Jungfer ganz gerührt und sagte?
Lore, du bist ein Prachtkerll“ „Das sagt ...“ Die Prin-
»jsin wollte sagen: „... Eberhard auch!“ aber sie biß sich
uf die Lippen und stammelte nur: „... dein gutes Herz,
ebe Mummelmusche!“ An diesem Abend durfte die Prinzessin