Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

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Heimat⸗· Schollen 
Slätter zur Pflege hessischer Art. Geschichte und Heiĩmatbkunst 
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Die schöne Lore und der lustige Eberhard. 
VDon Otto 
Stfückrath. 
(Schluß.) 
Als sie am nächsten Morgen in die Küche trat, da war 
es ihr, als sei die Küche viel schöner als sonst, sie lachte 
Elsabeth an und fragte sie nach ihrem Schatz und den Küssen, 
die sie bekommen habe, und als Elsabeth erzählte, gestern 
ei nur Seit zu sieben Küssen gewesen, da jubelte ihr Herz 
iber die vielen, vielen, die sie bekommen und gegeben hatte, 
und sie freute sich innig, daß sie jetzt einen richtigen Schatz 
habe. Das Schaffen ging ihr von der Hand, daß es eine 
Lust war, und als die Kesselmagd Anne gar nicht herbeibam, 
weil sie brank zu Bett lag, da nahm sie flink den Eimer, 
die Bürste, den Kesselputz und warmes Wasser und fegte 
ind schrubbte das Kupferzeug, daß es nur so eine Art hatte. 
Menn sie aber aufsah, so trafen ihre Augen die braunen 
Augen Eberhards und lachten mit ihnen ein heimliches 
Ldachen, und sie sah, wie er schneller als je jein Messer 
blitzen und sein Hackebeil saujen ließ. Das war ein lustiges 
Arbeiten den ganzen lieben langen Tag bis zum Abend. 
Dann gabs wieder Lieder und nach den Liedern Küsse. 
Oen ganzen Sommer hindurch war das schön und gut. 
Nun merkte aber die alte Kammerfrau, daß die Prinzessin 
eden und jeden Abend zu Sang, Tanz und Spiel in die 
Küche eilte. Sie machte ihr deshalb in aller Güte Vor⸗ 
tellungen, aber die Prinzessin sagte: „Ich bin nun einmal 
Küchenmagd, da will ich auch das Vergnügen haben, bei 
Sang und Tanz dabei zu sein.“ Dreimal ging die Kammer—- 
rau mit der Prinzessin und gab Obacht wie ein Stoßvogel, 
daß ja bein böses Wort geredet und bein loses Lied gesungen 
wurde. Dreimal mußte Eberhard ohne einen Kuß in seine 
Kammer trollen. Als die Kammerfrau aber auch den vierten 
Abend mit bei der Belustigung war, da sang und spielte 
Eberhard nur traurige Lieder, sodaß der ganze Küchenboden 
aß wurde von all den vergossenen Tränen der Mädchen. 
Auch die alte Kammerfrau mußte jämmerlich weinen, und 
ie sagte zur Prinzessin: „Nein, nein, dieser Eberhard ist ein 
anz gefährlicher Burschel Der macht einem ja das Herz so 
heich, daß es wird wie Butter.“ Dabei heulte sie wie ein 
zchloßhund, und die Tränen liefen ihr wie ein —XX 
ber die mit feiner, roter Schminke angepinselten Backen. 
Und die Tränen gaben Sträßlein, daß die Prinzessin lachen 
iußte. Da ging die Kammerfrau am anderen Tage zum 
Zönig und erzählte ihm die ganze Geschichte und machte 
araus, daß die Prinzessin gelacht hatte, ein großes Ver— 
rechen. Als sie die Sache berichtete, wurde sie von der 
frinnerung daran so aufgeregt, daß sie wieder Tränen ver- 
oß, und als der König die Lore aus der Küche rufen ließ 
nd ihr Vorwürfe über ihr liebloses Lachen machen wollte, 
a sah Lore die Kammerfrau an, brach in Lachen aus und 
jef: „Dater, Dater, genau so sah sie gestern abend aus! 
dun sag einmal selbst, ob man da das Lachen halten bann!“ 
der Konig lächelte gütig und sagte dann ernst: „Liebe Lore, 
as ist wohl ein putziger Anblick, aber man muß frühzeitig 
ernen, sich im Saum halten, und das hast du nicht getan, 
nein Kind!“ Die Prinzesjsin beugte den Kopf und sagte 
ꝛise: „Ja, Dater, du hast recht!“ And sie ging hin zu ihrer 
dammerfrau, küßte ihr die Tränen ab und bat sie um VDer⸗ 
»ihung. Da wurde die alte Jungfer ganz gerührt und sagte? 
Lore, du bist ein Prachtkerll“ „Das sagt ...“ Die Prin- 
»jsin wollte sagen: „... Eberhard auch!“ aber sie biß sich 
uf die Lippen und stammelte nur: „... dein gutes Herz, 
ebe Mummelmusche!“ An diesem Abend durfte die Prinzessin
	        
Waiting...

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