Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

giösen und staatlichen Mittelpunkt des Hessenvolbes 
bildend. Sollte das Christentum bel ihm Boden gewinnen, so 
mußte der Baum fallen! Deshalb entschloß sich Bonifatius, die 
hl. Eiche zu fällen, um so ihren Sauber zu brechen und den Heiden 
die Ohnmacht ihrer Götter zu beweisen. Im Jahre 128 legte er 
in Gegenwart einer großen Volksmenge die Axt an den heiligen 
Baum. And als kbein Slitz Donars den Frevler zerschmetterte, 
als die hl. Eiche Lrachend zu Boden stürzte, da war auch der Trotz 
her Heiden gebrochen, und die Hessen nahmen das Christentum an. 
Aus dem kbostbaren Holz errichtete Bonifatius auf der bis dahin 
heidnijchen Kultusstätte ein bleines, dem hl. Petrus geweihtes Bet⸗ 
haus. Weil aber die unfruchtbare, menschenferne Bergeshöhe zu 
einer christlichen Ansiedelung nicht geeignet war, baute er die 
eigentliche Erinnerungs-Kirche an seine „Geismartat“ 
auf der etwa J Kilometer entfernten sonnigen, die Ederebene beherr⸗ 
schenden Höhe von „Frideslar“, der heutigen Stadt Fritzlar. 
Er verband mit dieser ersten Peterskirche ein ebenfalls dem hl. 
Detrus geweihtes Benedibtinerbloster. Und damit war der Mittel⸗ 
hunkt zum Anwachsen eines größeren Gemeinwesens gegeben. 
Die bleine, wahrscheinlich vor Bonifatius vorhandene hejsisch- 
fränkische Ansiedlung Frideslar (Friedensort) wuchs nun 
schnell, da christliche Ansiedler sich in wachsender Sahl um das 
Kloster anbauten, 
dessen Mönche hier 
nach ihrer Ordens⸗ 
regel eine viel— 
ijeitige Kultur— 
arbeit entfalteten. 
Neben Predigt und 
Jeistlichen Ubungen 
purden Wälder ge— 
rodet, Acker und 
Härten angelegt, 
Fdelobst und Wein- 
eeben an den sonnigen 
Abhängen Fritzlars 
angepflanzt. — Die 
älteste Fritzlarer 
Petersbirche war 
wohl nur ein ein— 
facher Holzbau, der 
im Jahre 125 von 
Bonijatius eingeweiht 
vurde; sie war mit 
dem Petersbloster der 
feste Mittelpunkt 
für die junge, sich 
immer weiter aus— 
breitende hessische 
Kirche. 
Als Bonifatius, 
der vom Papsft zum 
Sischof der Ger— 
nanen geweiht wor⸗ 
den war, im Jahre 
120 Frißlar und Hessen verließ, um seine Missionstätigkeit in 
Thüringen aufzunehmen, da übertrug er die Leitung seines Fritz- 
larer Klosters seinem Freund und Landsmann Wigbert, unter 
dem sich das Kloster bald zu großer Blüte entfaltete. Abt Wigbert 
haute alsbald an Stelle der von Bonifatius erbauten Holzkirche 
ꝛine massive Peterskirche, die 132 von Bonifatius eingeweiht wurde. 
Gleichzeitig errichtete Wigbert im Anschluß an das Peters- 
kloster eine Klosterschule; diese Fritzlarer Klosterschule ist die 
eeste Schule in Hessen, Abt Wigbert der erste hessische 
Lehrer. Wenn diese Schule auch in erster Linie zur Heran— 
hildung junger Priester diente, die das Werk des hl. Bonifatius 
fortjeßen und erweitern sollten, so fanden auch Angehörige weltlichen 
Standes in der Klosterschule Gelegenheit, sich eine höhere Bildung 
anzueignen. Die Klosterschule Fritzlars gelangte unter dem Abt 
Wigbert und seinen Nachfolgern Tatwin und Wigbert dem Jũngeren 
zu großer Blüte. Im Jahre 135 übergab Bonijatius der Fritzlarer 
Klosterschule seinen hoffnungsvollen Schüler, den jungen Bahern 
Sturm zur Ausbildung, der im Jahre 1o0 in Fritzlar zum Priester 
geweiht wurde und dann in der hessischen Seelsorge Verwendung 
sand. 1483 sandte Bonifatius den seeleneifrigen Sturm aus, im 
Bebiete des Fuldaer Waldes in größerer Entfernung von den 
feindlichen Sachsen den Platz für ein großes Kloster ausfindig zu 
mnachen. Sturm gründete zuerst eine Niederlassung in Herolfes- 
feld (Hersfeld) und dann 144 das große Erlöser-Kloster in 
Fulda. So wurde Fritzlar die Mutterstadt von Hersfeld 
und Fulda. „Fritzlaär wurde nicht nur die Wiege des Christen- 
ums, sondern auch die Wiege für Hessens wirtjschaftliche und 
eistige Entwicklung. Ackerbau und Handwerb, Unterricht 
ind christliche Sitte erstrahlten von hier nach allen Seiten. In 
frißlars Klostergarten rankte die KRebe und reifte die Traube. 
in der stillen Mönchsbehausung wurde gearbeitet an Tüchern und 
zeräten, und allmählich entwickelte sich auch Sinn und Geschick 
ir kirchliche Kunst. Die Schule von St. Meter qgenoß weiten 
Zuf.“ (Flaskamp.) 
Für die hessische Kirche hatte Bonifatius schon im Jahre 
41 duf dem Büüraberg (drei Kilometer von Fritzlar), der da— 
nals eine befestigte Stadt trug, das Bistum Büraburg errichtet 
nd seinen Freund Witta zum Bischof daselbst gemacht. Damit 
oar die Susammenfassung der hesjsischen Christengemeinden 
ur hejssischen Kirche vollendet. Witta war der erste und 
etzte hefsijche Bischof. Nach seinem Tode hat Lullus das Bistum 
duraburg aufgehoben und mit seinem Erz-bisstum Mainz ver— 
inigt. 
Der heilige Bonifatius ist nicht nur der verdienstreiche 
Apostel Deutschlands, sondern auch der bluge Organisator der 
eutschen Kirche. Als päpstlicher Segat, und Primas 
on Deutschland hat er die bkirchliche Hierarchie in Deutsch- 
and fest gearündet und die deutsche Kirche fest mit Rom verbunden, 
wodurch allein ihr 
Fortbestand ge⸗ 
ichert werden bonnte 
Durch die Begrün— 
dung des Christen- 
ums in Deutschland 
pat er zugleich die 
pichtigste Grund— 
age für die da— 
nalige politische 
Finigung Deutsch— 
ands geschaffen. 
Er erlitt in hohem 
Hreisenalter auf sei— 
ner letzten Missions 
reise zu den Friejen 
am 5. Juni 754 den 
Märtyrertod. Sei— 
rem Wunsche gemäß 
and er seine letzte 
Kuhestättke in dem 
»on ihm gegrüũndeten 
Kloster Fulda. Über 
seinem Grabe woölbt 
sich die Dombkirche. 
Serstörung 
Freitzlars 114. 
20 Jahre nach dem 
Tode des hl. Boni— 
fatius drohte seiner 
hejsijschen Grũndung 
fritßlar der Untergang. Die nördlich vom Hessenland wohnenden 
zachsen hatten bis jetßt allen Bebehrungsversuchen hartnäckigen 
Viderstand entgegengesetzt; da beschloß Karl der Große, sie mit 
Oaffengewalt zur Annahme des Christentums zu zwingen. Im 
ahre 712 eroberte er die stärkste sächsische Grenzfestung an der 
Riemel, die Eresburg, und zerstörte das Nationalheiligtum der 
zachsen, die Irmensul. Als er aber 114 nach Italien zog, da erhoben 
h die Sachsen, vertrieben die christlichen Priester und fielen rache- 
hnaubend in das benachbarte christliche Hessen ein. Ihr erster 
Angriff war auf Fritzlar gerichtet, das für die Serstörung der 
)onareiche bũßen sollte. Die bedrängten Bewohner von Fritzlar und 
en umliegenden Dörfern flüchteten mit ihrer beweglichen Habe in die 
efestigte Bũraburg; auch die Gebeine des heiligen Wigbert 
»urden hier in Sicherheit gebracht. Mehrere Wochen belagerten 
ie Sachsen Büraburg, aber alle Angereiffe scheiterten an der 
jestigkeit des Ortes und an dem tapferen Widerstand der Ver— 
eidiger. Da sollte Fritzlar ihre Kache fühlen: sie steckten die 
Ȋuser in Brand; aber alle Versuche, die Petersbirche durch 
euer zu zerstören, blieben erfolglos. Kaum waren die Fritzlarer 
Zürger mit ihrer Habe in ihre zerstörte Stadt zurückgebehrt, da 
eschien ein zweiter sächsischer Heerhaufen vor Fritzlar, 
ztadt und Kloster wurden geplündert und angezündet; auch dies- 
nal mißlang der Versuch, die Peterslirche in Flammen aufgehen 
u lassen. Das war die erste Serstörung, die Fritzlar im 
Nnittelalter betroffen hat. Die Gebeine des heiligen Wigbert 
urden im Jahre 180 zum großen Bedauern Frißlars auf An— 
Hofphotoaraph Eberth. Cassel.
	        
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