Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Fahrt durchs Frühlingstal õ Von Heinrich Ruppel. 
Den Steilhang über dem Tale rollt Braunstämmige Föhren 
Der Frühzug entlang. Und Birken mit wehenden Blätterflören 
Die Tiefe leuchtet wie lauter Gold, Tanzen am hohen Bahndamm vorbei. 
Vie Sonnengold und Blütengold; Mit jeiner Lerchenstimme jubilieret der Mai. 
Dazwischen des BSächleins silberner Gang. Doch muß vor der Käder dröhnendem Kattern 
Dort unten ins Gräsermeer zu sinben Sein sonnenseliger Sang zerflattern. 
Und würzige Maienluft zu trinben, Junge Tannen mit zartgrünen Spitzen 
Wie heilsam, wie hold! Winben, in ihrem Schatten zu sitzen 
O Herz, du flatterst vergebens In friedsamer Waldeinsiedelei. 
Ins Licht, in die Freiheit am blühenden Ort! O Herz, du sehnst dich vergebens 
Denn unaufhaltsam reißt uns fort Nach dem Frieden am blühenden Ort! 
Der rasende Sug des Lebens. Denn unaufhaltsam reißt uns fort 
Der rasende ZSug des Lebens. 
Auf Heimatwegen. 
Goologische 
— — * 
Wanderung im Meißnerland“). 
VODon H. Penndorf. 
Das Dorf Velmeden liegt ungefähr auf der Längsachse des 
großen Grabenbruches (sj. Anmerkbung), der von Altmorschen über 
Spangenberg, Lichtenau⸗Walburg, Velmeden durch das Gelstertal 
nach Eichenberg zieht. Bei Velmeden gleicht er einer geologischen 
Mulde, die nur auf ihrem West- 
lũgel gestört ist; denn hier sind 
zwischen dem Horst des Steinholzes 
und dem Güulsberg die Schichten des 
unteren und mittleren Muschelbalbes 
— Mu* u.? und Mm. abgejunken. 
Wenn wir alle die Mulde zusam— 
mensetzenden Schichten feststellen 
vollen, mũssen wir die Senbe von 
der Höhe des Gülsberges aus nach 
Ofjten hin bis zum Meißner durch⸗ 
schreiten. Eigentlich haben wir sogar 
in der schmalen Mm-RKinne am 
Westfuße des Gülsberges zu begin⸗ 
nen; denn die Min.Mergel sind 
die erste Schicht des wostlichen 
Muldenflügels. Auf sie folgen die 
»arten Trochitenbänke der unteren 
Abteilung ⸗ Mot des oberen 
Muschelbalbes. Infolge ihrer Festig⸗ 
zeit erscheinen sie als Steilhang des 
Hũlsberges. Den Namen Trochiten⸗ 
zalk führt der Mo! nach den zahl⸗ 
ꝛeichen Stielgliedern — Trochiten — 
»on Encrinus liliiformis Lam., die 
n und auf den harten Kalken auf⸗ 
reten. Den breiten Rücken und 
den oberen Teil des Osthanges 
»om Gülsberg baut die obere 
Abteilung — Mo? des oberen 
Muschelkalkes auf, die wieder in 
die unteren, mittleren und oberen 
Tonplatten gegliedert wird. In 
den beiden erstgenannten Sonen herrschen die festen Kalbbänke 
gegenüber den tonigen Swischenlagen vor; sie tragen daher nur 
teinige Huten. Die oberen Tonplatten dagegen, bei denen die 
Tonlagen auf Kosten der Kalbbänke zunehmen, sind sanft geböscht 
und dienen dem Ackerbau. Ohne äußerlich erbennbare Grenze 
egt sich an den Mo? der untere Keuper — Ku!. Beide Schichten 
sind ausgezeichnet zu beobachten im Anschnitt am Bahnhof Wal⸗ 
burg. Sie fallen hier wie dort nach Osten zum Grabentiefsten 
ein. In der Höhe des Bahnhofs Velmeden etwa hört der Ku“ 
auf, und es folgt ein schmaler Streifen Grenzdolomit — Ku?, der 
hier nicht aufgeschlosjen ist. Die Talsohle füllen rote und graue, 
eils grusige, teils plastische Mergel aus, wie sie auf der Strecke 
Delmeden —Laudenbach angeschnitten sind; sie zählen zur unteren 
Abteilung des mittleren Keupers zum sogenannten Gipsbeuper — 
) Aus dem im Heimatschollen⸗ODerlag demnächst erscheinenden Buch: Geologische 
Wanderungen im Niederhessischen Berglände. 
Zm!. Als leßte Reste früherer Gipscinlagerungen werden die 
Nergel von feinen Gipsschnüren durchzogen. Mit dem Km! haben 
vir die jũngste versenkte Schicht erreicht; sie liegt ungefähr in der 
Mitte des Grabens. Dieser tritt hier als geomorphologisches Tal 
n Erscheinung, weil die am tiefsten versenkten, in der Grabenmitte 
jegenden Schichten — Km — Ku! — zugleich auch die lockersten 
ind. Aus diesem Grunde wurden sie, als die allgemeine Ab- 
ragung die Oberfläche der niedergebrochenen Schichten erreicht 
atte, durch die fließenden Wässer rascher fortgeschafft (erodiert) als 
die benachbarten Grabenschichten. — 
Den Westflügel setzen also zu— 
ammen: Mmm, Mol, Mo“, Ku!, 
Ku? und Km. Haben wir das 
Dorf V. hinter uns, so stehen wir 
jchon auf dem Ost ˖Flũgel; denn der 
untere Rand des Meinetsberges 
einerseits und des Langen Stein- 
berges anderseits weist wiederum 
Ku! auf. Ku? zwischen Km!und 
Ku! ist hier noch schwieriger als 
drüben nachweisbar. Die Felder 
des Ku'! führen in der Hauptjsache 
dunkle und rötliche Schiefertone 
und Mergel. Dazwischen finden sich 
ils Lesesteine Kohlesandstein mit 
Pflanzenresten, feste dolomitische 
talbsteine und bunte Kalkmergel. 
Die Zusammensetzung des Ku' ist 
dier ganz ähnlich derjenigen am 
Bremobahn ⸗Einschnitt und am Gũls⸗ 
»erg⸗ Anschnitt. Auch die gleichen 
Oersteinerungen finden wir hier. 
Hraue, feste Kalle des Kul am 
Meinetsberg bergen sehr schöne 
Steinerne von Gervillia costata 
zchlotth, Knochen von Sauriern 
und Fischzähne. Die nun folgenden 
oberen und mittleren Tonplatten 
des Moꝰ Lennzeichnen sich durch 
die hellgraue Farbe des Acker⸗ 
»odens, auf dem zahlreiche hell⸗ 
graue, platte Kalbe liegen. Bald 
ntdecken wir auch zahlreiche Versteinerungen. Die Tonplatten 
eeten als leichte Bodenschwelle hervor. Der Feldweg, der 
om Wege nach Hausen am unteren Hange des Meinetsberges 
ach N. abzweigt, schneidet sie an. Die Böoschungen beider Wege 
ijsen das Einfallen der Schichten nach W. zum Tale hin erbennen. 
nit Beginn der unteren Tonplatten wird infolge der SZunahme 
ester Bänke der Anstieg des Meinetsberges steiler. Bald treten 
n Stelle der Felder steinige Huten; wir Lommen in den Bereich 
er harten Trochitenbänke des Mol. Jenseits des Mol Rückens 
iuft mit ihm eine schmale Mm⸗Senbe parallel, deren tiefgründiger 
Nergelboden wieder Felder trägt. Nach O. wird sie ebenfalls 
bgeschlojssen von einem jãhen Steinwall, den die harten Platten- 
alke des Mud aufbauen; eine schwache Schaumbalbbank erhöht 
woch seine Festiglkeit. An den Mu' legen sich die ähnlichen 
Vellenballe des Mu'!. Nach O. hin fällt dieser Gdlandrücken, der 
eilweise bewaldet ist, zu einer Feldsenke ab, deren Boden rote 
Phot. H. Klein, Cassel.
	        
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