Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Aus der Schwalm. 
Arem (Adam). 
Wer auf den Bärg (Berg, VDorfteil in Schwalmehausen) 
gehen will, Lommt im ersten Drifteil des Weges an einem bleinen 
Haͤuse vorbei. In ihm wurde Arem geboren. Weil jein VDater 
Maurer war, mußte auch Arem diesen Beruf ergreifen. Im 
Sommer übte er ihn lebenslang aus, im Winter verdiente er sein 
äglich Brot als Holzmächer (Holzhauer). Arem war fleißig und 
parsam. Neben der Holzmacherei band er jeden Abend Besen 
oder flocht Körbe, in bunter Abwechslung. Die Birkenreiser zu 
Sesen brachte er aus dem Walde mit, und die Weidenruten, aus 
denen er die schönen Körbe herstellte, hatten seine Frau und das 
Häuflein Kinder, besonders seine Jungen, im Frühjahr, Sommer 
und Herbst zusammengetragen. Es ware so alles in bester Ord⸗ 
nung gewesen, wenn Arem einen Fehler nicht besessen hätte. 
Arbenete er die ganze Woche „wie ein Feind“ und sparte jeden 
Heller, so Lam aliemal am Sonnabend der böse Geist des Trinkers 
über ihn. Schon an diesem Abend, an dem nicht geschafft wurde, 
ging er unruhig von einem Fenster zum anderen, und am Sonntage 
nach den Kirchen hielten den Arem keine zehn Pferde zurück. Er 
eilte ins Wirishaus, spielte da Schafskopf oder Solo und trank, 
aß er allemal gegen Abend nach Hause schwankte. Aber den Steg 
zu gehen, der über den Bach lag, war ihm dann ein Kunststũck. 
GSo saß Arem heute am Sonntage wieder im Wirthause. 
Dort behrte auch der Förster Hegemann ein. Sein Hund Wald- 
nann wedelte mit dem Schwanze und hob die Nase nach dem 
5ende Wurst, das Arem vor sich liegen hatte. Dieser aber sagte 
Pbweisend: „Dovon breist du néechts“ (Davon briegst du nichts). 
Der Förster meinte lachend: „Sie brauchen beine Sorge zu haben, 
Valdmaunn rührt die Wuͤrst nicht an.“ Darob allgemeines Staunen. 
Gut“, prahlte der Forsimann, „ich wette ein Kännchen ( “81 
Zranntwein), daß er die Wurst sogar nicht frißt, wenn ich sie ihm 
gebe. „Oho“, machte Arem und wettete drauf. Der Förster 
jriff nach der Wurst und warf sie dem Hunde hin; dieser schnappte 
ie eilig auf und hatte sie im Nu hinuntergewürgt. „Herr Wirt, 
olen Sie das Kännchen!“ bestellte der Förster trocken und ohne die 
eringste Aufregung. Großes Gelächter. Arem aß sein trocken 
Zrot zu seinem Wettgewinne. An diesem Tage bam er so gänz- 
ich betrunken nach Häuse, daß ihn seine Frau ausziehen mußte. 
And noch lange ist er mit der Geschichte aufgezogen worden. 
Vom Büuchertische der Heimat. 
Karl Wehrhahn, Deutscher Eichenkranz — Balladen und 
Heldengesänge, 5 Teile in einein Band, Preis brosch. 4.80, gebd. 
350 Mxe. Hermann EichblattVerlag Leipzig-Gohlis. 
Der Herausgeber will mit diesen geschichtlichen Balladen und 
Heldengesaͤngen lebende Silder deutscher Geschichte und deutscher 
katen von der ältesten Seit bis auf die Gegenwart“ geben. Seine 
Sammlung ist als Ergänzung und Belebung des oft trockenen Ge⸗ 
chichtsunterrichts in der Schule und auch als Buch für das deutsche 
Haus gedacht. Das sehr reichhaltige Werk mit seiner nach geschichts- 
methodischen und künstlerijchen Gesichtspunkten getroffenen Aus⸗ 
wahl ist vorzüglich geeignet, beide Swecke zu erfüllen. Schule und 
Haus jollten gern Gebrauch von diesem Buche machen, in dem 
man den Pulsschlag der ruhmreichen deutschen Geschichte zweier 
Jahrtausende bejonders lebendig und braftvoll vernimmt. Vor 
allem sei die erfreuliche Tatsache hervorgehoben, daß neben den 
tüchtigen Alten wie Lingg, Fontane, Kopisch, Simrock, Dahn und 
Uhland auch die Neueren wie Alice von Gaudy, B. von Münch- 
hausen, Gustav Schüler, Karl Bröger und Ernst Lissauer zu 
Worte gekommen sind. Im letzten Abschnitt (18111018) vermisse 
ich Heinrich Lersch, den Kupferschmied und tapferen Feldgrauen, 
»er uns das Versbuch „Herz, aufglühe dein Blut!“ schenkte 
Herausgeber und Verleger sind gebeten, ihn bei einer Sweitauf- 
lage zu berũcksichtigen. Um den Schulen die Anschaffung zu er⸗ 
eichtern, hat der Verlag den Bezug des Werkes in 5 Einzelteilen, 
deren jeder einer großen geschichtüchen Epoche entjpricht, ermoöglicht. 
Abschließend sei gejagt, daß das Buch sehr brauchbar ist, und daß 
vir ihm weiteste Verbreitung wüũnschen. K. 
Schoof, Wilhelm. Hessen· Massauisches Heimatbuch. Berlin 
925. Weidmannsche Buchhandlung. 131 S. bIB. 80. 
In der „Weidmannschen Bücherei“ ist Lürzlich ein bleines 
Heimatbũchlein erschienen, das an dieser Stelle angezeigt zu werden 
verdient. Der als Heimatschrijtsteller längst bekannte und geachtete 
Studiendirektor an der Luisenschule in Hersfeld hat hier eine ganze 
Keihe einzelner Stũcke aus dem reichen hessischen und nassauischen 
Schrijttum zusammengestellt, um Heimatliebe zu wecken und zu 
pflegen. Daß er dabei das Volbstum nicht vergessen hat, sei be⸗ 
sonders hervorgehoben; wir finden Kinderreime, Hausinschriften, 
Maärchen, Kätsel, Redensarten, Wetterregeln, Waffensprũche, Orts- 
neckereien, Sprachproben usw. ujw., und dazu prächtige Ausschnitte 
aus der Sitte und dem Brauchtum, wie das Johannisfest in Esch- 
wege, das Lullusfest in Hersfeld u. a. Es schließen sich ansprechende 
Proben aus heimischer Sage und Geschichte an, die einzeln zu 
nennen hier zu weit führen würde. Kecht zweckmäßig erscheinen 
uns die beiden Abschnitte: „Was soll ich lejen?“ die auf die gang- 
barsten und empfehlenswertesten Schriften für weite Kreise auf- 
merksam machen. Hũbsche Bilder dienen dem handlichen Büchlein 
zum Schmuch. K. Wehrhan -Frankfurt a. M. 
ODillmann, Joseph. Auf Apostelpfaden durch Frankfurt 
a. M. und Umgebung. Keligiöse Heimatkunde für Schule und 
Haus. Franbfurt 1924 Carolusdruckerei. 316 6. 88. 
Die Heimatbewegung hat sich in den letzten Jahren auch dessen 
arigenommen, was die Heimat an religibsem Gut überliefert hat, 
und in dem neuen Lehrplan für den katholischen Religionsunter- 
richt der Volbsschule, den die Fuldaer BSischofskonferenz heraus— 
gegeben hat, tritt die religiöse Heimatbunde gar als besonderer 
Anterrichtszweig auf, für den eigens Stunden angesetzt sind. Den 
zwecken der religiösen Heimatkunde will auch das vorliegende 
Verk dienen, das sich aber durchaus nicht auf die Bedürfnisse der 
zchule beschränkt, jondern der Allgemeinheit ein beratender und 
veisender Führer sein will, und dazu ist es vortrefflich geeignet. 
ks behandelt die Kirchen der Stadt Frankfurt und der nächsten 
Imgebung und zwar nicht nur die Kirchen und ihre Geschichte 
ebsi den denbwuͤrdigen Ereignissen an sich, jondern auch die Kirch- 
õfse, die Kirchenglocken, die Kirchenorgel usw. Auch die Seel- 
»rge der Großstadt, die Stadtgeistlichkeit, die Ordensleute, das 
aĩenapostolat, die Wohltätigkeitseinrichtungen, die Pflege von 
Zunst und Wissenschaft in religiöser Hinsicht, die Beziehungen zur 
zchule und zu Dereinen, auch die Bedeutung der Pressee hat hier 
ingehende Behandlung gefunden. Das Wichtigste scheinen uns 
ie Mitteilungen aus Franbfurts großer batholischer OVergangen- 
eit zu sein, wobei auch die religiösen Volbsspiele und Kinderfeste, 
ie volkstümlichen Gebete, geistlichen Lieder, frommen Sprüche, 
ie religiösen Sagen und LSegenden ihren wohlverdienten Platz 
efunden haben. Die religiöse Heimatkunde wied für die batho- 
ische Bevöllerung Frankfürts ein unentbehrlicher Führer sein, und 
vir möchten wünschen, daß auch der evangelische Teil sich bald 
rines entsprechenden Buches erfreuen bönnte. 
K. Wehrhan-Frankfurt a. M. 
Hessen⸗Nassauische Bücherei Heft 7/8, 9, 10/11 und 12 
— Heimatschollen ⸗erlag A. Bernecker, Melsjungen. Einzel⸗ 
Ne. o.50 Mb., Doppel ·Me. 0. 5 Mb. 
In Nr. 12 der Heimat ⸗Schollen vom 4. Jahrg. erschien bereits 
ine Bejprechung der ersten sechs Hefte der Hessen-Nassauischen 
Bücherei für Schule und Haus, herausgegeben von Otto Stückrath. 
ẽs liegt nun eine weitere Folge von neuen Heften vor. Das 
doppelheft J/8 „In Gottes Namen fahren wir“ schildert unter 
Zeigabe zeitgenössischer Bilder die Pilgerfahrt des Landgrafen 
Vilhelm des Alteren von Hessen ins Heilige Land. Dietrich 
on Schachten entrollt in seinen Aufzeichnungen ein farbenreiches 
Zild spätmittelalterlichen Lebens in Europa und dem fernen 
Norgenland, geschichtlich und kulturgeschichtlich gleich reizvoll. — 
en „Jugendjahre eines Volbsforschers und Erzählers“ (Heft 9 mit 
Zildern von J. Fischbach) wird die Jugendgeschichte des bebannten 
rulturhistorikers und Novellisten H. W. Kiehl durch charabteristische 
ztücke aus seinen Werben gezeichnet. Land, Leute und Ver— 
ältnijse schildert der treffliche Gelehrte in feiner Weise. — Heft 
0/11., Hessischer Sagenquell“ von Olga StückrathStawitß, bietet 
ilie hessische Sagen in neuer Form, die der Jugend gemäß sind 
ind dbas Eigengepräge der feinen Jugenderzählerin tragen. 
deft 12, „Mir sein von hie“, läßt die in Klang und Tonfärbung 
erschiedenen Mundarten des Nassauer Landes reich und voll 
eblingen und gibt eine treffliche Auswahl aus allen Mundarttypen 
es Gebiets. Eine burze Einführung in das Wesen der Mundart 
ind Mundartdichtung beschließt das Bändchen. — Es ist dringend 
zu wünschen, daß die Schulen der Heimatprovinz von den oben 
mpfohlenen Bändchen, die wechselnd hessisches und nassauisches 
Zuliur⸗ und Geistesgut bringen, reichen Gebrauch machen. 
Nachdeuck nur nach Abereinbunft mit dem Herausgeber gestattet. 
dorausgeber: Konead Beenecher. Druch und Verlag: MA. Bernecher in Melsungen
	        
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