arbenprächtigen Eisbögeln und eifrig singenden Vohrsängern be—
ebt wird. Vor einigen Jahren hörten wir dort auch einer
Nachtigall zu, deren abendlicher Gesang im „Vollsgarten“ mehr⸗
fach eine wahre Völberwanderung bewirbte; dieser Vogel kommt
in Marburg nur noch selten und nicht in jedem Jahr vor. Woer
sie in ihrem Brutgebiet bennen lernen und hören will, wandere
nach Fritzlar oder ins obere Lahntal, wo ich 3. B. am 1. Mai 1910
abends in Laasphe von meinem Fenster aus, unter dem der
Fluͤß rauschte, mehrere in den blütenduftenden Gärten singen
hörle. Es waren die ersten deutschen Nachtigallen, deren Liedern
ich nach dem Kriege laujchte; lebhaft mußte ich des Maiabends
vor 4 Jahren gedenken: Vor Ypern im fernen Flandern schlug
im arg zerschosenen „Granatwäldchen“ bei St. Julien die Macht ·
jängerin, ais ich mit berwundetem, Bein „nach hinten“ humpelte
ind dem von den Engländern erhaltenen Schuß meine vorüber-
gehende Rücklehr in das heimatliche Lahntal zu verdanken hatte,
dessen Nachtigallenlieder im neuen Friedenslenz mich gemahnten
an das flanderische Schlachtfeld, wo der „Tod von Ppeen“
herrschte.
Sonntags gehts im Frühbähnchen hinaus, mit frischen
Wandervpögeln, bei denen das germanenblonde Hgar, die
blauen Begeisterungsaugen und die sonnengebräunte Hautfarbe
der fröhlich leuchtenden Gesichter, der freien Brust und bräf
tigen Beine einen
ebenso nalũrlichen
Eindruck machen,
wie ihre hessischen
Vollslieder. Wo im
einjsamen Hochwald
die Drossel ruft, der
Schwarzspecht häm⸗
mert und die Heide⸗
serche im Blau der
blaren Keinheit
würziger Bergluft
flötet, da verleben
wir unsern Frühlings
sonntag.
Kufen dann
abends die Käuze
und schnurrt die
Nachtschwalbe auf
dämmriger Wald-
blöße, so steigen wir,
frisch gestärkt an
Geist, Gemüt und
Leib für die neue
Woche, talwärts.
An der Lahn schla⸗
gen die Nachtigallen
im rosenduftenden
deee und froh
immen wir ein
in den Sang des Schlod Waldech
mit uns nach Marburg zurückfahrenden jungen Wandervolkes:
„Dort in jenem Tale, da ijst halt lustig sein:
Da singt Frau Nachtigalle und manch Waldvögelein!“
Ostertour zum Eddersee.
Von Hede Linsmaher, Frankfurt a. M.
Im bunten Getriebe der Großstadt geschah es von ungefähr,
daß mir eines Tages eine Siedlerin von der bleinen Siedelung
Asel an der Eddertalsperre begegnete. Ihre begeisterte Schilderung
dieser mir bisher völlig unbekannten Gegend erwoeckhte sofort den
lebhaften Wunsch in mir, bei nächster Gelegenheit diejses reizvolle
Fleckchen Erde Lennen zu lernen. Das Osterfest bot hierzu eine
villlommene Gelegenheit.
So ging es denn am feierlichen Karfreitagmorgen nach
Marburg a. d. Lahn, jenem entzückenden Borgstädtchen, das sich
sedem Besucher ins Herz schmeichelt. Malerisch am Hang hin-
gelehnt sind die altertümlichen Häuser; das wunderliche Durch-
einauder von schmalen, halbverborgenen Treppen, engen Gassen
und geheimnisvoilen Winkbeln ecrinnert an mittelalterliche Romantik.
Unten im Tal aber liegt die neue Stadt mit ihren modernen Bauten
und tief im Grün versteckten Villen. Und über all dem thront die
Surg auf dem Schloßberg, von dessen Plateau aus man einen
uinvergleichlich herrlichen Rund und Weitblick auf die pittoresben
Hiebel-und Türme, den munteren Fluß und die Lahnberge ge—
nießt. Man sitt versunken auf den sonnenbeschienenen Mauecrn
ind wperrt kaum, wie Stunde auf Stunde ins Meer der Ewigkeit
ropft.
In dieser anmutigen Stadt muß es wohl gut zu leben sein,
ein Wunder, daß untker bunten Studentenmüßen fröhliche Gesichter
ind blanke Augen glänzen.
Ein wehmũtiger Abschiedsblick grüßt Marburg, bis der letzte
schimmer davon entschwunden ist und die bummelige Kleinbahn
jen Franbenberg briecht. Dies Franbenberg ist ein idyllijcher
Sommerfrischenort, dicht am Wald gelegen, an der Edder, die hier
soch klein und bescheiden dahinplätschert, als hätte sie es längst
ergessen, daß man einst Gold aus ihrem Schoß wusch. Friedliche
Zuhe nebst der prächtigen Umgebung sind die Hauptvorzüge diejes
übjchen Plaßzes.
Nach einem reichlichen, überraschend billigen Abendbrot und
inem wohligen Schlaf in dem rotbarrierten Bauernbett weckte
nich morgens strahlender Sonnenschein. Das nächste Siel war das
iebliche Herzhausen, wo die Edder sich plötzlich secartig dehnt und
pie ein glänzender, silberner Spiegei daliegt. Das große Motor
oot Bussard“ läutet zur Absahrt, und nun beginnt die pracht ·
‚olle zweistündige Wasserfahrt durch die sogenannte Eddertalsperre,
er größten Talsperre Europas. Swischen hohen, schroffen Feljen
indurch windet sich in ständigen Kurven das breite BSand der
kdder, bald smaragdgrün, bald tiefschwarz schimmernd. Ab und
zu wird es licht
zwischen den Hängen,
eine jaftgrüne Matte
mit einer einsamen
Slockhũtte wird sicht
bar, — dann schließen
sich die Berge wie⸗
der zu einer dunklen
Kette. Eine unbe⸗
jchreibliche Kuhe
atmet diese Land-
jchaft, eine feier⸗
liche Verlassenheit.
— Hinter den
Sergen freilich
führen einige Dörfer
und Siedlungen, von
der schönen Gegend
perlockt, ein beschau⸗
liches Dasein.
Das Boot furcht
unentwegt woiter,
das Kielwasser
rauscht, spielende
Sonnenfunken tan-
zen darin — plötz-
lich prasselt ein
Kegenschauer vom
nmel⸗ roitrht be
ellen, denn das
Aufnahme von F. Kahm. veiler schlagt hier
chnell um. Nber durch die verschleierten Wolken blinzelt bald
vieder die Sonne. — —
Es ist eine köstliche Fahrt: Kaum vermag man es ßu fassen,
daß das Geschaute ein kbunstvolles Werk menjschlichen Genies ist,
das hier der Edder ein mächtiges Bett gegraben hat, um durch
in Staubecken das gesammelte Wasser der Edder dem Hessenlande
dienstbar zu machen. — Die Bergwände treten allmählich zurück,
zur Kechten taucht ein kleines Städtchen auf und unmittelbar dabei
ein Sers mit einem weithin sichtbaren Schloß: Waldeck. Wir sind
im Siel.
Vom Schloß aus, das als Kestaurant eingerichtet ist, eröffnet
ich ein Ausblick, wie er in gleich imposanter Schönheit jelten zu
inden ist. Tief zu Füßen breitet sich der leuchtende Eddersee aus.
delle Segelboote gleiten wie weiße Schwäne darüber hin; düster
raãuen die Serge mit der sich hindurchschlängelnden Edder herüber,
oweit das Auge reicht Wälder, Wälder ... es ist, als flute eine
inzige grüne Welle über das Tal.
Ich stieg hernieder, um nach diesem wundervollen Natur⸗-
chauspiel nun auch die grandiose Schöpfung von Menschenhand,
ie eigentliche Talsperre, zu besichtigen. Eine weiße, gepflegte
ẽhaussee führt in Windungen etwa 20 Minuten zu dem großen,
jeschnackvolien Steinbau der Sperrmauer, einem Meisterwerb der
zngenieurkunst. Manch einer mag wohl erstaunt und bopffchüttelnd
uf dieser Brücke gestanden und über die scheinbare Hexerei nach·
egrübelt haben — — — auf der einen Seite staut sich der breite
Soe, auf der anderen rieselt ein harmloser Bach durch den Wiesen-
zrund. Wunder der Technik!