Hierundsechzigjährigen der Tod heimgeholt hat, so ist er als
Freund gekommen.
Es ist kein großes Werbk, das er uns hinterläßt. Aber
es ist ein innerlich reiches Werk. And wer zu ihm den
Veg findet, der muß ihn lieb haben. —
In der altehrwürdigen Landesschule Pforta gibt man
den Toten einen schönen, schlichten Spruch mit auf den Weg:
„Fahr wohl, du fromme Seelel“ Die Worte wollte ich
auch heute dem Hessensohn nachrufen, der „getragen von
Hoites Gnaden“ am Todestage eines andern großen Hessen-
sohnes, des Landgrafen Philipp, jeine Heimfahrt antrat.
And dabei fiel mir noch ein anderes Wort ein, das sagt
dasselbe, nur noch ein wenig herzlicher.
Es ist um Mitternacht. Vor mir liegt der „Joggeli“.
Und da muß ich auf einmal denkben: Es ist wieder einer
hingegangen, der hat uns so Wunderschönes geschenkt, und
jo biele wissen noch nichts davon. Aber einmal werden
sie's doch fsinden, dafür wollen wir sorgen, wir, die wir
noch ein Stück Weges vor uns haben. Dann aber werden
biele denken, was ich in dieser Mitternachtsstunde denke:
Wenn wir diesem Wilhelm Speck, diesem Mann von unserm
Hessenblut, doch nur einmal die Hand hätten drücken Lönnen
für die Liebe, mit der er in die Seelen geleuchtet und mit
er er Goldschimmer übers ärmste Leben gebreitet hat.
Das ist nun vorbei.
Nein, es nicht vorbei. Die letzten Slätter des „Joggeli“
oissen Kat: „Wer den Joggeli nunmehr besuchen will, der
nuß genau Seit und Stunde abpassen. Er muß in der
dacht, bevor es Pfingsten wird, zur Stelle sein, dann läuten
ie Glocken in der halben Nacht und um die Seit der
Norgenröte in die Slüten und den Frühling hinein. Wer
n Dorfe dabvon aufwacht, der denkt: Es ist dem Joggeli seine
tunde. Jetzt ist er von seinem himmlischen Häuschen herab⸗
ekommen und sitzt irgendwo in der Nähe, dem Läuten zu
auschen.“
„And ist es vorüber, so daß man die Schwalben wieder
witjchern und die Lerchen wieder singen hört, dann legt
nan fich, weil es Feiertag ist, noch einmal aufs andere Ohr
nd denkt: Jetzt steigt er wieder nach seiner dritten Heimat
inauf.“
Das mag wohl auch die Stunde sein, wo wir dem
dichter noch einmal die Hand drücken können. — And
arunter steht das Wort, wie ich mir für ihn zum Abschied
eins schlichter und herzlicher denken bönnte, und das will
ch ihm nun noch mit auf den Weg geben: „Gute Macht,
Joggeli. Lomm gut nach Haus!“
Osterwasser“ 0 DVon Helene Brehm.
Osterwasser sich zu schöpfen
Schleicht, als kaum der Tag erwacht,
disel mit den blonden Söpfen
In des Waldes grüne Nacht.
Holden strahlt die Himmelsleuchte
Durch die Morgendämmerung,
Und sie macht, wie Lisel deuchte,
Ihren Osterfreudensprung**).
Lisel weiß im Wald die Stelle,
Die der Eichen Kranz umschließt,
Vo des Berghangs Plätscherquelle
Talwärts gegen Morgen fließt.
Nun der Sauber ist gebrochen,
Sonne scheucht den Osterbann;
disel, die Lein Wort gesprochen,
Fängt vergnügt zu bichern an.
Sich in Osterwasser baden,
Doch mit strenggeschloss'nem Mund,
Das bringt Schönheit, schützt vor Schaden,
Macht des Liebsten Herze kund.
Heute muß der Liebste kommen,
Heute noch wird sie ihn sehn,
Und er wird — sie seufzt beklommen —
Seine Liebe ihr gestehn!
Schweigend beugt sich Lijsel nieder,
Trinkt und wäscht sich das Gesicht,
Als begrüßt die schlanken Glieder
Ostersonntag⸗Morgenlicht.
Da ein Lachen in den Sweigen,
Und es knackt im Unterholz!
„Soll ich dir den Liebsten zeigen?
Lisel. bleib', tu nicht so stolz!“
Starke Arme sie umfangen.
Liesel, sag', bist du mir gut?“
Mit dem Hans ist sie gegangen —
Osterwasser Wunder ktut.
Auf Heimatwegen.
Auf
Schneeschuhen im Meißnervorland.
on o äger.
Es ist ein seltsames Gefühl, wenn man am frühen Morgen
rusʒzieht mit den schlanken Brettern auf dem Rücken, und in dem
nojpenden Birnbaum singen Fink und Amsel!
Die Dorfsstraße ist zwar noch ein wenig gefroren, aber sonst
ang wieder frei vom Schnee. VBoch die Waldberge, die herein-
ichaun, leuchten im winterlichen Weiß. Wie lockt uns dies reine
Weiß, die wir zunächst noch lehmige Feldwege wandern müssen,
die schon im Tauen begrißen sind, und wo wir uns schon gleitend
ewegen. nur nicht so leicht beschwingt wie auf den Schnee—
schuhen.
) Aus der Verfasser⸗Gedichtsammlung: „Von heimischer Scholle“. Derlag
F. Scheel. Caßel.
Aber nun sind wir am Waldrand! Gefrorener Schnee bracht
inter unseren Tritten. Den Steilhang hinauf wollen wir unsere
Hölzer noch tragen. Es wird auch so noch sauer genug.
Hier lockt Lein Vogelruf mehr! Winter hält noch alle Wesen
m BSann und gewiß noch lange, denn hier ist Schaͤttenseite
Spuren laufen kreuz und quer von ungeradem Getier. Dort hat
in Keh geschlagen und die braunen Buchenblätter herausgeworfen.
Narder und Wiesel sind heute nacht aufj Beute ausgegangen und
saben ihre zierlichen Füße im Neuschnee abgedrückt.
Endlich haben wir den Höhenweg, der in sanfter Steigung
em Kamme zustrebt. Da legen wir rasch die Schneeschuhe an.
ẽEs gleitet praͤchtig, das Wachjen konnten wir uns sparen. Hier
ben wird es erst schön! Das Aprilgestöber, das gestern im Tale
inen kurzen, nassen Besuch abstattete, hat hier oben alle Stämme
) Nach dem Volbsqlauben macht die aufgehende Sonne am Ostermorgen
inen Freudensprung.