Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Adolf Häger. 
n der Höhle des Hausflurs. — 
Zeingefegt sind die Gassen! — 
da — aus ehrwũrd'ger Eichenpforte — 
ãnzelt ein Lrausblondes Madel! 
Flöckchen tũpfeln flirrend Gelock. 
Und die Kleine 
chwenkt ihre Mappe, 
ind das Mäulchen — mit Schnappl und Happ! 
ängt sich ein von dem losen Flockengesindel, 
vas es erwischen bann! 
So huscht sie vorbei. — 
Doch ein Weilchen fangen sich unsere Blicke. 
da lacht sie mir zu mit Schelmenaugen. 
die jagen: Geltlwas will noch der Winter? 
Das bißchen Schneien? — ein Spaß! 
deut ist ja Frũhlingsanfangl — 
Jäh, wie es kam, 
ijt das Wetter verzogen. 
Ein jeligblauer Himmel spannt 
jich über First und Astefiligran. 
Die späte Sonne strömt verschwendend 
Hold in alle Gassen, 
und aus dem höchsten Wipfel der Platane 
wieft eine Amsel ihren Sehnsuchtsschrei. 
..Das war Frühlingsanfang! 
VDom Pulsschlag der Heimat. 
Schnurrpfeifereien. 
Der strenge Herr. 
„Es ij' en strenger Herr ingetroffe“, so sprach Böttchers 
henuer, als eremir dieser Tage einen burzen Besuch machte. Er 
neinte damit den verspäteten, aber doch harten Winter. Er ist 
a auch ganz eigenartig. Januar und Februar, die sonst eisige 
Stürme über unsere Gauen fegen ließen, Täler und Höhen mit 
hoher Schneedecke überzogen und Flüsse und Seen in Eis erstarren 
lieben, brachten heuer die schönsten Frühlingstage. Dom Garten 
er hörte man schon burz nach Neujahr das leise Klingen der 
Schneeglockchen, und oben am Fuße des Landackers schloß das erste 
Himmelsschlüsselchen den Boden zu neuem Leben auf. Die muntere 
Schar der pfeiferiden Stare auf dem hohen Birnbaum im Garten, 
die jubilierenden Lerchen über den grünenden Feldern und die in 
der Abendsonne tanzenden Mächen bonnten den Glauben auf⸗- 
rommen lasjen, daß wir den Winter schon hinter uns hätten. 
Aber oft Lommt es anders, als man denkt. Kurz vor seinem 
alendermãßigen Ende stellte sich der strenge Mann mit einem 
zräftigen Nordost doch noch ein, und seine alte Großmutter, die Frau 
Hoile, schüttelt jeitdem unverdrossen Tag für Tag ihr Bett. 
„Enodͤlich Schnee!“ jauchzt die Jugend. Große Schneeball- 
schlachten werden auf dem Schulhof ünd in den Dorfstraßen aus. 
gefochten. Neue Rodelschlitten sausen die Abhänge hinab und 
petteifern mit der großen Sahl der bleinen Kanissel (Schlitten). 
Solche Winterfreuden stählen die Musbeln. roten die Wangen, 
»aden und dehnen die Lungen. 
Die Eller aber mit dem von ihr unzertrennlichen,Kopplappe“ 
ützt murrend in der Nähe des warmen Kachelofens, tritt ihr altes 
Spinnrad und klagt über den bösen Winter. 
ZIhr Nachbar, der Schosterpässers Hans aber sagt: „Doß d'r 
Wänter noch kemmt, dos hon ich jchon immer gesogt. D'r Gäns- 
eitter“) (Brustbein der Gans) war rot ere blou. Auf de Kermis 
on vir de Chrestoa ware noch wiß. Do wußt ich, daß d'r Vir⸗ 
wenter geleng**) sein wird. Ober noch de hell' Toak*) ware rot, 
on do hon ich glich gesoat: „D'r sträng Herr kemmt noch.“ On 
ber dos net gleiht (glaubt), der probiers!“ Boist, Ausbach. 
Das find' sin Plätzchen immer noch! 
Eine (auch in der Sodener Gegend bebannte) Kedens 
art: Das find' sin Plätzchen immer nochs verdankt folgender Be⸗ 
gebenheit ihre Entstehung: Die Sodener hatten (vor 60 Jahren) 
durch die Salinen einen ungewöhnlichen DVerdienst und waren 
infolgedessjen jehr übermũtig geworden, wie das leicht einer wird, 
dem es zu wohl geht. Vor allem mit dem Essen und Trinken 
lrieben es die Maͤnner geradezu toll: Das schönste und beste war 
hnen nicht gut genug! So hatte auch einmal eine Frau des Mittags 
Keissuppe auf den Tisch gesetzt mit Rindfleisch, Kartoffeln und 
2) im Haungeund: Der Spränger. *) gelinde »9 de hell Toa — die 
heiligen Tage (Weihnachten). 
Frühlingsanfang 0 DVon 
In die trübe Enge der Kleinstadtstraße, 
vo graue Häãuser beisammen stehn 
wie griesgrämliche Tanten, 
vpirbeln die Flocken: 
zierliche, weiße Winterflöckchen, 
zin lustiger Keigen. 
Sie bitzeln und necken die Häuserkanten, 
venn auch die Würdigen 
zrimmiger dreinschaun. 
Unten, die sicheren Bürger 
nit Schiem und Schlapphut, 
chreiten geschwinder. 
Behäbige Damen 
chaun wũtend hinauf zu den Schneebobolden 
uind schlagen einen 
irkomisch lahmen Galopp an. 
Der Meister 
interm schũhßenden Vordach des Bäckerhauses 
dohrt den rundlichen Finger ins Flockentreiben 
ind schreit mit Entrũstung zu seinem Genũber: 
„Das nennt man nun Frühlingsanfangl“ — 
Da flabbt eine Böe, 
vie flatterndes Fahnentuch 
anters Vordach und stopft ihm den Mund, 
daß der Dicke prustend verschwindet 
Senf. Wie der Mann zum Essen heim bam und sah, daß das 
fleijch sehr fett war, ward er zornig. Er machte seiner Frau die 
röbsten Vorwürfe wegen des mijerablen Fleisches und schwor, 
einen Brocken davon anzurühren. Die Frau ließ ihn schimpfen 
ind wettern, erwiderte gar nichts darauf und löffelte die Suppe 
uhig weiter. Das aber brachte ihn aus Rand und Band. Sie 
olite antworten, sich verteidigen, ihm widersprechen! Und da sie 
eharrlich schwieg, nahm er plötzlich das Fleisch und warf's zum 
ffenstehenden Fenster hinaus. Am Hause aber wuchs ein Wein⸗ 
ock, und in dessen Kanken blieb das Fleisch hängen. Als die Frau 
hre Suppe gegessen hatte, stand sie auf, sprach mit dem ruhigsten 
ßesicht von der Welt so wie für sich: „Das Fleisch find' sin 
atzchen immer nochl!“ und ging dann stilischweigend hinaus. Sie 
olte das Fleisch aus den Reben hervor, nahm es mit hinein, 
vusch es ad und legte es zurück. Am anderen Tag holte sie sich 
och etwas Gehacktes, hackte das Rindfleisch drunter und briet 
hrem Manne eine feine Fribadelle. Als der verschnippte Mann 
im Mittag zum Essen erschien und die bnusperige Fribadelle jsah, 
aßte er seine Frau um und meinte hocherfreut: „Das haste recht 
emacht! So lob ich's mirl Das soll mir schmecken!“ Wie nun der 
Nann die Frikadelle mit dem größten Wohlbehagen verzehrt 
atte und auch die Frau mit Esjen sertig war, da sprach sie lachend: 
So. nu haste das Fleisch, das du gestern zum Fenster naus ge⸗ 
vorsen hast, doch noch gegessen! Han ich's net gleich gesagt, das 
ind sin Plaͤtzchen immer noch l“ K. Sangmeister 
Eine gute Seele. 
Eine Bauersfrau aus dem Knüll hatte sich mit einer schweren 
Zöze auf den Weg nach KRemsfeld gemacht. AUnterwegs traf sie 
inen BSauern, der mit jeinem Fuhrwerk dieselbe Straße zog. Das 
oar ein gutmütiger Kerl, und wie der sah, daß es dem alten 
undlichen Frauchen recht sauer ward, hielt er die Pferde an und 
ieß sie hinten aufsihen. Wie sie bald an der Kemofelder Halte⸗ 
telie sind, dreht er sich mal nach ihr um und sieht, daß sie wahr⸗ 
zaftig ihre schwere Köze noch am Buckel hat! „Awer Frau“, 
pricht er, „warom hodd dä denn eire Köze net ronner gedonn?“ 
Mo“, meint die gute Seele. „eire Päre honn doch on mä grode 
genunq ze dinsen]“ K. Sangmeister. 
Der Braten. 
„Ja“, jagte der alte Kantor, die Welt 
Ist nun mal verkehrt geraten. 
Früher hatt' ich die schönen Sähne, doch nie 
Einen knusprigen Schweinebraten. 
Nun bin ich gelangt in der Sehnsucht Land, 
Das mir so lang ward verheißen, 
Und der Schweinebraten steht auf dem Tisch, 
— Moch ich Lann ihn leider nicht beißen. Th. Endemann. 
Ma c n berein it de a estattet. 
depeg eee e e ehhungen.
	        
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