wurf in die Grappsche. Die Kinder stürzten darüber her, und
edes versuchte zur Belustigung der Großen, das Meiste zu
grappschen. Oft gab's nachher noch 8 und ausgerisjjene Haare,
veil eins dem andern zuvor⸗ und besser weggekommen war. Wenn
der Braufwagen „durch war“, dann stellte man fest, ob sich der
Sräutigam haätte lumpen lassen oder nicht. War er nicht knickerig,
ondern spendabel gewesen, so konnte er gewiß sein, daß man es
Zeit seines Lebens nicht vergaß. R.
Tagesspruch.
Villjt du werden ein Geselle,
Steh erst an des Lehrlings Stelle;
ẽ5h du wirest ein Meister sein,
Tritt erst als Geselle ein.
Ver die andern lehren mag.
dern erst jelber manchen Tag.
Wenn du willst zum Siele dringen,
Mußt du unablässig ringen.
Du mußt erst den Samen streun,
Willst du dich der Ernte freun.
Kämpfe, denn des Sieges Krone
Vird dem Streiter nur zum Lohne.
Venn du willst der Ruh genießen,
Mußt du erst viel Schweiß vergießen.
Küste treu dich in der Seit
Ffür die lange Ewigbkeit. Wilh. Sunbel.
Aus der Schwalm—
Das Griesche (Krüglein) geht herum. (Ein Schwälmer
Spinnstubenspiel.)
Lißche: Das Griesche gett rem.
Ann: Bas brengt's? (Was bringt's?)
eißche (zählt die vorhandenen Mädchen und sagt dann): Neng
Jangesjchnäpper (Neun Jungenschnäpper).
Ann: Bie sah die Junge aus? (Wie sehen die Jungen aus?)
eißche (sagt, wie der Schatß des betr. Mädchens gebleidet ist):
Inner höt eée Bromkapp of. Inner höt in rotgenerene Kerrel
d (Einer hat eine Bramkappe auf. Einer hat einen rotgenähten
Kittel an) u. j. f.
Ann: Bäcr sall dä (ersten) hon“ (Wer soll den haben?)
dißche: (nennt das Mädchen, beĩ dem es eine Neigung vermutet).
Ann (ragt das Mädchen, das genannt wurde): Bäs wedode
moͤrrRem mache? (Was willst du mit ihm machen?)
Mariebatt: 1. Ich woellden setze en die Kacheln,
Hä sall Sure Mus on Fleésch acheln.
Ich will ihn setzen in die Kacheln,
Er soll Sauerbohl und Fleisch acheln lessen)).
Ann (den zweiten Burschen bezeichnend): Bär sall dä hon?
Lißche: (nennt wieder das betreffende Mädchen).
Ann: (fragt dies) Bas wédode mérrsem mache?
Zattreng: 2. Ich weèllen setze of in Nälkestängel,
Hãä sall seng meng libbster Angel.
(Ich will ihn setzen auf einen Nelkenstengel,
Er soll sein mein liebster Engel.)
U. sj.*. Weiter mogen nur noch die einzelnen Reime folgen:
3. Ich wéllꝰen setze of ee Schöttegebung,
hä jall em Vorf rem rolln bie in Mätzgeschhangd.
Ich will ihn setzen auf ein Schotengebund,
Er soll im Dorf herumrollenslaufen] wie ein Metzgerhund.)
Ich welloen setze of ee Nälkeblsat,
Ich sah mich senger nimmer saat.
Ich will ihn setzen auf ein Nelbenblatt,
Ich sehe mich seiner nimmer satt.)
Ich wéèllden setze of menge Gänn,
Hä jsall m'r Abstriche die Ann.
Ich will ihn seßen auf meinen Schoß
Er soll mir abstreichen die IFlachss-ahnen sbeim Spinnenl.)
Ich wellden setze ofs Galjedeél,
Sall peife bie in Kanalljevel.
Ich will ihn setßen auf den Rochenhalter — vom
Soll pfeifen wie ein Kanarienvogel.) [Spinnradl,
Ich welloen setze of de Baank,
Da wädd äm die Seit néèt laang.
Ich will ihn setzen auf den (die) Banb,
VHann wird ihm die Seit nicht lang.)
Ich wéèllden seße of de Owe,
hä sall alszu die Spéelmäre lowe.
Ich will ihn setzen auf den Ofen,
Er soll immerzu die Spinnstubenmädchen loben.)
Ich woellen setze of die Breck,
—R
Ich will ihn setzen auf die Brücke, J
Er soll mir bLaufen mürbe Wecke.) Schwalm.
Schnurrpfeiferecien.
Der Besenhermen.
Dazumal ging unsere Eisenbahn noch nicht. Aber sie war
chon in Angriff genommen und in verschiedenen Losen an die
Unternehmer vergeben. Die Bauern fuhren Steine. Es gab
Arbeit an allen Ecken und Enden. Steinmetzen, Handlanger und
kagelöhner — alle gingen sie zur neien Isenbahn und verdienten
ßeld wie Heu; „aber net so lang!“ sagte der alte HannNickel.
Auch mein Vater verdiente sich manchen neuen Batzen; er war
s5chmied und machte für den Maurermeister Schwalm, der in der
„Beiredde“ (Seiröde) bei Spangenberg die neue Brüũcke baute,
ie Picken, Hacken, Stemm- und Chaviereijen scharf.
Trotzdem alles nach dem neuen Tummelplaß des vielen Geld⸗
erdienens hinströmte, blieb einer fern. Das war der Besenhermen,
er seinem Besenbinderberuf treu blieb. Da er wegen seiner ge—
paltigen Körperkraft bekannt war. so hätten ihn die Steinbruch-
nhaber gern als Vorarbeiter angeworben. Aber unser Hermen
ehnte alle Anerbieten ab und blieb bei seinem Wort: „Nä, bi
esse Sorte an die neie Isenbahn geh ech net. Do sell mech doch
nin Gott vär behieten. Was die am Tage verdienen, das nehmen
e des Owends medde enger de Decke. On suffen on fluchen don
e wie de Därben (Türben), on dann drieben se alle Schlechteg-
eeten, on dann schlohn se en noch dot. Ech well lewwer etwos
venger verdienen on well an min Bäjsen bliewen.“
An einem hellen Januartage hatte sich der Besenhermen eine
chwere Tracht aufgeladen. Sein Keff ächzte ordentlich unter der
2ast. So war er von Bischofferode, wo er zu Hause war, schon
inderthalb Stunde weit gewandert, um seine Tracht Besen bei
inem reichen Bauern im Nachbardorf, der sie schon lange bestellt
atte, an den Mann zu bringen. Der Bauer und seine Familie
paren weit und breit als ziemlich geizig bebannt.
Sei besagtem Bauern wirft der Besenbinder seine Last Keiser⸗
ejen ziemlich unsanft auf den Hausflur und schleppt seine müden
Ztnochen langsam treppauf zur Wohnstube. Ein langgezogenes
Herrrein!“ ist die Antwort. „Gun Tag!“ — „Gun Tag! Sied
bellkomm! Setzt ochl“ — „Dankbe!“ Im stillen freut sich der
Zesenhermen; denn er trifft die Familie, wie er sich's heimlich ge-
pünjcht, gerade beim Nachmittagsbaffee. Er hat eine große Familie.
Aber der Bauer hat eine noch viel größere: Mann, Frau, fünf
dinder, die Eller, Knecht, Magd und zwei ständige Tagelöhner —
iu, au, zwölf Stück, zählt der r also noch viel mehe, als
ꝛr selber hat. So zählt er die Tischgenossen. Er zählt aber auch
zie vielen Isenkuchen auf dem großen Teller und denkt, ob ihm
ie Geizhälse wohl eine Tasse Kaffeebrüh on so'n poor Isenkuchen
inbieten werden. Sein langer, hohler Magen bnurrt bedenkblich.
Ddie Frau des Hauses unterhält sich so nebenbei mit dem Hermen
wwer das scheene Januarwetter, ewwer de hebsche Schneidecke,
o bäm doch de Frocht met Gotteshelfe glecklich dorch'n Winter.
der Hermen bejaht alles und nickt zu allem und zählt dabei die
chnell und unaufhaltsam verschwindenden Isenkuchen. Plöõtzlich hat
er einen glücklichen Einfall. „Ech moß mech wongern ewwer och!“
agt er ruhig und mit schelmischem Augenzwinkern. DVierundzwanzig
Augen sind auf ihn gerichtet. „Ewwer ons wongern — sol Wo
wwer dann, Hermen?“ — „Jo, dä ässet de Isenkuchen äwer
ärrschl“ — „Närrsch? So — sol Wee ässet dä se denn?“ —
Soll ech's och dann mol wiesen?“ — „Jo, wieset's ons doch mol!“
der Hermen tritt an den Tisch, rollt die sieben letzten Eisenkuchen
Pfannkuchen) zum Erstaunen aller zu einer dicken Walze zusammen,
chiebt sie zwischen die Sähne und sagt mit vollgestopftem Mund:
Säht, so ässe mä sel“ Srinb.
3
Oom Kußtzel.
Der Kutzel und seine Frau schlafen im Kranzbett (Himmelbett)
inter dem Ofen. In der Frühe muß die Frau raus und das
feuer anmachen. Um nun Wintertags nicht aus dem warmen
Zett in die eisige Kälte hinaus zu müssen, nimmt sie zum Feuer—
inmachen eine Hampfel Bettstroh, wodurch das Bett immer tiefer
vird. Eines Morgens rasselt dem Kutzel seine Frau von draußen
m Ofen. Sie steckt das Feuer an. Plötzlich ein Freudenschrei
ius der Kammer: „Frau, domm doch emo schnell ren! Ich ben
iwer dere (in dieser) Nacht gewossel Ich stoß owe on onge werer!“