Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Auf der Heimatwarte. 
Hauptversammlung des Knällgebirgsvereins in 
Ziegenhain. Wenn die ersten warmen Strahlen der Vor— 
rühlingssonne die Lust zum Wandern wecken, dann regt sich zugleich 
n unsern Gebirgs- und Wandervereinen neue Schaffenslust auf 
hrem Arbeitsfeld der Fürsorge für all' die Wanderer, die im Laufe 
des Jahres unsere stillen Wälder durchstreifen und unsere umlaubten 
Städtchen bejuchen wollen. Darum hatte der Knüllgebirgsverein 
uuf Sonntag, den 27. Februar, zu einer außerordentlichen Mitglieder- 
»ersammlung nach Siegenhain eingeladen, um laufende Geschäfte 
u erledigen, namentlich aber um Richtlinien aufzustellen für die 
Arbeit auf dem so wichtigen Gebiete der Jugendherbergen und 
des Jugendwanderns. Bei dem zunächst erstatteten Kassenbericht 
ronntke der Vorsitzende die mit freudiger Genugtuung aufgenommene 
Mitteilung machen, daß in 1020 nicht nur die Schuld für den 
Eijenbergtuerm bis auf den letzten Pfennig bezahlt, sondern auch 
noch die 650 Mark betragenden Kosten für Fassung der „Christinen- 
juelle‘“ auf dem Eisenberg gedeckt werden Lonnten. So werden 
nuun Geldmittel frei für neue große Aufgaben des VDereins, und 
iese bestehen vor allem in der Errichtung von Jugendherbergen. 
Sevor man sich diesem Punbt der Tagesordnung zuwandte, sollte 
noch die Frage entschieden werden, ob der Verein die Errichtung 
eines Heimatmuseums in Siegenhain woeiterhin noch als seine 
Aufgabe betrachten oder dieselbe einem besonderen, etwa noch zu 
jründenden Museumsverein überlassen will. Die Verhandlung 
arüber, an der auch der Landrat des Kreises Siegenhain, Herr 
Freiherr von Steinau⸗Steinrück, teilnahm, gestaltete sich leider, sehr 
zum Schaden für die übrigen Gegenstände, unerwartet langwierig. 
Man fand schließlich einen Mittelweg, nämlich die Errichtung des 
Museums dem Sweigberein Siegenhain und den übrigen Sweig— 
vereinen im dortigen Kreise zu überlassen. Die nun solgende im 
Mittelpunkte der Tagung stehende Verhandlung über die Fürsorge 
für unsere jugendlichen Wanderer wurde eingeleitet durch eine 
varmherzige Mahnung des Vorsitzenden des Homberger Wander⸗ 
hereins, Herrn Apotheber Hille, dieses Arbeitsgebiet mehr noch 
ils sjeither in den Vordergrund der Vereinstätigbeit zu rücken. 
Herr Hille mit seinem begeisterungsfähigen Herzen ist im Knüll— 
gebirgsverein der Vorbämpfer für die Pflege des Jugendwanderns, 
und die in Homberg bis jetzt erzielten Erfolge sind vorbildlich. 
Seinen Tätigkleitsbericht ergänzte der als stets willlommener Gast 
anwesende Vorsitzende des Hessischen Gebirgsvereins, Herr Justizrat 
Wenning, der insbesondere noch das Verhälfnis des Hauptausschusses 
für deutsche Jugendherbergen in Altena i. W. zu dem für unser 
Hesfjen gebildeten Sweigausschuß erläuterte. Es besteht hier ein 
Streitpunkt: Trotz der Gemeinsamkeit der Siele und trotzdem der 
Kasseler SZweigausschuß sich aus den verschiedenartigsten Korporationen 
ind VDereinen zusammensetzt, mithin sich nicht lediglich als ein 
Voerkbzeug der Gebirgs- und Wandervereine betrachtet, versagt der 
Hauptausschuß in engherziger Weise vorläufig noch unserm Sweig- 
ausschuß die Anerbennung und droht damit, durch Gründung eines 
desonderen Ausschusses Sersplitterung in unser Gebiet hinein- 
zutragen. Der Knüllgebirgsverein mißbilligt dieses Vorgehen und 
tellt sich auf den Boden des Kasseler Sweigausschusses, durch den 
er für sein Gebiet schon mancherlei Unterstützung erfahren hat. 
Daß die seither geleistete Arbeit der Regierung in Kassel nicht 
inbebannt geblieben ist und von ihr gewürdigt wird, ging aus den 
Worten des Vertreters der Kegierung, Herrn Assessor Lahmeyer, 
»ervor, der dem für das Knüllgebiet gebildeten Unterausschuß 
vpeitgehende Anterstützung in Aussicht stellte. Nach der allgemeinen 
Aussprache ging man zur Besprechung des Arbeitsplans im 
Finzelnen über. Die Aufgabe, das ganze Knüllgebiet mit einem 
Netz von Herbergen zu überziehen, ist zu gewaltig, um sie mit 
einem Schlage lösen zu Lönnen, zumal die Wohnungsnot vielfach 
ein ernstes Hindernis bildet. Aber so viel muß und wird geschehen, 
daß schon in diesem Jahre an verschiedenen Orten, 3. B. Kabolds- 
»ausen, mit Betten und Gerät ausgestattete Herbergen erstehen 
werden, denen dann mit der Seit immer neue folgen werden. Mit 
diesem praktischen Ergebnis mußte der vorgerückten Seit wegen 
die Verhandlung über diesen Punkt der Tagesordnung abgebrochen 
werden, ohne daß es, wie sehr zu bedauern, möglich gewesen wäre, 
die Bildung von Jugendwandergruppen, wie Homberg eine solche 
besitzt, und die Veranstaltung von Wanderfahrten noch zu behandeln. 
Der Vorsitzende legte zum Schluß den Teilnehmern noch ans Herz, 
jür die „Heimat-Schollen“ zu werben, namentlich in den Zweig— 
hereinen derienigen Kreise. in denen, wie 3. B. in Horsfold. das 
Slatt den Kreisblättern nicht beigelegt wird. Wenn die Tagung 
azu beitrug, die Teilnehmer mit neuer Schaffensfreude zu erfüllen. 
o wurden sie in der Liebe zur Heimat und zu unserm Volkstum 
ioch besonders gestärkt durch die am Nachmittag gebotene vor— 
reffliche Aufführung des prächtigen Schwalmschen Volbsstückes 
Kriegstrauung“. Ueber Inhalt und Spiel gab es nur eine 
Stimme des Lobes und der Anerkennung. 
Wegezeichen. Mit dem Frühling steigt wieder mancher 
Vanderfreund auf einsamen Waldwegen in die Berge. Er läßt 
ich von den Wegezeichen führen, die von den Gebirgs- und Wander- 
ereinen angebracht werden. Bei den heutigen Preisen für Farbe 
jst das ein bostspieliges Unternehmen, das noch bostjspieliger sein 
oürde, wenn nicht einzelne eifrige Mitglieder ihre Seit opferten 
ind mit Farbtopf und Pinsel in den Wäldern uümherliefen. Da 
st es umso bedauerlicher, wenn böswillige Hände die Wegezeichen 
erabreißen oder sonstwie zerstören. Das mußte ich auf einer 
Närzwanderung Homberg — Wallenstein — Raboldshausen feststellen. 
Am Ebig vor Wallenstein haben Bubenhände das frisch angebrachte 
egende Kreuz durch Schläge mit dem Axthelm und mit der Axt- 
hneide auf die dicke Borbe der Kiefernstämme an mehreren 
5tellen entsernt. Mag sich der Kohling seiner Tat gefreut haben; 
inst werden die Schläge auf ihn selbst zurückfallen. Alle Wander⸗ 
reunde aber mögen im Verein mit den Forstleuten, den treuen 
dütern des Waldes, ihr Augenmerk auf solche Serstörungen 
ichten und ihren Urhebern das Handwer! legen. 8. 
Altertumsfunde. Schon in der jüngeren Steinzeit war die 
ilte Marb Berezizun, das Bärenschießen (Allendorf i. Kr. Kirchhain). 
n ihren höheren Teilen besiedelt. Das beweisen mehrere in den letzten 
jahren gemachte Funde. In ihrem nördlichen Teile, der Wüstung 
ẽmsdorf, fand vor einiger Seit der Landwirt Karl Lecher aus 
ẽmsdorf in der hier befindlichen Sandgrube eine Steinaxt, die 
urch Wossels Vormittelung in das Hessische Landesmuseum gelangt 
ein soll. Auch einen Spinnwirtel aus Stein hat man hier gefunden. 
Bei einem Spaziergang im letzten Sommer sah ich dort einen 
chwarzen, glasartigen Stein am Wege liegen. Es war eine drei— 
antig zugehauene Speerspitze aus Obsidian. Die beim Auffinden 
ioch nadelscharfe Spitze ist leider in Länge von 8 mmim abgebrochen. 
Dux. 
Felsberger Festspiele. Am 26. und 21. Februar hatten 
vir die Freude, der schon seit einiger Seit mit Spannung erwarteten 
Aufführung des vaterländischen Festspiels „Im fremden Bann“ 
eizuwohnen. Sie ging bei schönstem Wetter vor sich. Und das 
rhöhte die Feststimmung noch um ein erhebliches, wenn auch nicht 
llein hierin der Grund lag, daß bei den Vorstellungen der Saal 
berfüllt war, der immerhin 500 Menschen faßt. Die mitwirkenden 
felsberger Bürger waren ihrem Spiele nach durch die vorjährige 
Aufführung schon bekannt. Auch dieses neue Festjpiel spielt wieder 
n Felsberg. Der Verfasser, unser hessischer Heimatdichter Georg 
Nohr, führt uns wieder in die traurige und doch so große Seit 
or 100 Jahren. Wieder ging der warme Hauch hessischer und 
eutjcher Heimatliebe von den Künstlern aus, und immer wieder 
außte man den Unterschied spüren zwischen dieser Heimattreue 
ind dem landfremden egoistischen, eitlen und tückischen Wesen der 
remden Unterdrücker. Und beim Vergleich zwischen damals und 
eute packt wohl jeden der gesunde Haß gegen das fremde Wesen. 
Ind eine Freude ist es zu sehen, wie man sich wieder solchen Auf- 
ührungen zuwendet! Die Liebe zu Deutschland muß wieder siegen. 
nd dieser einen Dienst erwiesen zu haben, ist das Verdienst der 
darsteller. Jeder gab sein Bestes, und jedem mag auch der Dank 
on Herzen gekommen jsein, den die Mitwirblenden am Schluß dem 
dichter abstatteten. Der schönste Lohn für sie ist und bleibt der. 
aß die Gedanben, denen sie Ausdruck verliehen, in offene Herzen 
elen. Die beiden Gedanben: In engster Gemeinschaft alle Liebe 
er großen deutschen Heimat, aber den Fremden erbhittertsten Haß 
nit Worten und — Taten! Nur so werden wir denen gerecht, die 
hr Leben gaben für Deutschland. Und Deutschland sind — wir! 
Nan sollte sich überall jetzt jseiner vaterländischen Dichter erinnern: 
Zleist, Heyse. Freitag, Wildenbruch usw. Man sollte überall deren 
Verbe aufführen, wenn auch mit beschränkten Mitteln, so doch mit 
eißem Herzen. AUnsere Künstler wollen der Heimat dienen. 
Vir Felsberger danben den Darstellern aufs herzlichste und hoffen. 
aß sie uns spätestens im Sommer mit der Aufführung eines anderen 
atorlandischen Stückes erfreuen. 
eneee Konrad Berenecker-Melsungen, unter besonderer Mitarbeit von: Kreisschulrat Sch walm-Obergrenzebach und Taubstummen-Lehrer H. K uꝑ pel-Homberg. 
lle Heimatfreunde sind als Mitarbeiter willlommen. — VDerantwortlicher Schrijtleiter:; Paul Woiche-Melsungen. — Alle Suschriften an die „Heimat-Schollen“ sind an 
die Schriftleitung in Melsungen zu richten. Unverwertete Manuskripte werden nur auf Verlangen zurückgesandt. Der Nachdeuück aller Arbeiten mit Namenszeichnung 
ist nur nach Uebereinkunft mit dem Herausgeber gestattet. — Druck und Berlag: A. Bernecker in Melsungen.
	        
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