Srote, Eier und Speck durch die Tänzer bei den Festteilnehmern
jejammelt und in gemeinschaftlichem Mahl verzehrt.
Die Tänze zu Ostern geschehen (nach Kolbe, Hessische Sitten
ind Gebräuche ustw.) zu Ehren des schwertführenden Lichtgotts
Freier sowie der Frigge und Ostara. Dabei wurde der Ostersahs,
zin kurzes, nach der Ostara genanntes Schwert oder Opfermesser,
geschwungen. In diesem Wort Sahs liegt aber ein älterer Begriff
jür eine Waffe. Sahs, lat. saxum, ist der Stein, das Steindeil,
das lange vor den Bronzeschwertern in den verschiedensten, sich
immer mehr vervollkommnenden Formen, vom eingeblemmten Stein—
plitter, vom Stein ohne und mit Surchbohrung, bis zum Kupfer- und
Sronzebeil und der Doppelaxt, die Kriegswasse darstellte und jelbst iĩm
Mittelalter noch gebräuchlich war. Scrama Sax ist die Lanze. Auf
ziner prähistorischen Steinplatte mit eingeritzten Figuren, gesunden in
Norddeutschland, ist ein Tanz vor einem Opferaltar dargestellt, wobei
ine große Sahl Menschen mit erhobener Axt auf den Altar zuschreitet.
Die Tänze fanden alio am Altar gelegentlich einer Feier und Opfer⸗
zandlung statt. Tatsachlich wurden auch die späteren Schwerttänze zu
fastnacht, eigentlich in der langen Nacht der Fos, der Seugungsnacht, an
den alten Opferaltären getanzt. So berichtet der hessische Chronist
Winkelmann in seiner Beschreibung des Hessenlandes III, 38, daß
dis in das 117. Jahrhundert die Leute aus den, den Felsberg im
hessischen Odenwald umgebenden Dörfern zu Fastnacht am Kiesen-
altar zujammenkamen, wo sie sich mit Tanzen, Essen und Trinben
und allerlei Kurzweil belustigten.
Es muß ein eigenartiges Bild gewesen sein, wenn auf dem
Altar die heilige Sohe emporschlug und die im heiligen King
gespenstijch hin und her tanzenden Leiber der Schweritänzer glutrot
beleuchtete, während in der Luft die Schwerter blitzten. Wie
mögen da auch die Augen der Frauen und Männer geblitzt haben,
die dann in seliger Umarmung ein Geschlecht zeugten, dessen vor
nehmste Tugend der Heldenmut war.
Der Schwerttanz war sehr beliebt und der Wertmesser anderer
Länze. So sagte in einem Hexenprozeß vom Jahre 1638 ein
Tnabe aus Willersdorf aus, „die Tänzer hätten gleich wie die
Schwerttãnzer getanzt.“
Bebannt ist die Sage von dem gewaltigen Herrn auf der
nnerhalb von prähistorischen Wällen liegenden frühmittelalterlichen
Surg auf dem Weißenstein an der Lähn oberhäalb Wehrda bei
Marburg, der die Umgegend schwer bedrückte und schließlich bei
rinem bäuerlichen Schwerttanz getötet wurde. Gelegenktlich eines
por oder auf der Burg veranstalfketen Festgelages wollie der Burg-
herr seinen Gästen auch den altgermanischen, oder, besser gesagt,
ilteuropãischen Schwertianz zeigen und ließ die Bauern aus dem
Dorfe Wehrda herbeiholen, die den Tanz vorführen sollten. Diese
Gelegenheit, in Waffen dem gewaltigen Herrn gegenüber zu
tehen, benutzten die jungen Männer, auf ein berabredetes Seichen
iich gegen den Burgherrn zu wenden und ihn niederzumachen.
Als Landgraf Ludwig VI. seine junge Gemahlin, die Prinzessin
Marie Elisabeth von Schleswig-Hoistein 1651 heimholte, führten
die Bauernburschen auf dem Felde bei Lollar vor dem hohen
Paare den Schwoerttanz auf.
Was sind gegen solche Tänze, bei dencen die ganze Wildheit
uind Gewandtheit zum Durchbruch bam, die Ländler, Polkas,
Walzer, KBheinländer, Menuetts, von den modernen Tänzen gar
aicht zu reden. Sie stammen faft restlos aus dem Ausland, und
iber auch danach, es sind Machwerbe und Umformungen von
Tänzen, die viel originaler und deshalb eindrucksvoller sind. Wir
aben unser Volkstum systematisch einer fremden Kultur geopfert.
Aber wie freuen uns, wenn uns wenigstens noch ein fremdes, von
der Kultur wenig belecktes Volk seinen Tanz vorführen Lann, bei
dem Rhythmus, Haltung und Pose, ein Mitwirben der Musikanten
elbst bei einer jür unsern Begriff primitiven Musit von hinreißender
Wirkung sind, wo die Natur aufgewühlt wird, wo man mitten
unter die Tänzer springen möchte, um sein ganzes Fühlen und Tun
in diesen Tanz zu legen. Solch ein Tanz war der Schwerttanz.
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Die „Rewelligon“ in Willershausen.
März 1848.
VHDon Ludwig Heinlein, Sondheim.
Das tolle Jahr, wie man das Jahr 1848 noch heute nennt,
zing spurlos an den bleinen, nahe der thüringischen Grenze
gelegenen Ringgaudörfchen vorüber. Man vernahm wohl dumpfe
Serũchte aus den Grenzländern Thüringen und Preußen, aber von
den wirblichen Welthändeln hörte man nichts, da es damals für
den gewöhnlichen Bürger Seitungen noch nicht gab. Der adlige
Herr v. K. las wohl die Casseler Seitung, doch deren Inhaͤlt
ehielt er für sich. Seine dienstbaren Arbeiter, sog. Sehnischnitter,
aten unbekümmert um alles, was draußen vorging, nach wie vor
hre Fronarbeit für fünf Silbergroschen den Tag. Sie Saueen., vier
Nerde⸗, drei Ochsen und einige Kuhbauern, kümmerten sich ebenso—
oenig um die Tagesereignisjje wie die Tagelöhner. Letztere hatten
rotß ihrer geringen Entlohnung ihr Auskommen. Neben den je
wolf Tagelohnern auf den zwei Gütern mußten Frauen und Kinder
ait zugreifen, wenn es nötig war. Sie wurden entsjprechend den
Nännerlöhnen mit bleinen Beträgen entschädigt. In der Ernte
außte alles heran, da wurde auch besser bezahlt.
Alle Halmfrüũchte, außer Hafer, wurden noch mit der Sichel
eschnitten, Hafer mit dem Hafergestell, eine Sense mit ent—
ꝛrechender Vorrichtung zum Abnehmen der abgemähten Halme.
Joggen blieb wochenlang in Haufen auf dem Felde stehen, um
achzureifen. Wenn dann später gebunden und eingefahren wurde,
iußte jung und alt zur Stelle sein. Die jedesmalige fünfzehnte
zarbe gehörte als Lohn den Schnittern, früher die zehnte Garbe,
aher Sehntschnitter. Dieser Sehnten wurde in die Sehntscheuer
efahren, im Winter gedroschen und Körner wie auch Stroh
erteilt. Beim Dreschen trugs den Dreschern die 16. Metze gestrichen
oll als Sahlung ein. Neben diesen Deputaten hatte jeder Schniiter
och freies Kartoffel- und Krautland, auch ein Stück Gräserei, von
elchem man eine auch zwei Siegen ernähren bonnte, vieifach auch
ine Kuh, Holzfuhren frei, ebenso Düngung. Am Schluß der
ernte wurde der letzte Wagen mit Blumen und Kränzen geschmückt
ind im Herrenhaus das Lied „Nun danket alle Gott“ gesungen, und
ie Sänger, gewöhnlich die Schuljugend, wurden mit Kuchen und
zier beschenkt, jeder Schnitter, Mann, Frau und Kind, bekam ein
tũck Fleisch, einen Kuchen und eine Flasche selbstgebrannten Schnaps.
Abends war in der Gesindestube Festessen mit Bier und Branntwein.
Jancher ging dann in krummen Linien in seine Wohnung. Der folgende
ag war arbeitsfrei und Nachfeier im Wirtshaus. Man haͤtte sein
Ausbommen, lebte aus der Hand zum Munde und war zufrieden. Für
ie Brotgeber, Landgraf zu Herleshausen und Baron von Kutzleben,
ing man durchs Feuer. Ganz ähnliche Verhältnisse bestanden zwischen
en grõßeren Besitzern, Pferdebauern und ihren Arbeitsleuten. ( Heute
ibt's bLeine größeren Besitzer mehr, außer dem Landgrafen Clodwig
ind Herrn von Milchling-Hohenhaus, die Besitzer haben ihr Besitztum
n die beiden genannten Herren verbauft.)
Aber Sehntschnitter gibt's auch nicht mehr. jetzt wird auch nur
woch nach Stundenlohn bezahlt.
Vor zwei Jahren besuchte ich als Einundachtzigjähriger meine
heimat noch einmal, fand jedoch alles anders. Es war die alle Heimat
och, dieselbe Lust, dieselben Lieder, und alles war ein andres doch.
Armut wie in dem Hungerjahr 18407 gibts nicht mehr. In jenem Jahr
ourden die Kinder der Armen von den Wohlhabenden tagtäglich
espeist und getrãnkt, bis auf einmal vom Landesfürsten Brot verkeilt
hurde. Da hatte die MNot ein plötzliches Ende, es gab wohlfeile Seit.
Nach den bisherigen Ausführungen kann man wohl baum
lauben, daß in dem kleinen Kinggaudörfchen eine Revpoite aus-
rechen kbönne. Ich sagte oben schon, daß nur dunkle Gerũchte zu
ins Lamen. Was bebannt wurde, stammte von dem alten VDater
Koth, dem Briefträger aus Netra, der wöchentlich ein- auch zwei—
nal unser Dorf berührte. „Na, Dater Roth, was gibt's Neues?“
— „Ach, dei liebe King, es sit bis us in der Welt, in Berlin hon
den Kenig furtgejoagt“ (gemeint war Prinz Wilhelm, der spätere
eutsche Kaijer), „des Pfloster uffgeressen, Borrekaden gebowet, on
es Sigghus geplengert (Seughaus geplũndert), in Ijenach sall
iu alles dronger on drewwer gih. Eh mer ons versehn. hon me
es Onglick au in Kurhessen.“
Ja, wer sollte denn wohl hier in Willershausen so etwas
nstellen, daß es drunter und drüber ging? Es dauerte in der Tat
licht lange, da murmelte man verschwiegen, es bönnte auch hier
ald was passieren; es trieben sich so drei arbeitsscheue Kerls herum,
on einem Wirtshaus ins andere. Ein ehemaliger burhejssischer
ßarde du corps, Christoph Hänsch, ein Müßenmacher oder
dappenschneider, Johannes Gerlach, und ein aus dem Herzogtum
botha zugewanderter Dienstenecht, Georg Haupt, Schützengörg,
paren die Revoluzzer. Meines VDaters Wirtshaus war ihnen
erschlossen, da zogen sie in das andere zu Kätterchen. Johannes
serlach betrieb schon Jagd ohne Jagdschein. An einem Montag
m MWärz 1848 kbam er frühmorgens in unser Haus, mein Vater
var im Garten beschäftigt. „Minchen, gib mir ein Kännchen“,
has meine Mutter auch anstandslos taft. Nachdem er einen bräftigen
zug getan hatte, erblärte er: „Hit gits los, bezahlt werd nijcht
nehr!“ und schon wollte er nach dem noch halbgefüllten Schnaps—
las greifen, doch meine Mutter war flinber als er, nahm das
las und schüttete dem Säufer den Rest ins Gesicht, er leckte den
dart. der mit dem edlen Naß befeuchtet war, und nahm, als
Nutter mit einer hinter dem Ahrbasten liegenden Rute ihn prügelte,
aß es eine Art hatte, eine drohende Haltung an. In demselben
Augenblick kam mein Dater, ein handfester Mann, aus dem
zarten und übersah schnell die Sachlage. Ohne weiteres Verhör
aachte er durch ein summarisches DVerfahren der Sache ein Ende: