Oor Jahrhunderten trug der Berggipfel die Burg der Grafen
bon Bilstein, die zu den mächtigsten Geschlechtern Hessens gehörten
und schon im 10. Jahrhundert genannt werden. Viele NAdlige
Hessens und Thüringens waren ihnen lehenspflichtig. Die Bilsteiner
waren mit dem Amt der Gaugrafen der Germaramark betraut
Als solche hatten sie im Krieg auch den Heerbann zu führen.
An den furchtbaren Kämpfen, die Kaiser Heinrich JV. mit dem
sächsischen Grafen Otto von Nordheim ausfocht, war auch ein Graf
Kädiger von Bilstein beteiligt. Er zog mit einem Heere gegen
Otto, wurde aber von diesem im Jahre 1070 bei der Stadt
Esjchwege vernichtend geschlagen.
Die einst so mächligen, aber allzu freigebigen BSilsteiner, die
oiele ihrer Güter an ein benachbartes, von ihnen gegründetes
Kloster“) verjchenkten, verarmten zuletzt derart, daß der Bäcker des
nahegelegenen Städtchens Allendorf a. d. Werra dem Grafen ohne
sofortige Bezahlung bein Brot mehr liefern wollte, wie eine alte
Urkunde besagt. — Die ehemaligen Gaugrafen waren schließlich
zu Kaubrittern herabgesunken, gegen die, wie gegen viele andere,
Kaiser Kudolf von Habsburg den Landgraäfen Albrecht don
Thũüringen aussandte, um den Landfrieden wiederherzustellen. Der
Landgraf eroberte im Jahre 1201 die Burg Bilstein. Aus dieser
Zeit mag die Sage stammen, die sich an den Burgsitz knüpft.
Feinde belagerten lange das Schloß, ohne daß es gelungen
wäre, den Bilsteiner zur Übergabe zu zwingen. Die Eingeschlossenen
zeigten sich auf der Burgmauer und waren guter Dinge, verhöhnten
die Bedränger und schienen an Nahrungsmitteln beinen Mangel
zu leiden, was den Belagerern jseltsam erschien. — Am Fuß des
Burgberges lag eine Mähle, die Höllenmühle genannt, deren
Kad von der forellenreichen Berka gedreht wurde. Der Müller
ging mit den Seinen ungehindert ein und aus in seinem Besitztum.
Der Feind nahm die Mühle nun unter scharfe Bewachung. Da
entdeckte man eines Tages, daß von einem im Garften gelegenen
Keller aus zur Burg ein unterirdischer Gang hinauf führte. Durch
diesen hatte der treue Müller seinen Herrn und die übrigen
Bewohner des Schlosses mit Speise und Trank versorgt. Der
Auf Hein
Im Stadtwald Melsungen.
Es war am vierten Adventsonntag, der in der Geschäjftswelt
als „der goldene Sonntag“ beliebt und geschätzt ist. Auch ohne
Nützlichkeitsapostel mit einem ledernen Herzbeutel voller Sahlen
zu sein, darf man diesen Sonntaa als einen goldenen gelten lassen.
Fallen auf ihn als
den letßten Sonntag
bor Weihnachten doch
schon die Strahlen
des Lichtgoldes, das
ʒum Christfest am
Weihnachtsbaum er—
blüht. Beglückende
Weihnachtsstimmung
füllt schon die Stuben
und geht auf den
Gassen um, wo weih⸗
nachtsfrohe Bliche,
hinter denen liebe
Geheimnisse stecken,
sich glückhaft be—
gegnen und grüßen.
Heuer hat der
goldene Sonntag, der
uns in früheren Jahren
schon gern mit einem
tũchtigen Fuder Schnee
aufwartete, ein fast
frühlinghaftes Aus-
sehen. Die Luft ist so
lind und lenzlich, als
wollte sie Schneeglöck⸗
chen und Veilchen aus .
der Erde locken. Uns lockt sie aus der Stadt hinaus, ũber die glitzernden
Fuldawellen, die wie feine, blanke Rillen ũber den Flußspiegel laufen.
Die Wege zum Lindenberg hinaus sind fein trocken und säuberlich
vie im Sommer. Aber Haus „Lindenlust“ hat im Erdgeschoß die
Fensterläden geschlossen und liegt wie im Dornröschenschlaf. Der
Waid steht kahl und grau ums farbenfrohe Haus. Das stumpfe
Grün der Föhren belebt das Waldbild kaum. Nun läuft der Pfad an
* Germerode. Kreis Eschwege.
NAach
Hetreue ward getötet, und bei den Belagerten hielt bald der
Hunger Einzug.
Der Bissteiner jedoch wollte seinem Gegner nicht lebend in
ie Hände fallen. Er zog den Tod der ÜUbergabe vor. Ein mit
ier Pferden bespannsfer Wagen wurde auf die Burgmauer
eschafft. Der Graf mit seiner Gemahlin und seiner einzigen
Tochter bestieg das Gefährt. Dann ergriff er die Sügel, trieb
zie vor dem Abgrund zurückbäumenden Tiere an, und der Wagen
auste mit seinen Insassen in die Tiefe. So endete der Sage nach
der letzte Bilsteiner.
Von der Burg jselbst ist noch heute ein Mauerrest von etwa
0 Meter Höhe vorhanden, auch Teile von Grundmauern sind noch
ichtbar. Von einer kreisförmigen VDertiefung inmitten des alten
Burghofs, in der allerlei Gesträuch emporgrünt, weiß man nicht
nehr, ob sie ein Wasserbehälter, ein Verlies oder der Eingang
u jenem verborgenen Gang war, von dem die schaurige Sage
erichtet.
Nach dem Tode des letzten Grafen von Bilstein fielen seine
Zesitzungen an den Landgrafen von Hessen. Die hl. Elisabeth,
dandgräfin von Hessen, weilte auch einst als Gast auf dem Bilstein.
ẽks ist noch eine Urkunde erhalten, die sie auf dem Grafenschloß
russtellte und eigenhãndig unterschrieb. — Im Jahre 1594 wurde
die früher so stolz in die Lande ragende Burg wegen Bau—
älligkeit abgetragen.
Da, wo sich einst streitbare Ritter in frohen Kampfspielen
ummelten, wo Waffenlärm erblang, wenn die Grafen mit ihren
Mannen zu Gejaid und Fehde auszogen, herrscht jeßt das Schweigen
er Einsambeit. Nur die Waldbäume rauschen, allerlei Gevögel
stet und singt da oben, und zuweilen dringt vom Sträßchen im
dõllental herauf das Rasseln eines gemächlich vorbeifahrenden
Vagens. Wilde Rosen und allerlei Feldblumen blühen im früheren
Zurghof. Blaue Schlehen leuchten von dunkbelgrünen Büschen.
die alte Burgmauer aber blickt sinnend auf ihre so anders
ewordene Umwelt, träumt von alten Seiten und denkt nach über
ie Vergänglichkeit irdischer Größe.
atwegen.
J
oher Fichtenwand entlang zum Buchenwald hinauf. Die Buchen-
ronen warfen schon all ihr Laub zu Boden und sehnen sich nach
Schnee. Die Tannendickung nimmt uns auf. Sie trägt auf braunen
Stämmen ihr dichtes Nadeldach. Kein Laut durchtönt den Wald.
Die Hohe ist erreicht. Eine Schonung gibt den Blick zur
Ferne frei. Die liegt verschleiert. Nur in der Richtung Günsterode
heben sich die dunklen
Höhen vom fahlen
Winterhimmel ab. Um
uns trägt bnieehohes
Eichgestrüpp noch all
ein Laub in braftigem
Braun. Der Pfad
neigt sich zur Tiefe.
Hinter bahlen, Lnor-
eigen Eichen hervor
grüßt die Räckseite
eines langgestreckten
Baues, der hier oben
330 Meter über dem
Moecresspiegel in einer
Einsatlelung zwischen
‚wei Kuppen liegt.
Es ist die „Heilstätte
Stadtwald für lungen-
ranke Eisenbahnbe-
dienstete der deutschen
Keichsbahn“. Wir
umschreiten den lang-
gestreckten Bau, an
dessen Flanken braun⸗
tämmige, schlanke
Föhren ihre brausen
Wipfelschöpfe schau⸗
eln. Das Pfieffetal und alle Höhen jenseits sind von winterlichem
duft und Nebeldunst verhüllt. Wir treten ein. Kohlestiftzeichnungen
on Baluschek mit Darstellungen aus dem Leben der Eisenbahner
chmũcken die Wände des Treppenhauses und deuten an, wem diese
Stätte des Segens dient.
Die Heilstätte Stadtwald wurde 1903 von der Pensionsbasse
ür die Arbeiter der PreußischHessischen Eisenbahngemeinschaft
errichtet. Der ärztliche und wirtschaftliche Betrieb liegt seitdem
einer Photographie von Carl Thöricht, Hann.Münden.