ebenjo starken Abteilung kölnischer Entsatzteuppen zusammentraf.
An einen Entsatz war bej der Übermacht der Belagerer nicht zu
denken, die neuen Truppen suchten deshalb mit Geschuütz die Unter⸗
aehmungen der Eingeschlossenen zu unterstüthen und sie dann und
wann mit Proviant zu versehen. Mit der Besahtzung verständigten
sie sich durch in Geschosse eingeschlossene Briefkapseln, die sie aus
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——
dec.
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Abb. 4
hrer „Muserei“ (älteste Bezeichnung für Mörser und grobe
Stũcke) verschossen.
Karl der Kühne bot alles auf, um die Belagerten zur Über⸗
Jabe zu zwingen, doch zeigten sich diese unũüberwindlich. Vom
9. Juli 1474 bis zum 17. Juni 1415 schlugen sie nicht weniger als
56 Stürme ab. Suletzt war die BSélagerung in eine regelmäßige
Hungerblockade umgewandelt
worden. 11 Türme waren
niedergejschossen, 800 Häuser
durch Feuer zerstört, ein Arm
des Rheins war abgedämmt,
eine Insel im Rhein vom
Feind besetzt, die kleinen Flũsse
abgeleitet und alle Lebensmittel
aufgezehrt. Der ganze Salz-
borrat war zu Ende und nur
Pferdefleijsch noch vorhanden.
Dennoch war der Mut nicht
gebrochen. Karl soll sich ver—
schworen haben, ehe er von
Reuß abziehe, müsse von vier
Dingen eins geschehen sein,
entweder müsse die Stadt er—
obert sein, dieselbe sich freiwillig
übergeben oder das Reichs-
heer ihn vertreiben oder er
den Tod gefunden haben. Mehr
als 10 Monate lang soll er
eine Kleider nicht gewechselt
haben, da er unausgesetzt in
Tätigkeit war. Welch ein gewalttätiger Mensch der Herzog war,
zrhelit daraus, daß er nach der Erstürmung von Lüttich 1468
10000 bis 30000 Menschen hinmorden ließ.
Endlich, am 23. Mai 1475, traf das 48 000 Mann starke Reichs⸗
heer vor Reuß ein. Albrecht Achilles, Markgraf von Branden-
urg, und andere Keichsfürsten wollten unter allen Umständen den
Herzog angreifen, doch der übervorsichtige Kaiser verhandelte
Abb. 7
»eimlich mit dem Herzog und ersparte ihm so eine gewisse und
chimpfliche Niederlage, nachdem dieser an einem Tage noch die
gewaltigsten Anstrengungen zur Eroberung gemacht und neunmal
atte stüurmen lassen. In einem Vertrag verpflichtete sich der Herzog,
den Boden des Erzzstifts alsbald zu verlassen und Ruprecht nicht
nehr zu unterstüßen. Bei den vielen Stürmen hatte er schwer
Haare lassen mũssen. 15000 Mann hatten vor der Stadt den Tod
gefunden.
Nachdem der Herzog abgezogen war, öffnete die Stadt ihre
Tore, und die Besatzung konnte, des Bistums Verweser Hermann
an —A herausziehen, vom KReichsheer mit großem Jubel
begrüßt.
Abb. 6
Nach seinem Abzug von Neuß wandte sich Karl gegen die
S5chweizer und Lothringer, die jsein Land bedrohten. Es gelang
hm durch einen Frieden mit Frankreich, gegen diese freie Hand zu
ekommen. Mit 40000 Mann überjfiel er Lothringen und eroberte
s, 1416 drang er über den Jura in die Schweiz und erstürmte
Hranson, wo er aber bald von 20000 Schweizern geschlagen
vurde. Karl kehrte mit bo ooo Mann zurũck und belagerte Murten,
wo er völlig geschlagen wurde. Als dann der Herzog von
Lothringen in sein Land einfiel, drang er im Herbst desselben
Jahres gegen diesen vor und belagertke Nanch, wo er im Januar
Abb. 5
477 geschlagen und auf der Flucht getötet wurde. Seine Erbtochter
Marie war mit Maximilian von Habsburg vermählt und brachte
Burgund den Habsburgern zu.
Neuß ist ein Kuhmesblait hessischer Tapferkeit. Ein schwaches
Hãuflein todesmutiger Krieger ließ die beste Kraft des bis dahin
unbewältigten Burgundenherzogs Karl, der vielfach als der
Schöpfer stehender Heere ge⸗
feierf wird und über eine
ganz vortreffliche Kriegsmacht,
namentlich in Artillerie, worin
er ein Neuerer war, verfügte,
an seinem Widerstand zer—
schellen.
Mit Recht fragt Pfister
in einem Aufsatz im Hessen-
and 1881, 6. 238, ũber belagerte
Hessen: „Warum wird immer
bloß Murtens gedacht? KRömer
und Griechen hätten ein Kingen
wie um Neuß in unsterblichen
Liedern besungen.“ Das Be—
wußtsein, ihre Pflicht getan
und dem Recht zum Siege
berholfen zu haben, genügte
ihnen. So bewahrten sie
ihren alten Kuf als Kämpfer
und Rechtskämpfer. (Nach
Guido von List heißt Katte
Kämpfer und Hesse Rechts-
Lämpfer.)
Abb. 1 gibt eins der im Arrilleriepark Philipps des
Hroßmũtigen befindlich gewejenen Geschützrohre wieder, die man
ils Steinbüchse ansprechen kLann. Sie war für die nach dem
dorbild Karls des Kühnen genannte burgundische Lafette bestimmt.
Abb. 2 und 3 zeigen eine Bombarde und ein Kammerstück aus der
Schlacht bei Granson, beide im Lausanner Museum, Abb. Aund5
eine Bombarde Karls aus der Schlacht bei Murten sowie 2 bleine
Schweizer Bombarden von hohem Alter, wie sie die Schweizer
in dieser Schlacht verwendeken. Auf Abb. 6 und Jusehen wir
? Artilleriestũcke Karls aus der
Schlacht bei Nanch, das eine im
Serliner Seughaus, das andere
zu Neuenburg. Abb. 8 zeigt eine
zleichzeitige geschmiedete Bom—
darde aus dem städt. historijchen
Museum zu Frankfurt a. M.
Abb. 8
Der Bilstein im Höllental.
OHDon Helene Brehn
Eine Strecke oberhalb des an der Werra gelegenen bebannten
Zades Sooden mündet in das Werratal von Westen her ein
zeitentãlchen ein. Es ist das liebliche, von bewaldeten Höhen
egrenzte Höllental. Es hieß vor Seiten Hollental, nach der alt
eutjchen Göttin Frau Hulda, die in dunbler Vorzeit hier und in
zer Umgegend verehrt wurde. An der engsten Stelle des Tales
teigt über dem schmalen Sträßchen, das sich hindurchwindet, steil
in Fels empor, zu dem man jedoch jetzt auf bequemem Waldpfad
elangen kann. Es ist der Bilstein, von dem aus sich ein hübscher
Ausblick ins Tal und seine Umgebung bietet.