Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

21. Wenden, Wüstung. über Munderischhausen (Mündershausen) bgehaltene Gottesdienst, in welchem die Predigten vorgelesen 
gelegen, wahescheinlich im Wendegrunde — erhielten die von vurden. fand in jeder Gemeinde, mithin auch in Eubach, statt. 
Kotenbergk di. J. 1316 als hessisches Lehen. Nun hatten die Kirchengemeinden Altmorschen und Eubach — 
In dem Schlußbapitel zu seinem Buch „Wüste Ortschaften in 8 war wohl im Herbst 1854 — gemeinsam beschlossen, am ersten 
hessen“ spricht der Verfasser (Sandau) die Meinung aus, daß die Christiag einen Gottesdienst bei Beleuchtung mit Kerzen abzuhaiten 
berwüsteten Orte und Wohnstätten meist vor dem Zojährigen Kriege ind zwar in der Klosterbirche der Domänge Haydau. Der damalige 
uind nicht während desselben entstanden seien. Denn dus den Rarrer D. Blackert mochte wohl die Triebfeder dieser Oeranstaltung 
Oetsverzeichnissen vor und nach diesem langjährigen Kriege gehe ein. Es wurden, da beine Beleuchtungs-Einrichtung in der Kirche 
yervor, daß nur wenige Dörfer nachher fehiten, wenn auch in den vorhanden war, an den Emporen usw. eiserne Armleuchter zur 
Ortschaften, die geblieben seien, viele Aufnahme von Kerzen angebracht und 
Sebäude niedergebrannt wurden. Die Talglichte darin befestigt. — Der 
WMüstungen hätten ihren Grund in den Weihnachts-Gottesdienst war gegen 
pielen Fehden des Mittelalters. Denn sechs Uhr morgens am „Ersten Christ- 
in diesen Fehden war die größtwmöglichste tag“, wie man damals in der lieben 
Oorwüstung des feindlichen Gebietes Heimat die Weihnachten benannte, 
fast die Hauptsache der Bebämpfung. anberaumt. Die Kirchenbesucher von 
Vie Bewohner der in den Fehde— Eubach mußten den halbstündigen Weg 
lämpfen zerstörten Ortschaften zogen zur Schloßbirche um einhalb sechs Uhr 
dder flüchteten in Orte, die ihnen antreten. 
einige Sicherheit boten, und blieben Es war eine sternenhelle Nacht. 
daselbst, statt umzukehren und ihre Beim Eintreffen in Altmorschen sang 
Heimstätten wieder aufzubauen. Die die Jugend der Kirchengemeinde Eubach 
Städte, die im Mittelalter, meist im den Choral „Wie schön leuchtet der 
12. und 13. Jahrhundert, gegründet Morgenstern“, und dann ging es mit 
und mit Mauern umgeben wurden, den sich anschließenden Kirchgängern 
hildeten die Sufluchtsstätte der durch »on Altmorschen zur Klosterkirche. 
Kaubereien und Plünderungen geäng⸗ Es war eine hehre Feier, welche die 
stteten Landbewohner. Die Flüchtlinge beiden Schwestergemeinden in dem 
ließen sich dann an anderen Plätzen ehemals zu einem Kloster gehörigen 
nieder und die WMüstungen blieben gewolbten Gotteshause zusammenführte. 
perödet liegen. Nicht selten geschah Erst die dunklie Nacht und dann die 
die ÜÄbersiedelung auch nach und nach, hellerleuchtete Kirche mit Oergelspiel 
o daß ein Dorf nur allmählig ver— und Gesang, das machte auf die Be— 
chwand. wie 3. B. bei Breitungen. ucher dieses Frühgottesdienstes einen 
Die Folgen waren aber dieselben, mit iefen Eindruck umsomehr, als damals 
den Bewohnern der Dörfer gingen bei solcher Beleuchtung in der Kirche 
auch die Feldmarken in die Städte eine Feier des Christfestes etwas ganz 
über. Hin und wieder dauerten auch Neues war. Der Gottesdienst ging 
die alten Dorfgemeinden in der Stadt zu Ende, und im Morgengrauen kehrten 
fort, z3. B. in Sierenberg. Darin liegt die Besucher dieser seltenen Feier nach 
der Hauptgrund der zahlreichen wüsten ihren Wohnstätten, wo dann die Christ- 
Ortschaften um die Städte herum. bescherung in den Familien für Kinder 
Andere Gründe haben mitgesprochen, und Paten standfand. 
wie hohe Abgaben an Gutsherren und Im Jahre 1866 hat mein lieber 
Klöster, schlechte Bodenverhältnisse und Geburtsort Eubach eine neue Kirche 
geringe Ernten, zuweilen auch voer— erhalten und wird in dieser seit jener 
heerende Krankheiten oder großer Seit, gleich wie in den Kirchen zu 
Schaden durch Wildfraß in waldreichen Ait- und Neumorschen, vom Pfarrer zu 
und gebirgigen Gegenden. Die verlassenen und zerstörten Ort- Altmorschen Gottesdienst abgehalten. 
chaften in solchen Gegenden wurden zu Trieschen, oder es wurde Die neue Eubacher Kirche aber erinnert mich, so oft ich sie 
Wald angepflanzt. sehe. an den Sänger und Dichter des schönen Liedes: 
MeihnachtsFrühgottesdienst 
vor siebzig Jahren. 
Von Rechnungsrat J. Wagner-Hanau. 
VDon einem zweiundachtzigjährigen Landsmann, gebürtig aus 
Eubach, wohnhaft zu Hanau, geht uͤns folgende Jugenderinnerung zu, 
die zeigen mag, wie sich die Weihnachtsgotteodienste bei Kerzemicht 
die Cheristmetten aus bleinen Anfängen entwickelt haben, und wie 
olche Jugendeindrücke unverlierbar im Gedächtnis haften. Schriftltg. 
Die Kirchengemeinden Altmorschen. Neumorschen und Eubach 
ehören, wie vor siebzig Jahren so noch heute, zu einem Kirchspiel. 
Sis zu den sechziger Jahren wurde nur in Alt- und Neumorschen 
Pfare· Gottesdienst abgehalten; die Kirchengemeinde Eubach nahm 
in dem Pfarrgottesdienst zu Altmorschen teil und mußten die 
Fubacher den Weq dahin zu Fuß machen. — Nur der vom Lehrer 
Auf Hein 
Spinnstube. 
Eine Erinnerung von Helene Brehm, Rinteln. 
Es wird jetzt jo viel ũüber Heimatschutz, Heimatpflege, Heimat- 
bunst geschrieben. Man ist boemüht (durch historische Fest zũge und 
Festspiele) den Heimatsinn und die Liebe zur Heimat zu wecken 
und zu erhalten. Man gründet Vereine zur Erhaltung der alien 
VDolkstrachten, ja man setzt Belohnungen äus für diejenigen. welche 
gewillt sind, sich durch Barzahlungen zum Tragen der Vorväter— 
Ein Kirchlein steht im Blauen, 
Auf steiler Berges-Höh. 
Und mir wird beim Beschauen 
Des Kirchleins wohl und weh. 
ODerõdet steht es droben. 
Ein Denbmal fruüher Seit. 
Dom Worgenrot gewoben 
Wird ihm sein Sonntagskleid. — 
Und wenn die Glocken blingen 
Im frischen Morgenhauch — 
Dann regt mit zarten Schwingen 
Sich dort ein Glöcklein auch — 
Ein Glocklein auch — 
ß 
afweqen. 
leidung bewegen und sich ihren historischen Sinn auf diese Weise 
tärken zu lassen. Es werden Abhandlungen geschrieben über die 
Baugrt und Einrichtung der Wohnhäuser unserer Vorfahren, und 
ei Neubauten sucht man den alten Baustil wieder zum Leben 
u erwecken. Man sammelt Volkslieder, Spiele und Sagen, um 
ie bkommenden Geschlechtern zu überliefern. 
Und doch — alle diese der Anterstützung und Anerkennung 
perten Mühen und Bestrebungen werden es nicht fertig bringen, 
herall neues Leben aus Ruinen erblũühen zu lassen. Su viel des
	        
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