freute sich, daß sein Herz so innig ernster Beschäftigung
mit der Gottesgelahrtheit zugetan sei.
Droben war, als wir aus dem Walde heraus auf die
Plattform des Berges traten, Spiel und Keigen im Gang
und alles voll lauter Freude und Fröhlichkeit. War auch reich-
lich für Trank und Speise gesorgt und wurde ihnen fleißig
zugesprochen, denn des Weges Beschwerden und das Herum⸗
schwingen im Tanz machen hungrig und durstig. Heitere
Lieder aber und klingende Musik scheuchen Betrübnis und
Harm — so war es schon zu Sauli Seiten, als ihm David
die Harfe schlagen mußte. Kam auch über uns bald der
Geist der Lustigkeit, stimmten mit ein in das Echo der
Sänger und war auch bald mein Johann Friedrich in den
Kreis der Tanzenden getreten. And nach burzer Frist war
auch Jungfrau Elisabeth an unserer Seite, und wie wir
hinjchauen, ist sie auch im Suge, und an ihrer Seite schreitet
Johann Friedrich. Sagt da Ehrwürden: „Euer Sohn ist
ein stattlicher Bursche geworden. Noch ein paar Jahre,
und er hat Pfarre und Auslbommen, denn die Sahl der
Theologiebeflissenen hat sich merklich vermindert.“ Und als
sie wiederum bei uns vorbeikamen, sprach Frau Margarethe:
„Ein schönes Paar, die scheinen wirblich für einander
geschaffen zu sein.“
Schaute ich da auch schärfer hin und erbannte deutlich,
daß Frau Margarethe recht hatte. War fürwahr ein schönes
Paar und schienen wie geschaffen für einander. Johann
Friedrich, der einen halben Kopf größer war, blickte ihr
aur fortwährend in die Augen, die an Farbe dunkbelblauen
Kornblumen glichen, und sie, die Jungfrau Elisabeth, schaute
nur aufwärts in sein Angesicht, als ob es da wunders was
zu sehen gäbe. Waren ihre rosenroten Lippen leicht geöffnet,
daß man das Weiße ihrer Sähne durchschimmern sah, und
ihr hellblonder Sopf mit blauer Schleife hüpfte im Gleich—
schritt mit ihren Bewegungen auf ihrem Rücken auf und
nieder. Da war deutlich zu sehen, daß das Pflänzlein
Liebe in ihren Herzen zum starben Baum herangewachsen
war und fürderhin auch, daß sie jelbst noch nicht recht
wußten, wie es eigentlich um sie stand. Mich aber überlief
es heiß und kalt bei dieser Wahrnehmung. War doch mein
Johann Friedrich noch ein simpler Kandidatus der Theologie,
und wußte ich doch wiederum, daß Meister Wigand seine
Tochter nicht so bald einem zum Eheweib geben würde, der
nichts weiter besaß, als das, was er gelernt hatte, und der
mit irdischen Gütern durchaus nicht gesegnet war.
Saß ich da in Verlegenheit und wußte nichts weiter zu
antworten: „Ach was! Alltes Sprichwort lautet: Erst die
Pfarre, dann die Quarre,“ und mag ich dabei wohl Lein
gescheites Gesicht gemacht haben, denn Frau Margarethe
lachte hell auf: „Kommt Seit, kommt Kat, lieber Präzeptor.
UÜbrigens wollen wir auch darin unsern lieben Herrgott
walten lassen. Er wird alles zum Besten behren.“
Ging mir doch die Geschichte im Kopfe herum und war
ich selbigen Tages nicht wieder froh. Mahnete auch zum
Aufbruch, sodaß wir zu Sonnenuntergang wieder in unserer
Behausung waren. Ließ mich zu beinem aus darüber,
was in meinen Gedanben vorging, und mag wohl bis zu
dem Tage, da Jungfrau Elisabeth wieder heimfuhr, öfter
den Meinen als ein mürrischer, unwirscher Hausherr erschienen
sein. Wußte es aber zu verhüten, daß die Beiden in diesen
Tagen wieder allein zusammenkamen, kauchte öfters ganz
unerwartet bei ihnen auf, entführte einmal den Johannes
Friedrich, dann wieder die Elisabeth, bümmerte mich nicht
um das Grollen des einen, noch um das Schmollen der
andern und achtete auch nicht auf die fragenden Blicke
neiner viellieben Ehefrau, der mein Gebahren, wie sie sagte,
twas wunderlich vorbam.
Endlich war die Elisabeth heimgefahren, und mein
ohann Friedrich saß wieder über seinen Büchern. Ob er
ieser Tage viel gelernt hat, daran möchte ich Sweifel
egen. Traf ihn wenigstens, daß er das neue Tostament
erbehrt vor sich liegen hatte und doch, den Kopf in die
Arme gestützt, eifrig die Bergpredigt studierte. Fand auch
inmal einen Bogen Papier, auf dem stand nichts weiter
jejchrieben als in deutschen, lateinischen, griechischen und
inderen Lettern, blein und groß, verschnörkelt und verzieret:
flisabeth. War mir darum ein Trost, daß Herr von
Vangenheim auf Winterstein meinen Sohn zum Hofmeister
ür seinen Sohn begehrte. Dieser, Friedrich August, sollte
ine Keise nach München und Wien machen, und sollten
ie gegen das heilige Weihnachtsfest wieder in der Heimat
intreffen; statteten wir unsern Johann Friedrich aus, so gut
s ging, befahlen ihn der Obhut Gottes, und hoßfte ich,
aß das Schauen fremder Städte und Menschen seinen
Sinn auf andere Gedanben bringen würde.
Am Mittwoch vor dem St. Nibolaustage war eine
Zonferenz der Lehrer nach Stadt Schmalkalden aus—
eschrieben und machte ich mich schon früh mit unserem
Zantor dahin auf. War selbigen Tages, das war am Aten
es Monates Dezember, der Herrscheklasmarkt und bauften
vir noch einiges für die Unsern ein. Als wir spät abends
en Kirchberg hinaufstiegen, höre ich lautes Gespräch in
nserer Stube, und auf dem Ern erbkannte ich Johann
friedrichs Stimme. O, das war mir eine helle Weihnachts-
reude. Glücklich reiße ich die Türe auf und bleibe starr
uf der Schwelle stehen. Drüben in der Ecke unter der
nospenden Linde saßen Johann Friedrich und Elisabeth
hand in Hand, und ihre Augen leuchteten, aljo daß es
dermann klar war, daß ihr Geheimnis ihnen offenbar
eworden war. Stürzte gleich mein Sohn zu herzlicher
Zegrüßung zu mir hin und ließ er mich auch über das
brige nicht in Sweifel, zog die Jungfrau Elisabeth zu
ns heran und sprach: „VDater, mit dieser habe ich mich
eute verlobet und will sie mein vielliebes und getreues
ẽkheweib sein bis ans Lebensende“. Fragte ich dagegen:
„Was saget Meister Wigand dazu?“ Da wurden sie
näuschenstill, und wußte ich wohl, daß sie bei dem harten
Viderstand haben würden. Ehrwürden Wiß'ens Ehefrau
ind die meinige schwiegen auch dazu. Sprach ich: „An
neinem Segen, liebe Kinder, soll's nicht fehlen. Lasset
ins auf den Herrn vertrauen.“ Bedang mir aber aus,
zaß sie heimlich nicht sollten miteinander verkehren. und
zaben sie auch Wort gehalten.
Elisabeth war des Tages vorher eingetroffen und sollte
iber Weihnachtszeit, wo es mit Arbeiten für Witwen
ind Waisen, mit Bescheren für Schulkbinder und im eigenen
Zaushalt mehr zu kun gab, eine Stütze der Frau Marga—
ethe sein. Johann Friedrich hatte selbigen Tages nach
lücklich vollbrachter Keise von den Wangenheims seinen
Abschied genommen.
Nächste Woche machte ich mich auf den Weg nach der
5tadt, um mit Meister Wigand offen über die Sache zu
eden. Traf ihn nicht daheim an; teilte daher seiner lieben
fsͤhefrau mein Anliegen mit. Die aber war weder bestürzt
ioch erschrocken ob meines Berichtes; schien schon etwas
eahnt zu haben und sagte: „Wenn Elisabeth glaubt, bei
furem Johann Friedrich ihr Glück gefunden zu haben, bin
ch es zufrieden. Meines Kindes Glück ist auch mein
Hlück. Mein Ehemann kehrt erst kurz vor dem Feste