Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

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Heimat · Schollen 
Blätter zur Pflege hessischer Art. Geschichte und Heimatkunst 
Nr. lo / 1020 zpett Heetz der Ehehnummno einnhh Hortg ons un. Feuhore Ight— 
AUm Haus und Hof & Von Joh. H. Schwalm. 
Erzählung aus dem Schwalmtal. 
Nun mußte er ihre Klage hören, um ihre Jugend, um 
all das Anglück, das auf ihr gelastet hatte, seit sie in sein 
Haus eingezogen war. Sie blagte sich selbst an, daß sie 
ein frevelndes Spiel mit Gottes Gebot getrieben habe. Er 
bernahm Worte, die wie heiße Tropfen in sein verhäetetes 
Gemüt fielen. Er war vollständig nüchtern geworden. Nun 
sprach Hans, und was mußte der Berghöfer wiederum 
erlebenl Was war das? Der, von dem er angenommen, 
daß er mit seinem Weibe — —, den hörte er sagen: „Liebe 
Els, es ist nun einmal nicht zu ändern, ku deine Pflicht in 
deinem Haushalt und suche damit deine Suünde zu sühnen, 
die Gott gewiß verzeihen wird, weil sie aus Liebe zu den 
Eltern begangen ist. Wenn auch für uns beine Vereinigung 
in diesem Leben erscheint, es gibt eine Ewigbeit.“ Serghof 
konnte zwar das Gesicht seines Nebenbuhlers nicht sehen, 
aber er hörte etwas aus den Worten heraus, einen Klang, 
wie er aus einem Herzen ertönt, aus dem bein Wort der 
Lüge kommen bann. Nun erhoben in seinem Innern, seit 
Jahren zum ersten Male, die Gedanben das Haupt, die er 
jonst nicht hegte. Wenn es eine Ewigbeit gäbe, was seiner 
dann wohl warte für die große Schuld an seinem armen 
Weibe und für sein ewiges Mißtrauen gegen siel Und dann, 
sei es, daß er besser lauschen wollte, oder sei es, daß die 
Kinde um jein siebenmal gepanzertes Herz zerbarst, der stille 
Harten erlebte das Wunder, daß der Berghofbauer auf seine 
Knie sanb: Abrechnung hielt er mit sich. 
Er dachte und dachte. In seinem Innern reckten aber 
jo viele Sünden ihre Schlangenhälse empor, daß er nicht 
Segen von dieser Stunde gewann, sondern daß sie ihm die 
Triebfeder und der Anfang zu einer Verzweiflung wurde, 
9. Fortsetzung. 
ie ihm immer wieder zurief: „VDerloren! verlorenl machs 
turz, trinke, dann fliehen die bösen Geisterl!“ Und das tat er 
enn auch von dem Tage an in so ausgiebigem Maße, daß 
nan, ohne ein Prophet zu sein, im voraus sagen kbonnte, wie 
ald das Ende da sein werde. 
Er hörte noch, wie sich die Seiden jenseits der Hecke 
die Hand zum Abschied reichten, und dann schlich auch er 
eise davon. 
15. 
Auf dem schmierigen Ledersopha in seiner Schreibstube 
ockte der alte Mausche und hatte die Hände über seinem 
Zäuchlein gefaltet. Sein großer Kahlkbopf neigte sich ein 
enig auf die Seite und weberte beständig auf und ab. Vor 
ym saß der Berghofbauer. Die Ahr zeigte die neunte Stunde 
ormittags. Seine Hände zitterten um die Wette mit dem 
daupte des alten Mausche. 
Krampfhaft drehte er seine Pelzmütze. Er hatte dem 
Alten stotternd eine Bitte vorgetragen, und jener saß ihm 
umm und gefühllos gegenüber und überlegte. Sind das schon 
ufregende Augenblicke für einen gesunden Menschen, wieviel 
iehr für einen solchen, der vom Trunb zerrüttet ist. Was 
atten doch die paar Jahre aus dem Berghöfer gemacht. 
Zaum war er wieder zu erkbennen, der lebenslustige junge 
Zauer von ehemals. Seine tiefliegenden, rotgeränderten 
Augen, sein müder Gang, seine bläulich angehauchte Nase 
eigten das abstoßende Sild des Trunbenboldes. Entsetzlich 
tand es um sein Gemüt. Eine Roheit der Gesinnung verband 
ch bei ihm mit einem wahnsinnigen Ehrgeize. Diesem Götzen 
pferte er Summen, und wer ihm nach dem Munde schwäßte.
	        
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