Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

ieser, bald von jener Kichtung her solch eine mehr oder weniger 
erne Stimme gleichsam auch zum Gruße für mich herübertönte, 
ründend, daß auch das Dorf hinter jenem Hügel oder auf jener 
Höhe sich nun des Abendfriedens freue und zur Ruhe rüste. 
AUnd wie feierlich ist erst ein mehrstimmiges Glockengeläut, das 
am Sonntagmorgen über die ruhenden Fluren hinüber blingt! Wie 
ein Gruß von oben schweben die Töne dahin, beruhigend, tröstend, 
zur Andacht stimmend, zum Hause des Friedens rufend. Erstaunlich 
st es, welch eine tiefschauende Herzensbünderin solch eine Glocke 
ein kann — und sei es auch nur die eines Dorfkirchleins — wie 
ie zu einem jeden in der Sprache zu reden versteht, „darinnen er 
jeboren ist‘. Wer nur auf sie hören will, dem hat eine Glochen⸗ 
imme gar viel zu sagen. Wie kann sie an frohen Tagen mit dir 
ubeln, in Stunden der Trauer mit dire weinen und blagen, fast, als 
ei ihr menschliches Fühlen eigen. Und wer gewöhnt ist, den Stimmen 
einer Heimatglocken liebevoll zu lauschen, der wird ihren Klang 
ncht vergessen, und ginge er an die Enden der Erde. Dem wird 
—— 
ie auch wie die schlichte Weise eines Kindes gegenüber dem Kunst- 
jesang einer Sängerin. 
Mir wird es immer eigen ums Herz, wenn ich die Glocken 
ines mir fremden Ortes zum ersten Male über mir singen höre. 
Düũnkt es mich doch fast, als lerne ich dadurch, daß ihre Stimmen 
uuch zu mir sprechen, einen Teil der Wesensart des Ortes bennen, 
als ließe mich ein mir bis dahin Unbebannter einen Einblick in sein 
Inneres tun. Ich fühle mich in der Fremde, und sei es im Getriebe 
iner Großstadt, dann heimischer. Herrlich war's, als mich in einer 
olchen einst die majestätijsch hinschwebenden, wundervollen Klänge 
»es Ostergelãutes weckten. Ergreifend ist's mir und weihevoll, wenn 
n der Neujahrsnacht Glockenstimmen in mitternächtiger Stunde zu 
nir reden, tröstend, aufmunternd, verheißend. Schön ist's, wenn über 
zinen stillen See die Glocke eines im Fernen ruhenden Kirchleins 
inen frommen Abendgruß herüber ruft. Schöner noch, wenn die 
heimatglocken den Sonntag einläuten, wenn die Vorbereitungen auf 
en Tag des Herrn beendet sind, wenn die Feiertagsruhe durch den 
Mund der Glocken ihr ersehntes Nahen verbündet. 
AUnd einst kommt der großte Feiertag, dem beiner mehr folgt, 
zinem jeden von uns, wenn auch baum von den meisten so sehr 
xrjsehnt, wie der Kuhetag nach den sechs Arbeitstagen der Woche. 
Auch dann werden wohl Glockenstimmen sprechen, aber nicht mehr 
zu uns, sondern von uns. Daß sie dann den ihnen Lauschenden 
gute Kunde über uns zu sagen wüßten! 
—4 
Auf der Heimatwarte. 
Hossen und Nassau im deutschen Liede. 
Der EichblattDerlag in Leipzig-Gohlis brachte in den leßten 
Jahren eine beachtenserte Sagensammlung heraus, die den 
Sagenschatz einer jeden deutschen Landschaft in einem ansehnlichen 
BSande zujammenstellt. Die in diesjer Bücherreihe erschienenen 
„Sagen von Hessen und Nasjau“ sind von Rebtor Karl Wehrhan, 
der sich u. a. mehrfach auf dem Gebiet der Vollbskunde bekätigt 
hat, gejammelt und herausgegeben. Nun plant der Eichblatt 
Oerlag eine neue Bũcherreihe: Deutsches Sand im deutschen 
Liede. Die Sammlung wird eröffnet von Dr. Hans Benzmann 
mit „Pommern im deutschen Liede“. Mit der Herausgabe des 
Sandes „Hessen und Nasjsau im deutschen Liede“ sind Karl 
Wehrhan (Frankfurt ag. M. Moltbe-Allee 68) und Ixrie 
Kuppel (Homberg, Bez. Kassel, Bahnhofstraße 28) betraut. 
Die Herausgeber wenden sich an alle deutschen Dichter, die 
Hessen und Nasjau zum Gegenstand ihrer Kunst gemacht, 
aljo Motive aus der hessischen Sage, Geschichte, Landschaft oder 
aus dem hessischen Volkstum gestaltet haben, mit der Bitte, Vers- 
schöpfungen der gebennzeichneten Art zur unverbindlichen Auswahl 
einzujsenden. Sodann werden alle hessischen Dichter, die 
hessijchem Boden entsprossen oder doch in ihm verwurzelt sind, um 
Einsendung von wertvollen Gedichten gebeten, mag sich ihr Inhalt nun 
auf die engere Heimat oder das weitere Vaterland, auf die Welt oder 
das Überweltliche beziehen. Auch echte Mundartdichtung joll zu ihrem 
Kechte kommen. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn die zeitgenössischen 
Verireter des hessischen und des deutschen Schriftrums den Heraus- 
gebern die Aufgabe durch zweckentsprechende Einsendungen, Hin— 
weise und Ratschläge erleichterten und so ein Werk vollbringen 
hãlsen, das von hessischer Dichtäunst wirkbsam Seugnis abzulegen 
geeignet wãre. (Anfragen und Einsendungen an die Herausgeber.) 
zittern Tausende von Diamantsplittern, und einsam wandert in 
goldheller Pracht der Mond durch weiße Wolkenballen ... 
And in einer dieser Nächte erwacht der wilde Herbststurm — 
die größte und herrlichste Natursymphonie — und beraubt auch die 
letzten Bäume ihrer stolzen Sommerfreude; dazu weint der 
Himmel leise und unerbittlich seine Lühlen Tränen, und am andern 
Tag lächelt die Sonne trübe und scheideweh durch feine, graue 
Nebelschleier .... 
Glockensjtimmen. 
VDon Helene Brehm, Rinteln.— 
Su meinen liebsten Kindheits und Jugenderinnerungen gehören 
meine Streifereien durch die Flur meines Heimatdorfes, wochen⸗ 
tags um die Abendzeit, besonders an Samstagabenden. Dann 
ging ich ũüber schmale Wiesenpfade am Bache entlang, der es eilig 
hatte, weiter zu kommen, weil jein Tagewerk noch nicht beendet 
war, so daß die Spaziergängerin sich eigentlich vor dem Fleißigen 
zu schämen hatte. Oder ich erstieg einen der Hügel, die das 
Dorf umschließen, und besah mir von oben das friedliche Bild: 
die Menge der rotbedachten Häuser um ihren Mittelpunbkt, die 
Kirche mit ihrem schiefergedeckten Spitzturm, hockend, wie eine 
Schar lernbegieriger Kinder, die sich aufmerbend um den Lehrer 
drängen, der etwa in einer Religionsstunde mit ausgestrecktem 
Finger nach oben deutet. Und dies Bild, umschlossen von einem 
Obsibaumhain, der in den Gärten emporwächst, die das Dorj 
umfangen. Um mich auf den Feldern aber am Hange des Berges 
tãtige Menschen, beschäftigt mit den Arbeiten, die die jeweilige 
Jahreszeit mit sich brachte. Und dann erhob unten die Abend⸗ 
glocke ihre Stimme und mahnte mit freundlichem Ruf alle zum 
Feierabend, die sich im Schweiße ihres Angesichts mũühten, dem 
Acker ihr tägliches Brot abzuringen. Danach regten sich wohl 
die Hände draußen nicht mehr allzulange. Das Arbeitsgerät 
wurde zusammengelegt, und allmählich leerten sich die Felder, während 
die Stimmen der Heimbehrenden, das Rasseln der Wagenräder 
oder andersartige Bebundungen des ländlichen Betriebes nach dem 
Dorfe zu verhallten. Die freundliche und fürsorgliche Mahnerin 
im Turme hatte nun auch Feierabend gemacht. Dann aber drang 
von den Nachbardörfern eine Glockenstimme nach der andern an mein 
Ohr, ferner und lauter, ernsthaft zuredend oder auch fröhlich plap- 
pernd, ganz der Natur und der Gemütsart der Ruferin entsprechend. 
Mir aber war es von eigenem Reiz, zu erlauschen, wie bald von 
Sericht ũber die Seichnung der Anteilscheine, die im ersten Anlauf 
1225 Marb ergab, wozu noch nicht eingezahlte Geschäftsanteile 
on etwa 500 Marb bommen. Eine vorbildliche Opferwilligkeit 
»aben im Verhältnis zu ihrer Bevölkerungsziffer Treysa und 
iegenhain bewiesen. Dank der Rährigkeit und Umsicht seines 
dorstandes konnte der Sweigverein Treysa vom KEV das 
iußerordentliche Ergebnis von 1300 Marb erzielen. Dann folgen 
zie Sweigvereine Hersfeld, Wallenstein, Aberaula, Nieder—- 
lula, Homberg u. a. Die Kreisverwaltungen Siegenhain, Homberg 
ind Hersfeld bringen dem Unternehmen tatbräftige Unterstützung 
mtgegen. Um die gute Sache zu fördern, ist die Veranstaltung 
iner Werbewoche geplant, die durch Filmvorträge und andere 
arbietungen neue Mitglieder gewinnen will. Mitglied kann 
ede Person werden, die einen Anteilischein zu ) Goldmarb bzw. 
nehrere Anteilscheine zeichnet. — Es liegen bis jetzt drei Ent— 
voürfe der geplanten Jugend- und Wanderherberge vor, die am 
Vilsberg in der Nähe der Efzequelle erstehen soll: der erste Entwurf 
on Architett Fenner in Spangenberg, der in mehreren Buch— 
andlungen des Knäũllgebiets aushing und der Hauptpersammlung 
m Maisd. J. vorlag; der zweite von Architelt Siems in Heesfeld, 
er gefällige ãußere Form mit praktischer Kaumvberteilung vereinigt; 
er dritte von Regierungsbaurat Morin in Kassel, der ebenfalls 
mnsjprechende ãußere Form und zweckmäßige Raumverteilung als 
dorzũge aufweist. Die Generalverjsammlung wird darüber befinden, 
oas, wie und wann gebaut wird. — Wer unseren schönen, waldreichen 
znũll mit seinen einjamen, weltentlegenen Tälern und mit seinen, ũber⸗ 
aschende Fernsichten bietenden Höhen bennt und liebt, wer dazu noch 
nanchoerleĩ niederdrückende Erfahrungen machen mußte, wenn er eine 
escheidene Nachtherberge suchte und oft nicht fand, der wird den 
dreingenden Ruf des Nachrichten-Blattes verstehen, den wir hier 
jern weitergeben: Helft uns ein Heim bauen! Einfachste 
deimatyflicht jollte es sein, hier nach Kräften zu helfen. Loßt uns 
zie Heimatliebe mehr mit der Hand als mit der Sunge betätigen! 
deuck nur na ink i rausgeber gestattet. 
—E Konrad Ier eWunst i demn ge A. ee Nelsungen. 
Jugend- und Wanderherberge Knüll. 
Die Jugend- und Wanderherberge Knüll e. G. m. b. H. 
versendet ein Nachrichten⸗Blatt, auf das wir die Aufmerbsambkeit 
aller Heimatfreunde lenken möchten. Es gibt einen genauen
	        
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