Aus alter Seit.
Burg Tannenberg Kreis Kotenburg⸗
VDon E. Wenzel, Oberingenieur, Magdeburg.
Burg Tannenberg bei Nentershausen, gleichen Namens mit
der an der Bergstraße liegenden, von Frankfurt zerstörten Burg,
ist durch ihre im Gebirgstal versteckte Lage der Allgemeinheit
unbebannt geblieben; sie liegt südlich der an der Strecke Bebra —
Goõttingen liegenden hessischen Bergstadt Sontra, unweit der Quellen
des oberhalb in das Sontraflüßchen mündenden Haselbaches, sũd-
zstlich des Dorfes Nentershausen. Der Burgplaß ist durch einen
tief in den Felsen gehauenen 10 Meter breiten und tiefen Hals—
graben von einem Acchen abgetrennt, der zwischen zwei vom
Herzberg in der Richtung auf Nentershausen verlaufenden und
nach dort abfallenden höheren Bergrücken sich hinzieht. Die
ãlteste Burg joll zuerst an anderer Stelle gestanden haben und
zwar auf einem von dem erwähnten Bergrücken westlich der Burg
zwischen Nentershausen und Tannenberg sich vorschiebenden Berg-
oorsprung, der die Alteburg heißt und das Tal noch mehr beherrscht
als der Tannenberg. Lediglich strategische Kücksichten und Erfahrungen
aus Belagerungen mögen die Besitzer veranlaßt haben, auf dem
jchmalen Felsgrat zwischen höheren Bergrücken eine neue Befestigung
anzulegen. Wann freilich dieser Umzug stattgefunden hat, ist
schwer festzustellen. Vormutlich geschah es während des 14. Jahr-
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hunderts, als die Besitßzer ihren Lehnsheren wechselten. Eine alte
Überlieferung, die der Baumbach'sche Chronist Collmann, im
16. Jahrhundert Pfarrer zu Nentershausen, verzeichnet, wonach
die Amter zu Rotenburg und Sontra auf Befehl des Landgrafen
von Hessen die Steine zu einem neuen Haus auf der Burg für den
ersten nachweisbaren Besitzer Ludwig von Baumbach hätten fahren
mũssen, hat etwas für sich. Das neue Haus aus den Llafterdicken
Wänden war die neue Burg.
Die Geschichte der Burg ist eng verknũpft mit der ihrer Besiher,
der hesjsischen Adelsfamilie von Baumbach, die sich seit Uranfang
den Besitß der Burg erhalten hat und ihren ältesten Sitz in dem
eftwa fünf Wegstunden weiter entfernten, im Fuldatal unweit der
Stadt Rotenburg liegenden Dorf Baumbach hatte.
Die ältesten, urkundlich bezeugken von Baumbach sind Jost Ewald
1202 und Heinrich von Baumbach 1222, vermutlich der Vater des
1260 verstorbenen Hardegen von Baumbach. Vielfach waren die
hon Baumbach zu Baumbach Amtleute in Rotenburg.
Ludwig J. von Baumbach (Boymbach), der Stifter der
Tannenberger Linie, besaß den Tannenberg (in alten Urkunden
Dannenberg genannt) vom Abt zu Hersfeld zu Lehen. Er schenkte
im Jahre 1322 mit Sustimmung der mitbelehnten Heren von
Frankenstein der Kirche zu Hersfseld Hufen und Güter und erhielt
Lehen vom Grafen von Siegenhain und vom Kloster Germerode
Gerichte. Vogteien und Besißungen. (Nus seiner Ehe mit Adelheid
on Felsberg besaß Ludwig sechs Söhne: Helmerich J., Thilo IL.
hermann J., Ludwig II. Heinrich J. und Johann J. von denen
dermann und Johann in den geistlichen Ständ traten. Alle sechs
Srüder verbauften ihr Burglehen zu Rotenburg an das Kloster
u Breitenau und erwarben für das Geld freie Güter zu Nenters-
ausen, wo sie bis dahin beine Güter hatten. Auch die Burg
annenberg scheint eine Baumbach'sche Grũndung nicht zu sein.
?udwig J. hat bei dem hessischen Landgrafen Heinrich II. in
oher Gunst gestanden und war sehr reich, sodaß er sich den Luxus
sönnen konnte, die mit großem Aufwand verknüpfte Kitterwürde
m 1329 zu erwerben. 18334 wurde er Fuldischer Burgmann zu
jfũrsteneck, 18342 Fuldischer Burgmann zu Dacha und 1346 Hers-
eldijcher Burgmann auf Landeck, 13483 war er auch Ojffizial des
dersfelder Stifts zu Rotenburg. Obgleich Ludwig landgräflicher
Zat war und als hessischer Hauptmann mit dem Landgrafen gegen
ie von Treffurt, die Besitzer des Normannsteines bei Treffurt
in der Werra, gefochten hatte, kam er doch wegen einiger Dörfer
nit dem in Streit, der 1348 durch Vergleich geschlichtet wurde.
zn diesem Vergleich wird die Burg zum ersten Male erwähnt.
Vegen seiner hohen Verdienste um Kaiser und Keich gab ihm
caijer Karl IV. 100 Mek. Silbers. die von Frankfurter Juden
rufzubringen waren.
Mach seinem Todo schlossen seine Söhne im Jahre 1360 mit
dem Landgrafen von Hessen einen Vertrag,
nach dem die Lehensrechte der Hersfelder
Abte über Tannenberg mit deren Sustim-
nung auf den Landgrafen übergingen, der
damit die von Baumbach mit der Burg
vieder belehnte. Nach der am 29. Januar
1365 erneuerten Belehnung gelobten die
bon Baumbach, dem Landgrafen ihre Burg
offen zu halten, und, wenn er darauf ver—
zichten sollte, die Burg nur an Standes-
genossen, nicht an einen Landesherrn zu
perlaufen. Nach Erlöschen des Mannes-
stammes sollte die Burg im Besitz der
Frauen und Töchter bleiben. Diejer Ver⸗
trag, durch den sich die von Baumbach
Jänzlich in die Gewalt des hessischen
Landgrafen gaben, wurde bis zur Auf-
hebung der Lehenshoheit im Jahre 1848
sehr oft erneuert. Seitweise war auch ein
denachbartes Geschlecht, die von Berneburg,
im Besitz von einem Sechstel des Tannen-
herges, das ihm Ludwig III. ein Sohn
Helmbrechts J. verbaufte.
Die Burg, wenigstens die Alteburg,
jcheint von der Abtei Hersfeld zum
Schutßze der alten, über den Säulings—
wald führenden Handelsstraße errichtet
worden zu sein, weshalb später auch
die Stadt Erfurt sich veraänlaßt sah,
mit den von Baumbach auf dem Tannen⸗
erg im Jahre 1371 ein Bündnis einzugehen, um die Waren⸗
ũge auf der Handelsstraße zu schüten und den reisenden Kauf-
euten ein sicheres Unterkommen zu bieten. Als Entgeld für
iesen dauernden Schutz und die Beherbergung versprach Erfurt
inen jährlichen Sold und ein Baugeld, um dauernd die Burg-
nauern und Gebäude in Besserung und Bau halten zu bönnen.
Alsbald nahmen die Besitßer der Burg dies Geld in Anjspruch,
enn noch in demselben Jahre schickte die Stadt Erfurt Abgesandie
uur Feststellung von Bauschäden. Sie erbaten sich freies Geleit
»on Langensalza aus bis zum Tannenberg. In der 1314 aus-
ebrochenen Fehde mit dem Stift Fulda, das ihnen Güter in zwei
dõrfern entzogen hatte, nahmen die von Baumbach Erfurts Hilfe
n Anspruch, indem Erfurter Keisige mit den von Baumbach ver—
eerend in das Gebiet des Stiftes einfielen. Fulda beschwerte
ich beim Landgrafen von Hessen und bat um seine Vermittlung.
da jedoch die von Baumbach auf Herausgabe der strittigen Güter
rangen, verbũndete sich der Landgraf, ihr Lehensherr, mit Fulda.
dessische und Fuldaer Heerhaufen erschienen vor der Burg im
sahr 1315 und lagerten sich auf benachbarten Höhen. Noch heute
eißt der Lagerplatz der Hessen Hessel, der der Fuldaer oder
Zuchenlãnder Buchenstein. Auf einem noch heute Allzunau
enannten Platz wurde eine Schanze oder eine Gegenburg errichtet.
Im Jahre 1140 fand man in einer daselbst gefällten Eiche einen
Armbrustbolzen. Die Burg erlitt keinen nennenswerten Schaden,
im so mehr hatten die von Baumbach'schen Dörfer und Höfe zu