Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Herren waren große Musiker bis auf den, der mich mit Geld 
reichlich versah, und gaben mir Anterricht im Komponieren, 
so nennt man die Kunst, Musilstücke zu schreiben. Ein Jahr 
verstrich, ich lernte wie ein Kasender.“ Er verstummte einen 
Augenblick. Er verschwieg, daß er in dieser rastlosen Tãtigkeit 
den fressenden Schmerz um die hatte übertäuben wollen, die 
jetzt neben ihm saß. 
In diesem Augenblicke hörte er ganz deutlich ein Ge— 
räusch hinter sich, aber er achtete nicht darauf. Wozu auch? 
Er besaß ein gutes Gewissen. 
Der Berghöfer hatte sich auf seinem Lauscherposten 
näher an die Hecke gedrückt und dadurch das Geräusch 
berursacht. Es erschien ihm fast unbegreiflich, warum „das 
Pärchen“ nur von solch dummen Sachen sprach, es wäre 
seiner gemeinen Natur eine rechte Befriedigung gewoesen, 
etwas Verbotenes zu erlauschen. Er befand sich in der 
rechten Stimmung zum Kaufen, seine Hände zitterten nicht 
mehr wie heute Morgen, als er vergeblich versuchte, das 
Trinkgefäß zum Mund zu führen, und als er sich vor den 
Tisch hinkniete, um es gleich mit den Lippen zu erfassen ... 
Dann reiste ich mit Professor Weber, meinem Lehrer, 
der mehr und mehr mein Freund geworden war, von Groß- 
stadt zu Großstadt, überall gaben wir Konzerte und ernteten 
Beifail,“ seine Augen leuchteten, „Beifall und — Geld.“ 
Els seufzte, und doch traf ihn ein strahlender Blitz ihrer 
Augen. Ja, sie war stolz auf ihn. Sie stellte in Ge— 
danken ihren verkommenen Mann neben ihn. O, sie gönnte 
es ihm von Herzen, daß es ihm gut ging! 
Doch, ich schwatze fortwährend, nun erzähle du ein⸗ 
mali Wie geht's Vater und Mutter?“ sagte Hans. 
„Gut,“ entgegnete Els wiederum in der mechanischen 
Weije, die sie sich auf dergleichen Fragen im Laufe der 
Jahre angewöhnt hatte. Sie Lonnte es aber nicht ver⸗ 
—XE ——— Die silbernen 
Tropfen flossen leise über ihre Wangen. 
Hans bemerbte es. Eine peinliche Pause folgte. Wieder 
rat der Dersucher zu ihm und raunte ihm ins Ohr: „Nimm, 
pas dein ist!“ Aber auch diesmal siegte das Gute in 
hm. Er legte sich die Frage vor: „Wenn du sie nun 
—6 in einem 
Tal der Schweiz oder sonst irgendwo verstecktest, die Welt 
st groß. Würdest du damit recht handeln und ihr den 
frieden ihres Herzens geben?“ „Nein,“ sagte er sich, „sie 
st eines anderen Weib, und wenn die Liebe zu mir im 
Augenblick auch alle Schranken niederrisse, ich bin über— 
eugt, die quälenden Gedanken über diese Sünde würden 
hr, wenn sie zu sich selbst gekommen wäre, lebenslang kbeine 
kKuhe lassen. Für Els gilt das siebente Gebot wie das 
ünfte. And nicht auch für mich? Nein, und tausendmal 
nein, sie ist eines anderen Weib, wenn auch die Gedanken 
n mir und in ihr gegen diese Mauer anstürmen, so sollen 
ie sie doch nun und nimmermehr niederreißen! Wenn Gott 
vill. er — mag einschreiten.“ 
Els saß ihm gegenüber, und Träne um Träne tropfte 
hr von den Wangen nieder ins blumenreiche Gras. Und 
iun floß es von ihren Lippen, all das Elend, das in den 
etzten Jahren ihres Lebens ihre tägliche Speise gewesen 
pär. Sie konnte es nicht verhindern, und hätte sie den 
Tod dafür leiden sollen, einmal mußte sie ihrem ũbervollen 
Herzen Luft machen. Dem Lauscher jenseits der Hecke 
tiegen die Haare zu Berge. So verkommen war er denn 
och noch nicht, daß die rührende Klage seines Weibes, 
ie einen Stein erweichen konnte, nicht einen Eindruck auf 
ein Herz gemacht hätte. 
Tief unter Anbraut versteckt, schlummerte auf dem Grunde 
eines Herzens auch etwas wie Liebe zu ihr, und es wäre 
gielleicht alles anders geworden von Anfang an, wenn seine 
Frau die unvertilgbare Liebe zu Hans Kenner nicht im 
Busen getragen hätte. GFortsetzung solat.) 
Der betrogene Teufel & Nach einer hessischen Sage. Von Selene Brehm. 
Der Bauer besieht seinen Roggenschlag. 
So reich wie dies Jahr war nie der Ertrag. 
Die einzige Scheuer ist viel zu klein! 
Vo banst er den Gottessegen ein? 
In Freude und Sorge der Bauer geht, 
Als eisgrau ein Männlein vor ihm steht, 
Oerhutzeit, verschrumpelt, gelb das Gesicht. 
Will wissen, was dem Landmann gebricht. 
—AI 
Da lacht der pfiffig dazu und sagt: 
Wenns weiter nichts ist als ein Scheuerlein! 
Das bau ich dir auf, eh' die Hähne schrein! 
Dafür gibst du mir als einzig Begehr, 
nur deime verborgenen Schätze herl!“ 
Der Bauer denkt schmunzelnd: „Das ijst nicht viel! 
Dann hab' ich bei dir gewonnenes Spiel! 
Es birgt nicht Schaße mein Haus und mein Land!“ 
Er schlägt in des Fremden wartende Hand. 
Der schlůpft von dannen mit kurzem Gruß. 
Da guckt unterm Mantel ein Pferdefuüßl 
Dem Manne beben vor Schreck die Knie. 
Er wankt nach Hause. „Marie! Mariel“ 
Dem Weib'erzählt er, was eben geschehn. 
Die bleibt erschrocken und ratlos stehn. 
„Mein Kind unterm Zerzen das ist der Schaßz, 
dach dem's gelũstet den Teufelsfratz!“ 
Ein Weilchen sitzt sie jchweigend und sinnt, 
Dann euft sie: Ber Teufel briegt nie mein Kind l“ 
Die Uhr im Turm ruft die Mitternacht. 
Jeßt dröhnt's in der Luft, es rappelt und bracht, 
Hiel Wagen rasseln, es wirbelt Staub, 
Beknall von Peitschen und Pferdegeschnaub. 
Und Fuhrmannsrufe und Fußgetrapp. 
Bestein und Balken poltern herab. — 
Der Bauer, die Säuerin angstvoll stehn — 
Kein lebendes Wesen ist zu sehn. 
Unsichtbare Hände graben im Sand, 
Schon wächst aus dem Boden die Scheuerwand. 
Schon steigt zum Himmel das steile Dach, 
Mit Fitzwerk füllt sich Gefach um Fach. 
Der Mann blickt ächzend zum Fenster hinaus, 
Die Frau aber schleicht vors Huhnerhaus. 
Sanz heimlich zog sie vorher vom Mann 
——A— 
Nun klatscht sich auf die Schenkel Marie 
Und kraht durch die Hände: „Ki⸗-ke-ri-bil“ 
Drauf wieder ihr Klatschen, ihr Hahnenschrei! 
Da glaubt der Hahn, oͤaß es WMorgen sei. 
Er reckt den Kopf, dann ein Flügelschlag: 
Der Bunthals kundet den neuen Tag! 
Im schlafenden Dorf, in dunkler Nacht, 
Sind alle Morgenruser erwacht. 
Hon Hof zu Hof in nächtlicher Seit 
Ein Krähen sich an das andere reiht. — 
Die Scheuer stand fertig bis zum Dach, 
Im Giebel nur noch ein offenes Fach. 
Als klang der rettende Zahrzuscheen 
War's mit des Satans Baukunst vorbei! 
Nun fahre hin, verborgener Schahtz, 
Des Teufels Mũhen war fur die Katz, 
Weil er dem Sauer nicht hielt sein Wort. — 
Don Satans Flüchen das Gras verdorrt. 
Er fährt zur Hölle in Schwefelstank. 
Der Bauer küßt sein Weib voll Dank. — 
Die Teufelsscheuer steht heute noch, 
And Leiner kann schließen das Giebelloch!
	        
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