durch die Stadt. Sie, die noch nie im Theater gewesen waren,
hatten kein Verständnis von irgendeinem Stück und den Sonntag
aur deshalb gewählt, weil ihnen die Wochentage Leine Seit ließen
zu dergleichen unnötigen Dingen. Und an diejem Sonntag
wurde gerade der Freischütz gegeben. Das Innere des Theaters
imponierte den guten Leuten schon ganz gewaltig. Mehr noch
erstaunten sie, als es dunbel wurde, der Vorhang hochging und
das eigentliche Theater erst anfing. Mit Aufmerksambeit und
Spannung wurden die Vorgänge auf der Bühne verfolgt. So
veit ging alles gut. Als aber der Abt bam, wo Max in der
Voljsschiucht ist und Blitz, Donner und Regen herniedersausen,
a wurde die Großmutter ihrer Verzückung entrisjsen und in die
Virblichkeit zurückgeführt. Sie faßte ihren Philipp am Arm und
latzte heraus;: „Ach Gott, Philipp, unse Wäsche!“ daß alles im
Theater die Hälse reckte und „Sst — bst“ zijchte. Tödlich verlegen
türzten beide aus dem Theater hinaus. Draußen empfing sie heller
Sonnenschein, und es wurde den beiden blar, was Theaterspielen
igentlich ist. Aber ins Theater sind sie nie wieder gegangen. . D
Auf der Heimatwarte.
Johann Heinrich Schwalm.
Unser treuer Mitarbeiter Johann Heinrich Schwalm trat am
1. Obtober als Schulrat des Kreises Siegenhain in den wohl⸗—
oerdienten Ruhestand. Um ihm einen würdigen Abschied zu
bereiten, hatte sich die Lehrerschaft des Kreises im festlich ge—
schmückten Rathaussaal zu einer Feier eingefunden. Als erster
prach der Vertreter der Regierung, Regierungs- und Schulrat
Wille aus Kassel. Er hatte den Menschen Schwalm schätzen gelernt,
als ihm dessen geistige Kinder vorgestellt wurden. Unendliches
Dolksgut fand er darin zujammengetragen, wo jede Seile Heimat-
liebe widerspiegelt. Er würdigte die geologische Forschungsarbeit
und bezeichnete es als ein hervorragendes Verdienst des Scheiden⸗
den, stets die richtigen Männer aus der Lehrerschaft des Kreises
an den rechten Platz gestellt zu haben. Was auf dem Gebiete
der Spielbewegung und der Arbeitsgemeinschaft geleistet worden
ei, habe höchste ministerielle Anerkennung gefunden. In Schulrat
Schwalm sieht der Redner einen der seltenen Menschen, die sich
stets als ehrlich, standhaft und treu erweisen, einen lauteren und
eeinen Charabier und lieben Menschen, dem in voller GEhffentlichkeit
der Dank und die Anerkennung der KRegierung für treue Pflicht
zrfüllung gebühre. — Lehrer Kaiser, der Vorsitzende des Kreis
ehrervereins, charabterisiert Schulrat Schwalm als den Freund
and dane der Lehrerschaft, gewachsen auf dem Heimatboden
und hineingewurzelt in die Heimat, ein Pfleger des Heimat-
gedankens wie selten einer, der sich auch um die Gründung des
Heimatmuseums große Verdienste erworben habe. Er überreicht
eine vom Kreislehrerverein gestiftete goldene Uhr, in der die
Worte eingegraben sind: „Sum freundlichen Andenken gewidmet
in treuer Liebe vom Kreislehrerverein Siegenhain.“ — Namens
der Leitung des Hess. Volksschullehrervereins wũürdigt Lehrer
Karl Schmidt aus Kassel das Schaffen für das Heimatbuch, zu
dem Schwalm schon vor Jahren den Stoff zusammengetragen hat.
Dieses Buch werde bald in alle hessischen Schulen hinausgehen
und verspreche die Krone aller Verlagswerbe des Hess. Lehrer⸗
bereins zu werden. — Der Freund und Mitarbeiter Schwalms
an den Heimat-Schollen, der Dichter H. Ruppel, widmete dem
Scheidonden folgenden poetischen Abschiedsgruß:
Will der Sämann von dem Acker, da er pflũgte, gehn,
Bleibt er, seinen Blick beschattend, noch am Rande stehn.,
Daß er sinnend überschaue einmal noch sein Feld,
Ob die Frucht mag wohl geraten, wie er's wohl bestellt.
Und er geht zurũck zum Dorfe, Kuhe ist sein Sold.
Aus den Fenstern leuchtet weithin Abendsonnengold.
Und er sieht mit stiller Freude jeinen Abend nahn;
Denn ihm sagt's die Seele, daß er seine Pflicht getan.
So von Deinem Lebensacker gehst Du heute fort,
WVo Du streutest gute Saat in Tat, Schrift und Wort.
Was Du wolltest, immer war es groß und gut gedacht;
But und schön war, was vom Wollen glücklich Du vollbracht.
Heimat war Dir Höchstes, Bestes, war Dir Lebenslicht.
Drangst geen in der Erde Tiefen, banntest ihr Gesicht,
Hast wie im Gesicht der Mutter gern darin gelesen,
Und es war Dir offenbar der Erde Sein und Wesen.
Heimat ist Dein Name schon wie Dorf und Ar und Halm,
Wie die bunte Tracht der Mädchen in dem Tal der Schwalm.
Warst vertraut mit Schwäãlmer Weise, Sitte, Brauch und Scherz.
„Jonber Hoose“ jsollt erfreuen jedes Schwälmerherz.
Aus des Volbstums tiefem Brunnen schöpftest Du bewußt.
Deiner Heimat Sild zu malen, war Dir höchste Lust.
Aus der Heimat Sprichwort webtest Du mit Schick und Fleiß
Einen bunten Teppich, zeigend eines Lebens Kreis.
Wie der Sämann kbannst Du gehen, der sein Werk vollendet
Und sich nun zur Abendruhe sinnend heimwärts wendet.
Bott läßt Dir im Sternenfrieden still den Abend nahn.
Wohl dem Menschen. der hienieden teeu sein Werk getan!
Schulrat Schwalm sprach allen in seiner schlichten, herzlichen Weise,
vie man es nicht anders an ihm Lennt, seinen tiefempfundenen
dank aus für alles, was ihm an Lob und Ehrée zu teil geworden.
kr bat die Lehrerschaft, das ihm so reichlich entgegengebrachte
dertrauen auch auf seinen Nachfolger zu übertragen zum Segen
er Schule des Heimatkreises. — Allzuschnell verflossen die Stunden
der erhebenden Abschiedsfeier, die ein unvergeßlicher Abschluß
iner gewissenhaften amtlichen Wirbsamkbeit sein wird. Dem Wirben
ind Schaffen des treuen Hessensohnes für den Heimatgedankben wüũnscht
er Heimatschollen⸗Derlag noch eine Keihe gesegneter Lebensjahre.
Mõge unser lieber J. H. Schwalm rũckschauend auf sein arbeitsreiches
deben noch manche Frucht ernten. die er in unbebannter Stille säte!
Wer darf in einer Jugendherberge übernachten?
Der 6. Keichsjugendherbergstag, der aus Anlaß der Einweihung
einer neuen Jugendherberge (vier Käume mit 100 Lagern) auf
er Feste Spangenberg abgehalten wurde, hat wichtige neue
Sestimmungen gekroffen, die sofort in Kraft treten. Bestimmend
ür die Neuerungen war das Streben nach möglichster Oereinfachung
ind anderseits nach Fernhaltung von ungebetenen Gästen in der
Jugendherberge. Jungwanderer bis zu 20 Jahren haben nach wie
zor das erste Anrecht auf die Bleibe.
Alle Herbergsgäste mit Ausnahme der Schüler unter Führung
on Lehrern haben sich auszuweisen, und zwar die 14 bis 18jährigen,
owie ältere Schüler und Studenten durch den „Bleibenausweis
ür Jugendliche“, der die Angabe des Alters enthält, die über
8jährigen Wanderer durch die Mitgliedskbarte für D. J. H.
Mitgliedskarte und Bleibenausweis haben die eigenhändige
Unterschrift des Inhabers zu tragen.
Oer Bleibenausweis für Jugendliche wied, wie die Mitgliedskarte,
on den Sweigausschüssen und Ortsgruppen für D. J. H. ausgestellt.
Die bLörperschaftliche Mitgliedschaft eines Vereins hat nur unter-
tützende Wirkung, gibt also Lein Herbergsrecht bzw. Vergünstigung
ür dessen Mitglieder. Einzelmitglieder leisten einen Jahresbeitrag
»on mindestens 3 Mark. Dafür wird die Verbandszeitung „Die
Fugendherberge“ geliefert. Die ÄUbernachtungsgebühr beträgt für
Schüler und Lehrlinge 10 Pfg. für alle anderen 50 Pfg. Das
Koichsherbergsverzeichnis, das zirka 2000 J.H. enthält, bostet Ih Pfg.
Alle Freunde des Wanderns, Schulen und Vereine worden
zebeten: Schafft mit am Bau von Jugendherbergen für die gesamte
vandernde Jugend durch Erwerbe der Mitgliedschaft, damit das
eranwachsende Geschlecht Heimat und Vaterland aus eigener
Anschauung bennen und liebgewinnen lernt und der Jungbrunnen
es Wanderns der Iuzepd aller Stände zugänglich werde, zur
debunq der Volkskraft und Volkbsgesundheit!
Wanderregeln aus der guten alten Seit!
In einem Universal-Keise-Taschenbuch aus dem Jahre 1820
eißt es in einem Kapitel über „Vorsichtsmaßregeln für Fußreisende
iber haupt, in allen Verhältnissen auf ihrer Wanderschaft, mit besonderer
Kücksicht auf die Gesundheit“: „Halte dich, soviel du bannst, auf
er Landstraße. — Jeder Seitenpfad, jeder Holzweg ist gefährlich;
u bannst dich nicht nur darauf vom rechten Wege verirren, sondern
äufst öfter Gefahr, von Räubern angegriffen und in mancherlei
Unglück gestoßen zu werden. — Allein zu wandern ist weder an—
jenehm noch sicher. Wohl dem, der ein oder zwei Reisegefährten
indet!l Doch nicht jedem schließe dich an; suche erst genauer mit
einem Reijsegefährten bekannt zu werden. Su viel Reisegefährten
iber vermeide. Triffst du auf der Straße einen oder mehrere Wanderer,
o lasse dich nie mit ihnen in ein vertrauliches Gespräch ein, weise die
dir vielleicht angebotene Flasche zurück und achte darauf, daß du immer
der letzte seist. — Wenn im Sommer die Sonne recht heiß brennt, so
ntbloöße dich nicht so sehr; ein jchneller Sugwind raubt dir vielleicht
ür immer deine Gesundheit.“ — Aljo einen Wollstrumpf um den
hals und gepanzertes Mißtrauen gegen jeden Menschenbruder um
»as Herz — das ist auch ein Ideal der guten alten Seit!
Nachdruck nur nach Übereinbunft mit dem Herausgeber gestattet.
derausgeber: Konrad Bernecker. Druchk und Verlag: MA. Bernecker in Melsungen.