Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Auf Heimatwegen. 
Alte Fachwerkbauten aus Homberg 
an der Efze9. 
aurat Bornatsch, Fulda. 
Und in der Antergasse und der Holzhäuserstraße wurden in der 
jeschilderten Weise bereits ganze Häuserreihen erneuert und schufen 
ierdurch ein gänzlich verändertes, reicheres Straßenbild. Weiterhin 
ind an bemerkenswerten Häusern, deren schönes Außenfachwerb 
n den letzten Jahren wieder zutage gefördert wurde, zu nennen 
as Wagner'sche Haus in der Salzgasse, der Frankfurter Hof — 
as alte Absteigequartier des Klosters Haina — und das Schulz- 
Kussack'jche Haus in der Westheimerstraße (. Bild J links). 
Nur die Häuser an dem städtebaulich so hochinteressanten Markt- 
platz behielten länger ihr eintönig graues Gewand. 
Doch nunmehr beginnt auch hier der altes Fach⸗ 
verb bedeckende Außenputz allmählich zu ver- 
schwinden. Im vergangenen Herbst wurde mit 
er Freilegung des Wickert'schen Eckhauses der 
Anfang gemacht. Auf der anderen Seite des 
Marbtplatzes (j. Bild 2) fällt jedem das May'sche 
—XR 
verl in diesem Frühjahr einen farbenprächtigen 
Anstrich erhalten hat. Es wäre auf das lebhafteste 
u begrüßen, wenn die Stadt Homberg auf dem 
ꝛtwas zurückliegenden Platze zwischen dem May⸗ 
ichen Hause und der Kirchplatzmauer (s. Bild 2) 
ihr Kriegerdenkmal errichten würde. Von städte- 
haulichen Gesichtspunkten aus ist dieser Platz be⸗ 
sonders günstig gelegen. In Verbindung mit 
einem Laufbrunnen würde das Kriegerdenkmal 
an dieser Stelle wirksam zur Geltung Lommen 
und gleichzeitig eine wesentliche Bereicherung 
der an bildhauerischem Schmucke armen Platz- 
anlage ergeben. 
Die Aufnahmen vom Warbtplaßz zeigen 
deutlich, wie wünschenswert es ist, daß nun auch 
ie übrigen Gebäude den anderen folgen, um der 
häuserwand wieder ihren einheitlichen, ursprüng- 
ichen Anblick zu geben. Erfreulicherweise er⸗ 
ennen immer mehr Besitzer alter Fachwerbhäuser 
in ihrem eigenen Interesse die Notwendigbeit, 
baldigst das Holzwerb der Gefahr von dem, Toten⸗- 
hemd“ des alles bedeckenden Putzes zu befreien. 
50 ist in diesen Wochen bereits wieder mit der Freilegung der 
fijcher'sjchen Apothebe, einem alten Patrizierhause, begonnen worden, 
essen in früherer Pracht wiederhergestellte Vorderfront den Marbt- 
latz wirksam zu verschönern verspricht. Auf das lebhafteste muß 
aher die Durchführung der geschilderten Maßnahmen begrüßt 
herden; wird doch hierdurch im Sinne unseres Heimatschutzes ein 
achahmenswertes Beijpiel von Wiederaufbauarbeit geleistet, indem 
n unserer heutigen, armen Seit die Schätze eines früheren, reichen 
Kulturlebens wieder ans Tageslicht ge- 
bracht werden 
Wer kennt nicht das reizend gelegene Homberg a. d. Efze mit 
dem Schloßberg im Hintergrunde und der das Stadtbild weit über— 
ragenden, spätgotischen Kirche, die von der tiefen Glaubensfreudigbeit 
der Dorfahren beredtes Seugnis ablegt! Jedem Keisenden der 
Main Woejerbahn fällt dieses BSild der Stadt 
zwischen Wabern und Borken auf. Und wie 
großartig wirkt das Schaubild der Stadt von 
der Berlin —Coblenzer Bahn aus, nachdem der 
Zug über die Hochbrücke bei Kemsfeld ins 
Efzetal fährt! Doch nur wenige bennen die 
Schönheiten der Stadt selbst. Die Lage des 
Ortes, etwas abjeits von den heutigen Haupt- 
berbehrsadern, hat viel zur Erhaltung der alten 
Straßenbilder beigetragen. Während in anderen 
Städten nach dem Kriege von 1870/11 unver- 
mittelt ein baulicher Aufschwung einsetzte, der 
oft rücksichtslos Bauten von hohem, architeb- 
tonijchem Werte niederlegte, um geschmacklosen 
Neubauten Platz zu machen, blieb Homberg von 
dieser wilden Bautätigkeit der Gründerjahre 
glücklicherweije verjschont. Wohl wurden damals 
auch in Homberg an den Geschmack der Seit 
Zugeständnisje gemacht, indem die meisten der 
alten Fachwerbhäuser verputzt wurden und so— 
mit gleichsam ein graues Alltagsgewand er— 
aielten. 
Im Laufe der Jahreée hat es sich nun ge— 
zeigt, daß ein gänzlicher Verput der Außen- 
eiten eines alten Fachwerbhauses dem Holz- 
verb bedeutenden Schaden zufügt. Durch das 
ahrelange Abgeschlossensein von der Außenluft 
»eginnt das Fachwerk zu vermorschen und durch 
Kisse im Putz dringt in das Holz Feuchtigbeit ein, 
die nur schwer wieder verdunstet. Das Holzwerb 
als ein organischer Baukbörper bann nicht mehr „atmen“ und verdirbt. 
Außerlich zeigt sich dieses Kranksein eines alten Fachwerkhauses 
daran, daß der NAußenputz in größeren Flächen herabfällt. Bislang 
wurde in solchen Fällen der Puß notdürftig ausgebessert und die 
Vorderseite des Hauses mit einem häßlichen Glfarbenanstrich, der 
die Straßenbilder so verunstaltete, so langweilig und tot erscheinen 
ließ, versehen. Man hatte das Haus außen wiederhergestellt und 
doch die wahre Ursache der Krankheit des Haufses nicht erbannt. 
Erst in den letzten Jahren ging 
nan, unterstützt durch fachmännische 
Aufklärung, dazu über, die alten Fach— 
werbhäãuser in sachgemäßer Weise in— 
tand zu setzen. Durch Entfernung des 
gesamten Außenputzes wurde das Holz- 
verb freigelegt; jetzt erst jah man den 
Umfang der Serstörung an den Fach— 
verbhölzern, und mancher Hausboesitzer 
vird sein Haus in diesem Sustande 
entsetzt betrachtet haben. Um das Ge⸗ 
»äude zu retten, mußte das Holzwerl 
zründlich ausgebessert und schadhafte 
Stellen ausgewechjelt werden. Nur das 
Mauerwer! der Gefache erhielt einen 
wetterharten Putz; das Holzwerk wurde 
durch einen Gljarbenanstrich geschützt 
und hierbei Ornamente und Schnitzereien 
farbenprächtig herausgehoben. Wie 
ehr hatte nun das Haus wieder an 
Ansehen gewonnen! Größer und auf— 
echter steht es da, freundlicher blickt es auf den Beschauer. 
Diesen Eindruck wird jeder empfunden haben, als das Paulstich sche 
Haus Ecke Westheimerstraße und Antergasse vor 3 Jahren wieder⸗ 
»ergejtellt worden war (. Bild 1). Nun erst bildet es den würdigen 
Abschluß des Straßenbildes von der Bahnhofstraße her. In gleicher 
WVeise begrüßt seit Lurzem den Besucher der Stadt vom Obertor 
rus das von der äußeren Putzhülle befreite Landau'sche Haus. 
2) Die Schriftleitung beabsichtigt, aus allen niederhessischen Städtchen von der 
WVerra bis zur Edder ähnliche Beiträge mit Bildern zu bringen und regt zur 
Finsendung an. 
Das Paulstich'sche und Russack'jche Haus 
Selbstaufnahme des Verfassers 
Eine KReije 
nach Thüringen. 
VODon LE. Heinlein, Sondheim. 
Es war in dem heißen Sommer 
1865, als mir ein älterer Kollege den 
Dorschlag machte, mit ihm auf seine 
Kosten eine Reise nach Eijenach und 
Umgegend zu unternehmen; ich als ein 
—AD 
jchall sein. Voll freudigen Dankes 
nahm ich das hochherzige Angebot an. 
Die KReisevorbereitungen waren bald 
getroffen und Montag, der 4. August, 
als Keisetag festgelegt. Man beliebte 
damals noch das Fußwandern, wenn 
auch die Eisenbahnfahrten noch billiger 
varen als heute, das Geld war nicht überflüssig da. 
Also burz nach Mittag gings los, zunächst bis auf Hof Cornberg 
u Frau Bodenstein, wo bei einem Glas guten Coburger Abtien- 
ieres längere Seit gerastet wurde. Dann in der Nachmittags— 
ũhle weiter ũüber Berneburg mit seinen grotesben Kalbsteinfelhen 
ber Hornel nach Lindenau, einem bleinen Weiler bei dem reichen 
Ilfen. Ein unversehens heraufziehendes Gewitter mit heftigem 
Kegen nötigte uns, in Weizenhũgeln Schutz zu suchen. Doch das 
ßewitter zog rajsch vorüber, ohne Abkbühlung, weiter ging es nach 
ꝛindenau. Ein lieber Freund nahm uns mit offenen Armen auf
	        
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