„Nein, Willem. Wie meinst du das? Ist dir irgend
was Unangenehmes geschehen? Oder hast du Streit mit Els
gehabt, dann will ich — — —.“
„Was — Streit!“ fuhr der Berghofbauer wieder auf,
„Streit? dazu ist Eure Els viel zu — lammfromm. Da gibt's
reinen Streit net. Außerdem — mit seinem Eigentum streitet
man sich doch net, mein ich — und meine Frau — na, Ihr
vißt's ja — sie kostet mich — —.“
Er beendete den Saß nicht, Els stand plötzlich vor ihm.
„Sprich's aus!“ rief sie gebieterisch. „Was bost ich dich?“
„Dreitausend Taler,“ bam's brutal von seinen Lippen.
Der alte Waldmüller schüttelte sich wie im Fieber, er
wollte etwas sagen, aber die Stimme versagte ihm den Dienst.
Els merbte es und bat: „Kommt, Vater, hier ist nicht der
Ort für Euch, ich bring Euch nach Haus. Um die 8000
Taler macht Euch beine Sorge, Ihr hört's ja, mein — der
Berghöfer ist schuldig, sie zu bezahlen, und ein Schuft“ —
hre Stimme nahm einen harten Klang an —, „wer an seinem
Teil den Kaufvertrag nicht einhält!“
uufgegangen, daß er von ihm um das Geld geprellt worden
vpar. Was lag auch schließlich daran, wer alle von seinem
Besitztum eine Planke wegrißl — —
Daß es den Krebsgang bei ihm ging, er schob die
Schuld daran lediglich auf sein Weib. Seine eigne Sünde bei
er Heirat war ihm nie so recht zum Bewußtsein gekommen.
Er dachte in diesem Punbte als ein Kind seiner Umgebung:
venn das VDermögen paßt, dann gut, im übrigen — pah, das
indet sich schon! Daß es sich bei ihm nicht finden wollte,
aran trug nach seiner Meinung die Els allein die Schuld.
Varum zeigte sie sich anders veranlagt als andre Mädchen?
Varum bonnte sie ihrer Liebe zu Hans Kenner nicht Hoerr
perden? Warum? Bot er ihr nicht allesl War er nicht
etzt noch — trotz alledem — ein Mann, mit der sie Staat
nachen konnte. Ja, ja, sie trug an allem die Schuld, sie,
ie nie heftig, aber auch nie freundlich oder fröhlich oder gar
utraulich sich gab. Und er hätte sie doch so gern zutraulich
gesehen. Es wallte ein heißes Blut in ihm.
Seit jenem Auftritte mit dem VDater gähnte ein breiter
Abgrund zwischen ihnen, die doch zusammen in der Ehe
ebten. Sie sprach von ihrem Manne als von einem völlig
fremden, und er — er wußte einen“ Ausweg, wie er seinen
Arger und sein heißes Blut abkbühlen konnte. Er tranb.
Anfangs ein offenes Geheimnis, das man sich nur ver—
tohlen in die Ohren raunte, bam es schließlich so weit, daß
2s die Spatzen auf dem Dache zwitscherten, wie er des öfteren
lärmend und stolpernd die Dorfstraße herabgetorkelt sei.
(Fortjetzung folgt.)
—18.
Mit diesem Tage haͤtte sich die Wolbe, die bis jetzt nur
die Sonne über dem Berghofe verdunbelte, in eine Gewitter-
volbe verwandelt, aus der Donner und Blitz herniederfuhren.
Es verging fast kein Tag, an welchem der Berghöfer nicht
Urjache fand, seinen heftigen Unmut auszutoben. Er haͤtte
die 8000 Taler ohne Mühe aufgetrieben und dem Wurzel-
bast geschickt, obwohl ihm nachgerade die feste Überzeugung
Der Bruderstein õ Ballade von Heinrich Ruppel.
Was suchst du in unserem Garten? Was siehst du mich so an?“ —
Ich suche dich iin Garten. Du hast mir's angetan!“ —
Qu weißt es: ich bin versprochen. Drum geh und lasse mich!“ —
Nichts weiß ich und will nichts wissen! Weiß nur: ich liebe dich!“ —
Geh, geh!“ fleht leise Maria, „und laß mich ungejtört!
Ich müßt in die Erde briechen, wenn uns hier einer hört!“ —
Sie laujscht. Am Wege draußen pfeift wie ein Disteifink
dannsjörg, ihr lieber Liebster. Sur Türe bommt er fiink
Ind sieht entzückt sein Mädchen und sieht erschüttert — Hein.
„Was willst du von Maria? Wie kbommst du hier herein?“
ꝰo fragt er seinen Bruder. Der rasch und jäh: „Sei still!
du hast bein Kecht zu fragen, was ich im Garten willi.
sch will, was du wirst wollen, und hab ein besseres Recht.
denn ich, ich werde Bur sein — und du, du wirst ein Knecht!“
dannsjörg vermag zu lachen, ist froh, daß er's noch mag:
Meinthalben werde jelig als Burl Nun aber sag,
Vas hat das mit Maria zu tun?“ — „Mehr als du denbst,
Der du ihr nichts als Armut und harte Arbeit schenbst.
Nir, mir wird einst der Vater vererben Kron' und Land.
dir, dir wird wenig werden: ein Bettelstab in der Hand!“ —
O Liebster, bleibe ruhig! O Liebster, laß ihn höhnen!
sch will mit meiner Liebe dich hoch und herelich rönen.
daß ihm nur seine Acker, laß Scholle ihm und Schur!
Als Hüttner sind wir reicher denn er als großer Bur!“
dein Locht das Blut im Herzen, als so das Mädchen spricht.
ẽr wirft sich auf den Bruder und knirscht: „Fort, armer Wicht!
ßib her! Du bist bein Pflüger. Nichts bist du als ein Knecht.
sch bin der Erstgeborene. Und mire steht zu das Kecht!“
Ind er entreißt urplötzlich das Sech der Bruderhand.
dannsjörg will's ihm nicht lassen und Lommt aus Rand und Band.
ẽr stürzt sich auf den andern, dem flammt's vorm Blick so rot.
ẽEr hebt die scharfe Pflugschar und schlägt den Bruder tot.
Ist kKeine Kos im Garten, die also blutrot blüht
PNie jetzt der Sand des Weges, darauf die Sonne glüht.
And beine weiße Lilie ist wie Maria erbleicht,
Die wie in irren Träumen dem Liebsten die Wangen streicht. —
Am Kreuztoeg vor dem Dorfe, versunken halb im Rain,
Da steht seit Vätertagen der graue Bruderstein.“)
Ex raunt von schwerer Meintaät, die vormals hier geschehn,
Und eingegraben siehst du ein Sech im Steine stehn.
Vie klingt es aus der Schmiede durchs Dorf so hell und laut!
vSeranien umblühn die Fenster, als wohnte dort eine Braut.
Des rußigen Meisters Tochter ist blond und licht wie der Tag,
Daß, ohne nach ihr zu schauen, Lein Bursch vorbeigehn mag.
Und wenn die Hand, die sorglich die roten Blumen pflegt,
Venn auch die schöne Maria noch beinen Brautring trägt,
vanz heimlich und glüchselig ist sie versprochen schon
Hannsjörg, dem Jugendgespielen, des Nachbars zweitem Sohn.
Vie lugt aus Blütendolden ihr Köpfchen fein hervor!
Betrat nicht eben ihr Liebster das höllenschwarze Tor?
Dom Acker bam er. Die Pflugschar schrappte sich schartig am Stein.
Uun soll sie vom Dater wieder geglüht und gehämmert sein.
Dieweil sie schärft der Meister, steht Hannsjörg in sinnender Kuh
Und schaut den sprühenden Funben und hört dem Klingklang zu.
Schnell. schnell vors Dorf in den Garten! Sie nimmt das Körbchen
geschwind,
Als wollte sie Erbsen pflücken, und ungesehn, wie der Wind,
Hhuscht sie zum Garten und wartet, bis auf dem Weg ins Feld
Ihr lieber Liebster vorbeikommt, daß sie ihn neckt und stellt
Und rasch ein Küßchen pflücke und ihm ein Röslein brech'.
Dort oben pflügt ja sein Vater. Dem bringt der Sohn das Sech.
Er kommt! Sie späht durch die Hecke. Herzklopfendes Glück! — O nein!
Sie bebt in ihrem Verstecke. Nicht er — sein Bruder Hein!
Der stolze Erbe des Hofes, er freit schon lange um sie,
Tritt suchend durch die Tür jetzt und ruft: Maärie! Marie!
Er ruft es bittend und leise. Sie steht und rührt sich nicht
Und drückt sich in die Büsche und birgt ihr bleiches Gesicht.
Er geht den Pfad im Garten zwischen den Blumen entlang
Und steht nun vor dem Mädchen — und ist ihm selbst fast bang.
A—
Ist Leine Kose im Garten, die also herrlich blüht!
) Anmerkung: Wer das Dorf Kaboldshausen, Krs. Homberg, wo Karl
Engelhard als junger Lehrer wiekte, in der Richtung auf den Predigerstuhl verläßt.
ieht am Dorfausgang lin?s am hohen Rain einen Stein mit einem eingegrabenen
Sech (Pflugmessers. Son ihm weiß der Volksmund zu künden, daß hier ein Bruder
en andern mit einem Sech erschlug. Diese ganz ins Dunkel der Vergangenheit
ehüllte Tat gab die Anregung zu obigem Gedicht.
Dort, wo das Blut geflossen, da steht seit jener Seit
der Bruderstein und kündet von herbem Herzeleid.
um Seichen dessen grub man die Pflugschar in den Stein.
Dder raunt von schwerer Meintat. versunken halb im Rain.