das ihm Kespebt einflößte. Er hatte vor der Hochzeit gedacht
Els werde ihn lieben lernen, heute glaubte er's nicht mehr.
Warum sich aber mit Grillen plagen. Er verbarg in
seinem Wandschränbchen ein Mittel, das sie vertrieb: er tranb
heimlich, seinen Arger zu bekämpfen.
„G'n Tag,“ sagte er ziemlich barsch und stellte sich vor
Wurzelbast hin. „Ich bin beauftragt, Euch 3000 Taler aus—
zubezahlen. Weitere Kosten sind wohl nicht an die Gegen—
partei zu entrichten?“ wandte er sich dann an den Winkel—
—X—
Dieser dienerte und sagte: „Nein, Herr Berghof, daß
ich nicht wüßte. Die Kosten des Gerichts freilich, die — —“
er zuckte bedauernd mit beiden Schultern. —
„Ich weiß, die muß mein Schwiegervater tragen. Hier
sind 3000 Taler, gebt mir Quittung, daß Ihr nunmehr voll—
ständig abgefunden seid.“
Indem sich Maus niedersetzte, Tinkte, Feder und Papier
hervorholte — denn ohne diese geht ein rechter Winkeladvobat
überhaupt nicht aus, auch würde es ihm schwer geworden
sein, im Hause des alten Bast etwas Schreibfähiges aufzu—
treiben — zog der Alte eine Flasche aus dem Wandschränkchen
hervor. Gläser brauchte er nur herbeizuschieben, sie standen
schon für alle Fälle auf dem Tische.
WMaus machte eine Pause im Schreiben und griff nach
seinem Glase, und auch der Berghöfer ließ sich überreden,
zuzulangen. Swar war er mit dem festen Vorsatz hierher⸗
gekommen, dem „alten Spitzbuben“ seine stacheligste Seite zu
zeigen, aber — was ging ihn denn auch eigentlich zum Henber
der Waldmüller an, der ihn durch seine Tochter, die er ihm —
berschachert, unglücklich gemacht hatte. Und der Wacholder
duftete ihm so lieblich unter der Nase. Ah, ah — — er
floß prächtig durch die Kehlel Er mußte dem Allen sein
Lob aussprechen.
Der tat sehr geschmeichelt. Aber um seinen Mund irerte
etwas, das mit dieser Freude nichts zu tun hatte, das glich
pielmehr der lauernden Gier einer Katze oder eines Fuchses.
„So,“ sagte nun der Winkeladvobat, „damit wären wir
fertig.“ Er las: „Ich, der Endesunterzeichnete, bescheinige
hierdurch quittierend — verstanden? quittierendl — daß mir
mein Bruder — —“
„Unsinn!“ Enurrte Wurzelbast. Der Winkbeladvobat warf
ihm einen verweisenden Blick zu: „Anterbrecht mich nicht!“
„Also, daß mir mein Bruder, Klaus Heinrich Waldmüller,
3000 Taler Abfindungssumme laut gerichtlichen Urteils vom
1. September 1864 richtig ausbezahlt hat. Ich erbläre, dadurch
vollständig — vollständig,“ wiederholte der Lesende, starb be—
tonend — „abgefunden zu sein und Leine Ansprüche mehr auf
die Waldmühle zu haben.“
„So, Herr Waldmüller,“ wandte er sich batzbuckelnd an
den alten Bast, „bitte, noch unterschreiben.“
Das ging nun nicht so ohne weiteres. Fürs erste mußte
der also Angeredete seine Brille herbeisuchen. Wenn Leute
zugegen waren, beliebte er nämlich, den halb Blinden zu
spielen. Schließlich fand sich dieses „Möbel“ bei den alten
Kämmen. Nachdem sich Bast dann auf eine höchst umständliche
Weise gesetzt hatte, fing er an, die Feder in Bewegung zu
setzen. Nach dem ersten Strich war aber noch nichts zu sehen
als eine Versammlung von z3wanzig Klecksen, die sich wie der
Schwanz eines Kometen über das Geschriebene hinzogen. Sum
zweiten Male gelang der Versuch besser, und nun prangte
in großen, ungelenken Buchstaben unter der Quittung
Sebastian Wald—schmidt.
Der Winbkeladvobat meinte, der Schlag müsse ihn rühren.
mit einem kühnen Griffe zerknitterte er den Bogen in seinen
Händen. „Esel!“ brummte er durch die Sähne. Laut sagte
er bedauernd: „Das Schriftstück ist verdorben, ich werde ein
neues aufsetzen.“
Er hätte nicht so eilig zu sein brauchen, der Berghöfer
)atte nichts bemerkt von dem Ungeschick des alten Bast.
Während der Winbkeladvokat schrieb, hafte ihm der Alte küchtig
zugetrunbken, und mit dem Seug war nicht zu spaßen, das
hatte schon manch einer zu seinem Schaden erfahren.
Als sich nun Maus wieder an seine Schreiberei setzen
vollte, gab ihm Wurzelbast einen Wink mit den Augen.
Maus schob die Schreibsachen fort und bam nach diesem und
enem auf Hans Kenner zu sprechen, daß er ihn noch neulich
n der Stadt gesehen habe. Hatte der Berghofbauer vorher
üchtig getrunken, so stürzte er jetzt geradezu das betäubende
Naß hinunter, als er den Namen Kenner hörte. Dieser allein
virbte schon auf ihn wie die rote Farbe auf den Truthahn.
„Ich glaube, der wird auch nicht weit sein,“ fuhr der
Vinkbeladvokbat so obenhin fort, „ich hörte von ihm, er habe
zu Hause etwas Liebes. Wer wird sich da weit verschicken!“
Wieder irrte das teuflische Grinsen um die Lippen des
Murzelbast. „Gut, sehr gut,“ murmelte er, „dieser Maus
st ein Kapitalkberl.“
„Sagtet Ihr auch was?“ fragte mit einem Male der Berg—
höfer nach Art der Angetrunkbenen heftig.
„Bewahr'!“ gab Bast zurück, „ich meinte nur, Maus
ichwatzt Unsinn.“
Der Berghöfer schlug auf den Tisch. Die Amseln schricen
ruuf, und Rotbrüstchen hing sein müdes Köpfchen auf die
indere Seite. „Ihr habt recht, Ansinn schwa—atzt er!
Ho—ole ihn der T... Ill Bringt eine neue Fla—ascho.
Hier ist Geld.“ Damit warf er blingend ein Zweitalerstück
auf den Tisch.
Die beiden „Freunde“ schauten sich triumphierend an,
und das Gelage nahm seinen Fortgang. Der Berghofbauer
rankb sehr viel. „WM—as Licf-—iebes,“ schluckerte er, „ich
vi—ill ihm he—elfen, meine F-—rau lie —ieben. Pro—ost,
ihr Ke—erle, sa —auft — — —“
Da auf einmal stand die Sunge still, die Augen stierten
Jläsern und verständnislos auf einen Punkt; er war total
detrunken.
Der alte Bast und Maus flüsterten miteinander! „Wie
verden wir den Trunbenbold nun los?“ Sie beschlossen, ihn
in die Nähe seiner Wohnung zu schaffen. „Erfrieren bann
er da jetzt nicht,“ meinte Maus.
„Und wenn,“ sagte Wurzelbast, „dann auch gut. Geld
yaben wir so wie so Leins bekommen! Hier hast du die
hälfte. Hoffentlich wird er nicht schon beim ersten Male bopf-
cheu. Wie bönnen ihm ja zur Fürsorge auch noch den Geld—
»eutel abnehmen, damit er denbt, er habe alles verloren.
Ich wette, daß er morgen nicht eine Bohne davon weoeiß,
vo er heute Abend gewesen ist. Der Tag endet besser, als
» begonnen hat, wir haben einen Hirsch erlegt statt eines
Kehbocks.“ Der Allte geriet in seiner Gaunerfreude ins
Raudern, was sonst gar nicht seine Art war.
„Einen eifersüchtigen Birkhahn,“ fügte Maus sarbastijch hinzu.
Damit traten sie ihre Wanderung an. Es war bein leichtes
Stück Arbeit, den Berghofbauer fortzuschaffen. Wie eben
die Sunge, so versagten ihm jetzt die Beine. Nur als er
n die Nähe seines Hofes kam, dämmerte ihm die Besinnung
oweit auf, daß er wieder zu lallen begann: „Mei — mei — eine
K—i— Kit —t —tung.“
„Dal“ sagte der alte Wurzelbast boshaft und gab ihm
einen Stoß gegen die Brust. Mit einem dumpfen Knutren
siel der Berghöfer wie ein Mehlsack zur Erde und schlief
uuch gleich ein.
3*