Im großen Theaterzelt bebam ich gerade noch einen Plat.
Wiederum geht Heinrich Kösers (im, Heimatschollenverlag“ auch im
Druck erschienenes) dreiaktiges Schauspiel aus dem Dreißigjährigen
Kreieg „Jochem Hennig“ trotß dem Fehlen äußerer dekorativer
Mittel auf der Stilbühne eindrucksvoll in Szene. Ob dem Stüch
Ewigbeitswerte inne wohnen, steht hier nicht zur Debatte. In
schwungvollen, Heimatliebe atmenden Versen geschrieben, wurde es, von
Oberregisseur Ehrl-Cassel und Lehrer Hühné trefflich einstudiert, mit
Frijche und freudiger Teilnahme in den meisten RVollen mit lobens—
wertem, z. T. sogar ũüberraschendem Können gesjpielt. Was hier ein—
heimische Kräfte in erstaunlich kurzer Seit neben des Sommertages Last
und Arbeit zu Wege brachten, verdient unbedingt Anerkennung, und
diese wurde Dichter wie Darstellern in reichem Maße zuteil.
Dann fand man sich wieder auf dem Festplatz zujammen, aber
uch allenthalben in der Stadt herrschte frohbewegtes Treiben.
für die auswärtigen Gäste brachte das, übrigens jehr fein zusammen-
estellte Feuerwerk den Abschluß. Auch der Montag, der vor
llem noch gut organisierte sportliche Leistungen bot, galt noch der
festfreude. Dann irat der Alltag wieder in seine KRechte. Greben⸗
ein aber bonnte in diesen drei Tagen einen großen Gewinn buchen.
ks hat sjeinen Bürgern ein durch beinerlei Mißklang getrübtes
fest der Heimatliebe geschenkt, von dem noch die Kindeskinder
eden werden, und es hat durch eben dieses Fest in die Herzen
ahlreicher Fremder die Liebe zu der pietätvoll bewahrten mittel-
ilterlichen Schönheit einer hessischen Kleinstadt gepflanzt, wie sie
ymdeufschen Gauen nicht allzuoft mehr anzutreffen ist. Hbach.
Historischer Festzug ĩn Grebenstein: Jagdgruppe, Besuch aus Wilhelmsthal.
Dom Pulsschlag der Heimat.
Sagen vom Amtsschultheiß
Kiemenschneider.
Sagen reichen gewöhnlich in graue Vorzeit zurück. Umso
verwunderlicher ist es, daß sich an die Person eines Mannes, der
erst vor anderthalb Jahrhunderten starb, ein Sagenkreis Lnüpft.
Im Jahre 1759 wurde Johann Heinrich Riemenschneider Amts-
schultheiß und Rentmeister zu Rauschenberg. Die Aberlieferung
beseichnet ihn als einen gewalttätigen, völlig rũcksichtslosen, partei-
ijschen Mann. Er beugte das Recht; auch richtete er durch erlogene
und gefärbte Berichte an die landgräfliche Regierung zu Cassel
viel Unheil an. In Rauschenberg und den Dörfern des dazu—
gehörigen Amtsbezirbs atmete alles auf, als er im Jahre 1770
starb. Nun bemächtigte sich die Volkssage seiner Person. Er
Lönne, meinte die Sage, noch im Tode keine Ruhe finden. Folgende
Saqgen sind in Rauschenberg über ihn im Umlauf:
lJ. Sage.
Als Riemenschneider gestorben und begraben war, ver—
jchwand sein Leichnam aus dem Grabe und lag auf einmal an
zeiner sumpfigen, vertieften Stelle, da, wo in der Nähe des Hofes
ʒettrichhausen zwei Wiesengründchen zusammenstoßen, „Der
Biegrabe“ genannt. Diese Stelle ward seitdem immer mehr zum
Sumpfe, der den Toten von Seit zu Seit ausspeit. Wenn ihn
das Wasser nicht mehr dulden will, was nur selten geschieht, dann
aber immer abends oder nachts eintritt. so wird er mit unsicht—
Hofphotograph Eberth, Cassel.
arer Gewalt ans Land geworfen. Er wandelt hierauf längere
zeit als toter Mann auf dem Wege zwischen dem Hofe Settrich-
hausen und einem Brückchen hin und her, bis ihn sein nasses Grab
vieder aufnimmt. Es ist nicht gut, dem Toten zu begegnen. Die
ↄtelle, wo jein zweites Grab sein soll, heißt jetzt noch „Kiemen-
chneiders Loch“. IL Sage.
RKiemenschneiders Seele war lange Seit in den Keller der
iesigen Oberförsterei gebannt. Nachts war die sündige Seele vom
Banne befreit und fuhr dann in einen Werwolf. Dieser erschien
iachts öfters in den Häusern des oberen Stadtteils, um die Leute
u änstigen. Ein beherzter Mann namens Koch hatte schon viel
on dem Spub gehört und auf sein Erscheinen gewartet. Sur
dorsorge legte er sich einen Sack unter das Kopfkisjen. Und
ichtig, eines Nachts erscheint ein Werwolf und legt sich ũber die
Settdecke. Koch nicht faul, springt aus dem Bette, zieht dem
Verwolfe den Sack über, bindet ihn rasch zu und krägt das
appelnde Ungetüm vor die Haustüre, wo er es totschlägt. Seit-
em ist Riemenschneider erlöst, und in Oberförsters Keller spubt
s nicht mehr.
III. Halsdörfer Sage vom Riemenschneideer.
Im benachbarten Halsdorf bejaß der Amtsschultheiß Riemen⸗
chneider ein größeres Bauerngut, das ihm vermutlich als Teil
einer Besoldung ũüberwiesen war. Efters fuhr er von hier aus
n die Dörfer jeines Amtsbezirts. Einst bommt er wieder einmal
zon Wohra her zurück. Swei feurige Kappen ziehen die Kutiche.