Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

und Einõde ringsumher gelagert haben mag, die offenbar bei all 
diesen Sufluchtsätten mehr zum Schutze beitrug als die eigentlichen 
Befestigungen. 
So liegt auch die zweite ähnliche Anlage, obgleich nahe am 
Tale und den Siedlungen, doch so versteckt im Waldesschatten, daß 
jogar viele Einheimijche sie nicht Lennen und viele, die sie gern 
besjuchen möchten, sie nicht inden. Sie trägt den Namen, Kömer- 
lager“. Die Bücher schreiben aus einander ab, daß nach Devrient, 
„Die Heimat der Cherusber“, bei Sooden im Jahre 16 3wischen 
Hermanikus und den Cherusbern eine Schlacht stattgefunden habe 
und dieser eine Seitlang zur Beobachtung des Feindes am Flusse 
eine feste Stellung eingenommen habe. Damit bringt man das 
Komeriager in Verbindung, in dem seit 1780 verschiedene rõmische 
Müũnzen aus der Seit des Augustus gefunden worden sein sollen. 
Ich habe mich vergeblich bemüũht, zu erfahren, ob diese Nachrichten 
zutreffen und nie etwas von den spukhaften Münzen zu jsehen be⸗ 
Lommen. Und ehe dies geschieht, behaupte ich, daß das „Kömer⸗ 
lager“ nichts anderes als der Mönchshof auch ist: eine altgermanische, 
vorgeschichtliche Befestigung. Wie es zu seinem Abernamen ge- 
kommen sein Lann, ist leicht erblärlich (vergl. die vorhin erwähnte 
„Kömerschanze“l): Einmal bezeichnete man in manchen Seiten alles, 
was sonjt nicht zu erklären waär, als „römisch“, und dann mag auch 
ein gelehrter Betrachter durch die viereckige Gestalt diejer Umwal- 
lung auf die Ahnlichbeit mit einem spätrömischen Soldatenlager 
(Gergl. Saalburg im Taunus, Romerlager bei Kloster Arnsburg 
ujto.) geraten jein. Wir machen uns beiner Kühnheit schuldig, wenn 
wir dieses Kömerlager“ in die Reihe der übrigen, einwandfrei 
als solchen festgestellten, vorgeschichtlichen Befestigungen eingliedern. 
on denen es sich nicht im geringsten unterscheidet. Semerbenswert 
st ein tiefer Saufgraben, der sich von seiner Nordostecke nach dem 
nitteleinjichnist des Hirschenberges zu Tale zieht und in unver⸗ 
ennbarer Seziehung zu der Schußanlage steht. Tiefe Waldein- 
amkbeit des daldee webt um die alien, wenig deutlichen 
zpuren des Lagers. Die seltsame Unbestimmtheit, mit der wir 
rtennen, daß Menschen hier gewirkt haben, aber uns vergeblich 
vbᷣmũhen, uns vorzustellen, wie sie des Näheren gewirbt und ge 
ebt haben, bewegt uns tief und jaßt uns aufs deutlichste zum SBe⸗ 
pußtjein Lommen, wie auch unser Wirben und Leben einst ver⸗ 
sogen sein wird wie Rauch im Winde und nur in unansehnlichen, 
etworrenen und ausdrucksarmen Spuren zu anderen Geschlechtern 
yrechen wird, eine wortkarge, dunkle Sprache. 
Mahnen uns solche Bekrachtungen nicht eindringlich daran, 
cht so biel Wert auf Dinge und Sachen, die mit Händen gemacht 
verden, zu legen, uns nicht mit Haut und Haar einer technischen 
ind Sachkultur zu verschreiben, sondern vor allen Dingen den 
Nenschen selbst und jein Gedeihen hochzuhalten, daß er an Leib, 
Seele und Geist auf seiner Hohe bewahrt bleibe? Mit anderen 
Vorten: Was die aͤlten Denkzeichen predigen, scheint mir das zu 
ein, daß es wichtiger, bedeutungsvoller und beglückender jür uns 
ein muß, in die künftigen Jahrtausende nicht unsere Häuser, unsere 
Zahnen, unsere ãußerlichen Errungenschaften hinũberzuretten, son- 
ern unsere Art, den hellen Blick unseres Wesens aus blaren 
Augen, unser Selbst in möglichster Steigerung jeiner Vorzüge, ge- 
adeẽ so, wie vielleicht das Slut und der Sinn eines jener Germanen, 
zie von unseren Befestigungen wachsam ausspähten, noch heute 
n einem spaten Nachfahren der Sonne entgegenjauchzt. 
Auf Heim 
atwegen. 
Aus Grebensteins Festtagen. 
Die letzte Juliwoche zeigte sich von ihrer feuchten Seite. 
Finstere Wolben vᷣerdũsterten den Himmel und schütteten mit beharr⸗ 
ücher Ausdauer Regengüsse auf Grebensteins Fluren herab. So 
waͤren die Aussichten fuͤr das Grebensteiner Stadtjubiläum mehr 
als mederdrückend. Aber dann kam das Anerwartete. Schon 
am Sonnabend nahm die Sonne hinter einer Wolbenwand Deckung 
und warf einen neugierigen Blick auf all das, was emsige Hände 
seit Monaten für das Fest gerüstet hatten. Am Sonntag, hatte 
fie sich vollends auf ihre Pflichten bejonnen und breitete ab und 
zu ihren Strahlensegen aus. Kein Kegentropfen störte die Feier, 
uͤnd erst gegen Abend bam der Kegen, schon um nicht aus der 
Gewohnheil zu fallen, auf den Einfall, daß auch er auf seine Art 
ꝛtwas zum Feste beisteuern müsse, und jagte alles unter schũßende 
Selte, Bäume und Häuser. Aber es war nur eine Schauer, die 
der Festfreude bei⸗ 
nen großen Ab⸗ 
bruch tat. 
Im idyllischen 
Sauertal vor den 
Toren der Staͤdt 
nahm der Be— 
grũßungsabend eiĩ- 
nen ungetrübten 
VOerlauf. Im Mit⸗ 
telpunkte stand die 
gediegene Festrede 
des Bürgermeisters 
Dr. Gerhardt, der 
in großen Sügen 
undaus dem Vollen 
schopfend ein leben 
diges Bild von den 
wechselvollen 600⸗ 
jährigen Schick- 
jalen der alters— 
grauen Stadt ent⸗ 
warf und sodann 
im Namen der 
Stadt die Ehren⸗ 
gãste begrũßte 
die ihrerseits ihre 
Glückwũnsche na⸗ 
mens der von ihnen 
bertretenen Ge— 
meinwesenund Kor 
porationen ũber⸗ 
brachten. Gemein⸗ 
ame Gesänge und weitere gesangliche Darbietungen, namentlich 
iejenigen der trefflich geschulten Grebensteiner Gesangvereine, gaben 
dem Abend einen weihevollen Rahmen. Manches noch könnte 
rwãhnt werden, so die dichterischen Grũüße der von weiter Ferne 
erbeigeeilten alten Grebensteiner und, ein Fest im Fest, der stark 
ejuchte Familientag der alteingesessenen Familie Deichmann. 
dange noch mag man bei bühlem Trunk unter den geräumigen 
zelten gesessen haben; wir selbst schieden schon um 11, und uns 
burde noch ein besonderer Genuß bei nächtlicher Autofahrt unter 
inem Sternenhimmel, wie er sich in solch funkelnder Pracht in 
ziejem Jahr wohl noch nicht geboten hatte. 
Großes Wocken erinnerte die Städter und ihren zahlreichen 
Zesuch in der Frũhe des Sonntags an die Bedeutung des Tages. 
Ddann zog man in Scharen hinauf zur Burg, wo auf grünem 
Viesenplane der feierliche Auftalt des denwürdigen Tages, der 
Jestgottesdienst stattfand. In markigen, die Herzen packenden 
distorischer Festzug in Grebenstein: Marbetenderwagen. 
Hofphotograph Eberth, Cassel.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.