Heut Landgraf oder keiner mehrl 0 Don Th. Endemann.
(Großen · Englis 28. Juli 1427.)
Es ist dem langen Heereszug Da jauchzt ihr Heilruf donnergleich; Noch mancher Stolze bog sich tief,
Der junge Landgraf weit voraus. Sie heben Axt und Morgenstern Wenn ihn mit Wucht ein Axthieb traf,
HOorn von der Höhe schaut der Herr Und ordnen sich zum tiefen Keil Und seufzte „Jesus und Marie!“
Mit seinen Keitern spãähend aus. Und folgen ihrem blonden Heren. Und fiel mit durchgehauenem Schlaf.
Doch, was er schaut, macht wenig froh: Nun hängen sie am Höhenrand, — Swei Mäailen weit bis Jesberg ging's
Singlis und Gombeth hell in Brand! Dem drohenden Gewitter gleich, Durchs Schwalmtal bis zum Kellerwald,
Und wie ein Trauerbanner hängt Dann stürzt's wie Wolkenbruch zutal, Da machten, matt von Kampf und Sieg,
Der dunkle Schwaden überm Land. — Der Landgraf tut den ersten Streich. Des Hessengrafen Reiter halt.
Auch aus der „Neuenmühle“ Dach Durch Erz und bnieschend Schädelbein Dann eitten langsam sie zurück
Bricht züngelnd jetzt ein greller Schein, fFuhr heiß der Stahl. Auf seiner Spur Und hielten noch an manchem Ort,
Aus allen Luben springt die Glut Die Bauern wäürgten hinterher Denn wie im Mai die Blumen blüh'n,
Und hüllt den First in Flammen ein. VWie Mäher auf der Wiesenflur. So lagen die Erschlagnen dort.
— Und auf den Feldern hin und her Vie schnitten da die Sensen gut, Da lösten manchem Ritter sie
Flucht und Verfolgung gnadenlos. Ddaß Schwaden neben Schwaden sanb. Den Schwertgurt und der Sporen Sier
Jäh blitzt der Speer' und Schwerter Erz Vie biß die Axt mit scharfem Schlag Und hoben auf manch Fähnlein bunt
Bei unbarmherz'gem Schlag und Stoß. dich fejst in manchen Harnisch blanb. Und schwenbten es als Siegspanier.
Nicht hemmt die aufgehobene Hand, die Morgensterne blapperten Dierhundert Pferde führten sie,
Die sich, um Gnade flehend, ringt, Vie auf der Tenne Flegelklang, Mit Pracht gesattelt und geschiert,
Den Keiter, daß der nackte Stahl daß wie das Korn aus harter Spreu zweihundert Keis'ge hinterher,
Dem Opfer durch die Kehle dringt. Das Leben aus den Panzern sprang. Den Arm von Keltenlast umbliret.
Aus Hecken und Gebüschen zerrt Vohl wehrten sich die Wainzer gut, So fuhr der Mainzer aus dem Land,
Dersteckte Frauen man herbei Doch packte sie der Bauernzorn, Und ob ihn Wut auch biß und Scham.
Am blonden Haar, und himmelhoch Vie Glut die dũrre Dieme packt. Er spürte so die Baucrnfaust,
Erfüllt das Tal das Wehgeschrei. — Da brauchten sie den goldnen Sporn. Daß nimmermehr er wiederkam. —
Wie wird der junge Heer so bleich! And rũckwärts ging's in wilder Flucht. Am Heerweoeg liege ich im Gras.
Er sprengt zurück in vollem Lauf, Die Reiter nach mit Hieb und Stich, — Mild schaftet mir ein Apfelbaum,
Und aus der Scheide fliegt sein Schwert: Daß es gleich einem Hagelschlag Uralt von manchem Sturm zerzaust
„Ihr wackern Hessen, dran und drauf! Durch die zerstampften Felder strich. Und träume ferner Seiten Traum:
Heut gilt's der Väter altes Landl Noch mancher da wie zum Gebet Durch diese Felder blirrte einst
Heut gilt es Leben, Gut und Ehr! Zum Himmel auf die Arme schwang, Die Sauernschlacht vor langer Seit
Heut haltet mir die alte Treu! WVenn durch den Rücken ihm der Speer AUnd färbte sie mit Purpur rot.
—Heut Landgraf oder bLeiner mehr!l“ Sis in das Marb des Lebens drang. Heut tragen sie ein goldnes Kleid.
Sis weit hinab ins Tal der Schwalm Doch durch die Halme rauscht es noch:
Wogt es von goldnen Ahren schwer. „Heut Landgraäf oder beiner mehrl“
Aus alter Seit.
Kaspar Garthe aus Frankenberg.
Von H. Völber.
Am 13. Juli 1496 wurde dem Stadtbämmerer Heinrich Daniel
Barthe!) in Frankenberg ein Sohn geboren, der in der Taufe den
Namen Kaspar erhielt. Seine Mutter war die Tochter des Accis-
schreibers Meinhardtꝰ). Die ihm so teuren Eltern waren von einem
warmen Gefühl für Keligion und Tugend durchdrungen und leiteten
durch eine geregelte Erziehung die Tage seiner Jugend, die heiter
und ungetrubt verflosjen. Den ersten Anterricht empfing er, nach
einer eigenen Angabe, in der lateinischen Schule“) in Frankenberg,
und er rühmte es, daß der Konrektor Heinr. Trusheim aus Röddenau
die in ihm vorhandene Lernbegierde auf eine ausgezeichnete Weije
zu wecken, zu nähren und zu unterhalten wußte. Anter jeiner
Leitung verfloß, nach Strieders hessischer Gelehrtengeschichte, ein
Teil seiner Jugendzeit. Da dieser öffentliche Unterricht das nicht
umfaßte, was zu einer Vorbereifung zu höheren Schulen erforder—
sich war, mußten die Lücken durch Privatunterricht ausgefüllt
werden, und das um so mehr, da es seinem Vater an den not⸗
8 Mitteln gebraͤch, den Sohn ein Gymnasium besuchen zu
asjen.
Im Jahre 1812 wurde er unter dem vortrefflichen damaligen
Prorektor Münscher unter die Studierenden in Marburg auf-
genommen und widmete sich dem Studium der Stagtswirtschafts-
ehre. Unter den Lehrern stellte er Muncke an die Spißze, weil er
erft durch ihn mit dem wahren Geiste der mathematischen und
Naturwissenschaften vertrauf gemacht wurde. Nicht minder groß
war das Verdienst. das sich Wurzer, Merrem und Allmann um
Harthes geistige Entwickelung und wissenschaftliche Ausbildung
erworben haben. Auch Wachler, Wenderoth und Platner zählte
er zu seinen würdigen Lehrern.?“)
Die größte Freude fand er in dem Gelingen des theoretisch
Sewonnenen in seiner Anwendung. Die Mußestunden brachte er
I GSiehe Seite Al und 458.
eĩ physikalischen und chemischen Versuchen, bei botanischen und
nineralogischen Ausflügen, bei bleineren feldmessenden Anter-
iehmungen oder vor allem des Nachts in Erforschung des großen
Veltganzen zu, was ihn sehr anzog. Der Mangel an Hilfsmitteln
eizte ihn zu eigenen Susammenseßungen, daher bearbeitete er selbst
ßlaser, sehte diese zu brauchbaren Fernrohren zusammen, stellte
in Werkzeug für Meßkunde her und juchte durch Berechnungen
nanche Erscheinungen des gestirnten Himmels im voraus zu
estinimmen. An einer Mauer vor dem zweiten Tor des Schlosses
n Marburg hatte er eine Mittagslinie bestimmt, und er empfand
roße Freude, wenn seine Bemũhungen mit Erfolg gebrönt wurden.
dort hat er erst im wahren Geiste gebetet, indem er die wunder⸗
are Ordnung, die weise Einrichtung des großen mächtigen Schöpfers
mmer mehr erbannte und oft mit Haller die Überzeugung
zewonnen, der sagte:
Die Sterne sind vielleicht ein Sitß verblärter Geister;
Wie hier das Laster herrscht, ist dort die Tugend Meister.
So flossen geräuschlos neun Halbjahre seiner albademischen
Zaufbahn dahin, und 1814 erlangte er die Würde eines Dobtors
der Philosophie, wurde Privatdozent und erhielt 18114 eine An-
tellung an dem neugegründeten Gymnasium zu Rinteln für Mathe-
natik und Physik.“ In demselben Jahre verheiratete er sich mit
Artenoise Henriette Charlotte Beck, der Tochter des Vorlesers an
er „französijchen“ (katholischen) Kirche in Marburg, David Seck.
Auch Garthe bemerbte im Jahre 1824 den merbwürdigen
Doppeljchweif an einem Kometen, wie er in Rußland und vom
zustizrat Kunowsky in Berlin gesehen wurde. Im Jahre 1825
intdeckte er einen Kometen, auch noch drei andere wurden in
diesem Jahre von ihm aufgefunden.
Er waͤr dann so glücklich, eine Erfindung zu machen, durch die
hie Himmelskunde so weit gefördert zu werden schien, daß ihre
Vahrheiten jedermann anschaulich dargestellt werden Lönnen. Der
ßrundgedanbe dieser Erfindung war: Man denbe sich den Blick
uf einen Punbt des östlichen Horizonts gerichtet, so wird mit der
drehung der Erde von Westen nach Osten das ins Auge gefaßte