Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

herzlichen Begrüßung. Lehrer Niemeyer, Karlsdorf, sprach einen 
elbstverfaßten Vorspruch; Sänger und Schulbinder des Warmetals 
brachten Gesänge und Gedichte zu Gehör. Dann ergriff Ober— 
jchullehrer Fritz Keller, Cassel, das Wort zu einer eingehenden 
Würdigung von Bertelmanns Leben und Schaffen. Er pries als 
den Urgrund seines Dichtens und seines Wesens Liebe zur Heimat 
und zu den Menschen der Heimat; seine Schriften seien uns der 
Schlũssel zur Schönheit der Heimat geworden, er habe es vermocht, 
mit der Heimat im Herzen die Welt zu sjehen und mit der Welt 
im Herzen die Heimat liebend zu erfassen. Seine von Liebe 
getragene Persönlichkeit habe ihre tiefste Befriedigung gefunden 
in der Arbeit an den Armsten und Verlassensten, den Kindern des 
Waisenhauses zu Cassel. Danach jprach als Vertreter der Heimat⸗ 
birche Kreispfarrer D. Wijsjemann, Hofgeismar. Er stellte Bertel⸗ 
mann und Marie Martin, die Verfasserin des „Deutschen Heimat- 
glückes“, nebeneinander. Er nannte Bertelmann einen Pjalmensänger 
der Heimat, der das hohe Lied der Schönheit unseres Daterlandes 
gesungen habe. Seine Werbe gleichen einer geschickt verknüpften 
deimatkunde, die allen kommenden Geschlechtern Führung und 
dabsal bieten werde. Eigenste Süge seiner reifen Perjönlichbeit 
eien Demut, Bescheidenheit und Herzensfrömmigleit gewesen. 
ẽks sprachen dann noch ein Klassenkamerad Bertelmanns, als Der⸗ 
reter der Stadt Hofgeismar Bürgermeister Laneus, ein Dertreter 
er Eschweger Lehrerschaft; die Stadt Spangenberg hatte einen 
chriftlichen Gruß, das Waisenhaus zu Cassel einen Kranz gesandt. 
In ganz besonders danbenswerter Weise erfreute eine Gruppe des 
Fasseler Lehrer⸗Gesangvereins die Suhörer mit einigen Liedern. 
zum Schluß übergab der Vorsitzende des Kreislehrervereins die 
ius heimatlichem Sandstein hergestellte Gedenbtafel, die nun das 
ßeburtshaus des Dichters ziert. Es war eine in jeder Beziehung 
vürdige und erhebende Feier, die den Lehrern und den Heimat- 
ürgern unvergeßlich bleiben wird. 
Auch der Heimatschollen⸗Verlag wird das Seine tun, Heinrich 
Zertelmanns Wirben lebendig zu erhalten. Er läßt noch in diesem 
Jahre Bertelmanns Gedichte ‚Acker- und Ahrenklang“ und seine 
frzählungen „Landvolk“ erscheinen. 
VDom Büuchertische der Heimat. 
Im Heimatschollenverlag von A. Bernecker, Melsungen, er⸗ 
schienen von Georg Ploch „Der Distelfink“ und „Von Lieb 
und Leid.“ Preis je o,80 Mb. 
Das sind zwei gute Gaben, die Georg Ploch in den beiden 
Bändchen Erzählungen „Der Distelfink“ und „Don Lieb und Leid“ 
darbietet. Die „Königin“ in „Don Lieb und Leid“ ist sicher noch 
in allen Herzen der Heimatschollenleser eingezeichnet. Handelt 
dieses Bändchen vom Entjsagen, so schildert das andere mehr das 
Gewinnen, wenn auch nach langen Jahren. Beides ist in echter 
Erzählkunst meisterhaft dargestellt. Dazu sind Druck, Buchschmuck 
und Papier vorzüglich. Beide Bändchen bönnen darum warm 
empfohlen werden, besonders auch solchen Lesern, die tiefer 
geschürft sehen möchten. 
Fr. von Geyso. „Die Schlacht von Hess. Oldendorf am 
28. 6. (8. 1.) 1633.“ E. Bösendahl jun. Rinteln 19283. 30 Seiten. 
d,15 Goldmarb. 
Die Schlacht von Hess. Oldendorf ist eine der merbwũrdigsten 
der deutschen Geschichte. Mancherlei ist schon darũber geschrieben 
worden, viel Unrichtiges hat Max Lenz auf Grund der von Hall- 
wich mitgeteilten osterreichijchen Urbunden berichtigt. Wesentliche 
Momente waren noch aufzuhellen. Durch den vorliegenden Auf- 
satz des bebannten hessischen Geschichtsforschers und Militär⸗ 
schriftstellers erhalten wir zum ersten Mal ein durchaus klares 
Bild von der Schlacht; erst jetzt verstehen wir, wie mit einem 
Oerlust der Sieger von nur 60 Toten und Verwundeten 1000 Feinde 
erschlagen und 1600 bis 1100 Mann gefangen genommen werden 
konnten. Die Schwerfälligkeit der damaligen taktischen Formen 
und die Geländeverhältnisse waren es, die die Niederlage jür das 
baiserlich ligistische Heer zu einer so katastrophalen machten. Eine 
besondere Bedeutung erlangt die Veröffentlichung durch die „ein- 
leitenden Bemerkungen“, in denen er die Leser mit dem Geist der 
Seit und der allgemeinen politischen und strategischen Lage ver⸗ 
traut macht, die nationale Serrissenheit und den deutschen Parti— 
kularismus, den Kriegsverlauf bis Ende 1032, die Bedeutung des 
Erzbistums Köln und die schwedische Machtstellung im sũdwostlichen 
Deutschland schildert, sowie eine Charabteristik der Fürsten und 
Heerführer der damaligen Seit, besonders des Landgrafen 
Wilhelm V. von Hessen und des Herzogs Georg von Braun— 
schwoig, gibt 
Fr. von Geyso. „Die schwedenfreundliche Politiß Hessens 
1631 bis 1634.“ Verlag N. G. Elwert Marburg, brosch. o,40 Mb. 
Der Verfasser gibt fesselnde Einblicke in die BSBeweggrũnde 
Gustav Adolfs und seines Verbündeten Wilhelms V. von Hessen. 
Er weiß ũberzeugend darzutun, daß ein Sieg des Schwedenkönigs 
über das Habsburgertum und die Verwirklichung der Idee vom 
corpus evangelicorum entgegen der Ansicht Treitschkes den deutschen 
Nationalstaat nicht gefährdet, sondern gefördert haben würden. 
Kursachsen, das beinen entscheidenden Sieg Gustav Ndoljs wollte, 
und Brandenburg in seinem Gefolge, tragen die Schuld, daß die 
deutschschwedische Union nicht zur Tatsache wurde. Wer sich über 
die haͤbsburgfeindliche und schwedenfreundliche Haltung Hessens im 
30jãhrigen Sricd unterrichten will, greife nach diesem Schriftchen. 
Alfred Bock, Das fünfte Element — Roman, Verlag 
J. J. Weber in Leipzig. Der Verfasser schildert, wie sich die 
krüben Wogen der Preissteigerung und der Inflation über ein 
Dorf wälzen und bei den meisten seiner Bewohner alles menschlicho 
ind christliche Denken überschwemmen und verschlämmen. Was 
nan in den letzten drei Jahren oft genug am eignen Leibe erfuhr, 
st hier wirklichkeitstreu und meisterhaft gestaltet. Spaßkaspers 
Faßnachtsverse sind bittere Wahrheit: 
„Geld ist das fünfte Element, 
Swingt hoch und niedrig, alle Ständ'“. 
Und dabei ist das Kalb, das der Spaßbasper vorführt, nicht einmal 
ius Gold, sondern aus schmutzigen Papierscheinen. Aber „der 
veldteufel hat die Alten und die Jungen am Seil“. Der Dichter 
nacht hier wie in seinem Roman „Der Schlund“ weniger den 
finzelnen als die Gesamtheit des Dorfes zum Gegenstand seiner 
Darstellung, wenn auch das Schicksal des Konrad Mertz, der 
Nensch und Christ bleibt, und seiner bösen Lijegritt in den Mittel- 
zunkt des Ganzen gerückt ist. Das Buch zeugt von einer so feinen 
tenntnis des dörflichen Lebens, der Herbheit und Verschlossenheit 
er Bauernseele, der unverfälschten, derben Volkssprache, reich an 
reffenden Sildern, der Sitten und Gebräuche, daß es rückhaltlose 
Anerkennung und Empfehlung verdient. Für unsere hessischen 
dandsleute wird es gewiß Reiz haben zu erfahren, daß der Roman 
n den Dörfern zwischen Ohm, Lahn und Lumda spielt. Im 
ibeigen sollten gerade wir Hessen die Verpflichtung fühlen, der 
Zunst des Erzählers Alfred Bock etwas mehr Aufmerksambeit 
u widmen. Sie verdient es, weil ihre besten Gaben der Heimat 
geweiht sind. R. 
Heinrich Kuppel, Helle Herzlammern. Geschichten vom 
nneren Leben. Geschmackvoll geb. 2,50 Mbe. 
Su Pjfingsten ist im Heimatschollen-Derlag, Melsungen, dies 
ieue Buch H. Kuppel's erschienen. 
Mir bam beim Lesen dieser so anspruchslosen Geschichten immer 
hvieder ein Wort unseres Heimatdichters Ruppel in den Sinn: 
Die Guüte des Herzens ist das Licht des Lebens.“ Es ist ein 
Zuch von Müttern und Mutterliebe, Herzensgüte ist sein Grundton. 
Ddas ist es auch, was uns diese einfachen Menschen so lieb macht, 
»aß wir so froh werden über diese schlichten Erzählungen. Und 
Kuppel ist noch in bLeinem Buch so in die Tiefen der Herzhammern 
gjedrungen wie hier. 
Einfache Leute — gewißl Aber was sind das für Männer, 
die noch im Greisenalter der treuen Lebenskameradin die Glücks— 
ihren um den gerahmten Brautkranz winden! Was sind das für 
—F —— dieser alte Ehrenfried. die Annmargret. die Mutter 
ariann 
„Es sind beschlossen im engsten Ringe 
weltweite Dinge“, 
o möchte ich hier mit einem Worte W. Raabes sagen. Da finde 
ch einen Satz aus Ruppels Buch: 
„Was ist der Mensch, wenn er geboren wirdl Und wenn er 
tiebt. Und was bildet er sich in der Spanne Seit zwischen Geboren- 
berden und Sterbenmüssen nicht alles ein!“ Von dieser hohen 
5chau ist das Leben in diesem Buche betrachtet, und darin liegt 
eine große Kunst und seine erschütternde Wirbung. Das fügte 
ee meisterlich erzählten Geschichten zu einem Buch vom inneren 
deben. 
Und wer selbst inneres Leben hat und rätselnd vor den dunklen 
Virrnissen des Daseins steht, dem weist der Dichter ein tröstend 
dicht: Die Güte des Herzens ist das Licht des Lebens. 
Aus lichten Herzkammern ist dies Buch gekommen. Möge 
es draußen in der Welt viele Herzen licht machen! A. 5.
	        
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