jprechen, ihm bei allen Vorfällen beizustehen, wobei sich der Land⸗
graf das Effnungsrecht auf der Weidelburg vorbehielt. Sollten
die genannten Kitter den Landgrafen befehden, so sollten fie alle
Lehensgüter verlieren.
Gegen diesjes Derfahren erhob der Erzbischof von Mainz beĩnen
Einspruch, da er mit dem hessischen Landgrafen in Frieden leben
wollte, zumal der Streit seines Vorgängers mit dem Landgrafen
mit einer schimpflichen Niederlage geendet hatte. Nuch der Graf
bon Waldeck fand sich damit ab, da er sich dem Schutze des Land⸗
grafen unterworfen und ihm jseinen Erbanteil an der Grasschaft
angetragen hatte.
Keinhard von Dalwigk war 1411 Amtmann zu Homberg, 1431
andgraäflicher Marschall und 14388 Amtmann zu Schartenberg.
Anter ihm, einem der kühnsten Ritter seiner Seit, begann für die
Weidelburg eine Seit höchster Machtentfaltung und Pracht. Er
war es, der die Burg mit einer weiteren Ringmauer und den
bielen Schalentũmen, der vorgeschrittenen Befestigungsweise Rech—
nung tragend, umgab. Ständig hielt er mehrere Edeileute in
seinen Diensten und hatte über WPferde auf der Burg. Wegen
seines KReichtums und großen Aufwandes wurde er vielfach an⸗
gefeindet und geriet mit mainzischen und hessischen KRittern in
Fehde, die Landgraf Ludwig 1442 vergeblich durch einen Vergleich
beizulegen suchte. Die Fehde entbrannte danach heftiger denn je,
bis man die RKitter auf der Weidelburg, spezieli KReinhard von
Dalwigk und Friedrich von Hertingshausen des Landfriedensbruches
beschuldigte. Daraufhin verband sich Landgraf Ludwig mit dem
Erzbischof Dietrich von Mainz, um den dauernden Verheerungen
ein Ende zu machen. Mainz jollte die Naumburg und eine Hälfte
der Weidelburg erhalten. Als nun am 28. Juni 14483 hejsijche
und mainzische Truppen vor der neubefestigten Weidelburg er
chienen, ließ sich Reinhard von Dalwigb durch seine Freunde
bereden, nach 10tägiger Belagerung die Burg unker gewissen Se—
dingungen zu übergeben und sich selbst bis zu ausgemachter Sache
in Amöneburg, in Höchst a. M. oder auf dem Konigstein i. .
zu stellen. Danach wurde auch die Naumburg erobert. Trotzdem
sich nun Landgraf Ludwig alle erdenbliche Mühe gab, die Streitig-
deiten Reinhards mit Hermann von Grifte und Werner von Elben
Azulegen, konnte vor dem Jahre 1454 beine Einiqkeit erzielt
werden.
Trotz eines 1444 durch die zu Schiedsrichtern gewählten Kitter
Hermann Riedesel, Philipp von Kronenberg, Sittich von Berlepsch,
Oberamtmann des Sahnstromes und Johann von Erlenbach, Vißze
dom zu Aschaffenburg zustande gekommenen Vergleichs, tobte die
Fehde, auch Bundessehde genannt, da sich Keinhards Gegner die
Bundesherren nannten, weiter. 1448 ʒogen abermals hesssche und
mainzische Truppen vor die Weidelburg und Naumburg und er—
oberten beide. Nur die Vermittlung der Herzogin Agnes von
Sraunschweig, der Schwester des Landgrafen, rettete die Friedens
störer vor dem Sorn des Landgrafen.
Eine der vielen Sagen, die die Weidelburg umwehen, bnüpft
an diese Begebenheit an. Danach soll der Landgraf auf BSitten
den Frauen freien Abzug mit ihren Habseligkeiten, soviel sie auf
dem Rücken schleppen bönnten, gewährt haben, worauf die Gemahlin
Keinhards ihren Gatten als ihr bostbarstes Gut auf dem Kücken
durch den King der Belagerer geschleppt hatte. Die Sage heißt
deshalb: „Die hessische Weibertreue auf dein Weidelberge“.
Von dem zweimaligen Sug gegen Reinhard von Dalwigk
zeugen auch noch andere Orte in der Nähe der Burg. Im Dorfe
Balhorn, das Reinhard von Dalwigk gehörte, unweit der Weidel—
burg, befinden sich an dem Torhaus des befestigten Kirchhofes
vier steinerne Geschützkugeln eingemauert, von 10 und 15 cn
Kaliber, ein Beweis, daß Landgraf Ludwig, welcher in Casjel
Büchsen schmieden ließ, auf diesen Sügen Belagerungsdeschüte
nitführte. Es ist anzunehmen, daß die Mitwirkung dieses haupt-
ächlich die Übergabe der Schlösser beschleunigt hat.
In einem Vergleich zu Münden am 81. Marz 1442 mußten
»on Dalwigk und von Hertingshausen auf die Weidelburg mit
llen Subehörungen verzichten und sich mit einigen Sehnteu und
)ofen zu Hertingshausen, Herbordshaͤusen und Holzhausen be—
müũgen. Auch mußte Reinhard schwören, sein Gefängnis an Mainz
»der Hessen nicht zu rächen. Dieser Vergleich wuürde nachdem
»or dem Stadtrat zu Fritzlar am 19. April und nochmals münd—
ich am 23. Juli bebräftigt. Am 20. Juni 1448 wurde auch mit
Mainz ein Vergleich geschlossen, worin Keinhard mit seiner Gemahlin
uuf alle Kechte und Briefe auf die Weidelburg verzichtete. Er
og danach nach Naumburg und soll dort 1461 sein tatenreiches
deben beschlossen haben.
Auf den Weidelberg zog nun ein hessischer Amtmann, Fried⸗
ich von Pappenheim, bis 1488 Landgraf Wilhelm der Allere die
Surg nebst der Wüstung Ippinghausen dem Kitter Philipp von
Sicken als Pfandlehen übergab. Von diesem löste sie LEandgraf
Vilhelm der Mittlere 1490 jür 600 Gulden ein und ver baufte
ie wieder an die Ritter Wolf von Gudenberg als Lehen,
n deren Besitz sie noch im 17. Jahrhundert war. Der letzte,
der sie bewohnte. war Christoph Woif von Gudensberg.
Interessant ist noch der Kechtsstreit zwischen Hessen und
Waldeck, ais 1545 Waldeck seine Ansprüche auf die Burg vor
den fürstlich hessischen Käten zu Wolfhagen geltend machte. Darauf
3ab Hossen jolgenden Bescheid:
Heßen, gestehe Waldeck an dem Hause Weidelberg nichts;
denn Keinhard von Dalwigk habe dasseibe erbaut, er sei um
einer Derwirbung willen durch Mainz und Hessen ũberzogen und
durch die beiden Fürsten das Haus erobert, und seien von ihnen
ange Seit hindurch Amtleute darauf verordnet worden. Nach der
dand habe Wainz sein Teil an Hessen ũübergeben und Hessen den
Berg lange Seit allein inne gehabt und Amtleute darauf ver-
»rdnet usw., ohne der Grafen von Waldeck Einrede. Weil nun
leine Anzeige noch Beweis vorhanden, daß Hessen und Waldeck
er ersten Vereinigung von Ao. 1380 wirblich nachgekommen und
as Haus miteinander erbaut haben, auch schwerlich bann dargetan
verden, daß Waldeck jemals Possession daran bekommen, jondern
ielmehr durch vorgemeldete Briefe und Handlungen eescheint,
»aß Mainz und Hessen sich des Schlosses Weidelberg ohne Zutun
der Grafen von Waldeck angemaßt und deshalb einbekommen,
Valdeck auch solches mit Stillschweigen hat geschehen lassen, so ist
ermutlich, daß die erste zwischen Hesjen und Waldeck aufgerichtete
dereinigung niemals ins Werl gebrächt worden, und im Falle sie
oirklich vollzogen, so hätte sich doch Waldeck mit so langem Still-
hweigen und Nachlässigkeit seiner Gerechtigkeit entsetßt. Darum
ei nicht ratsam, daß sich Waldeck und Hesen des Schlosses und
Hauses Weidelburg halber in Rechtfertigung begebe, qui— prae-
criptione excluditur. So blieb dann auch die Burg hessijch.
AÄber ihre späteren Schicksale ist wenig bekannt. Auf den
leinen Abbildungen der Burg im Hintergrund der Stadt Wolf—
agen, wie sie uns Dilich und Merian geben, ist die Surg bereits
Ruine, von den Dächern ist nichts mehr zu sehen. Nach dem
zeugnis der Hessischen Seitrechnung war das Burggelände im
Jahre 16090 schon mit hohen Bäumen bewachsen. Nach der
Inschrift am Sũdpallas dürfte man im Jahre 1842 den Versuch
jemacht haben, die Burg notdürftig zu rkeparieren, eine Arbeit,
ie stets Stũckwerl bleiben wird bei einem so großen Umfang der
SBurg. Wenn auch die vor 11 Jahren etwa vom Kreije Wolf—
agen veranlaßte Besteigbarmachung des Südpallas und die Her—
tellung einer Plattform für die DAussicht als ein Fortschritt zu
ezeichnen ist, dem man den guten Willen nicht absprechen möchie,
o wäre es doch angebracht, auch den entschieden interessanteren
Hoerdpallas mit Stockwerbsbalken und einem Dach zu versehen.
Dom Pulsschlaqg der Heimat.
Hänghans.
VDon K. Wittich.
Manch eine Stadt hat ihren Stadtheiligen. Von der Rathaus—
mauer schaut er auf das geschäftige oder müßige Treiben der
Nachkommen seiner Seitgenossen herab. Milunter sind auch
Hohepunbte seiner frommen und nũtzlichen Taten oder Augenblicke
seines gottseligen Lebenswandels auf großen bunten Kirchenfenstern
festgehalten, als wollten die steifen Gestalten dem Beschauer ins
Ohr raunen: „Hier lebte einmal einer, der besser war als jeine
Mit und Nachwelt.“ Auf bindliche Gemüter verfehlen sie selten
ihren Eindruck. Über den gegenwärtsfrohen Beschauer aber haben
ie keinen Zauber mehr. — Auch in den Erinnerungen der Stadt-
»ewohner ist er schon lange tot. Sein Leben liegt längst jenjseits
er lebendigen Alltagsmeinung, die sich in einer dahingegangenen
punderglaubigen Seit nicht einmal zu jeinen Schuhsohlen hinauf—
pagte. Nur in der Welt der Geleheten befaßt man sich mit ihm.
kr ist hundertmal gedruckt und Gegenstand geschichtlicher Forschungen
eworden. Ein weißbärtiger Gelehrter mit einem gütigen Pastoren-
jesicht und breiten Schultern kommt alle Jahre in den Sommer—
nonaten und bramt in den verstaubten Ecken der alten Stadtlirche.
Mit Atzstoffen und Lupe versucht er zerfetzte Stadtchronmiken zu
entziffern. Jedesmal geht er mit einem zufriedeneren Gesicht, als
zx gebommen ist; denn er hat durch ein paar Löcher mehr hinter