Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

obald ein Anisono⸗Schrei einen Fund meldete und der glückliche 
»der unglückliche Finder sein goldnes Eigentum zu verteidigen 
genötigt war. Die, welche ihre Beute nach Hause trugen, wurden 
abgelöst von neuem Suzug, nicht nur aus dem Dorfe, auch aus dem 
Felde, wohin die Kunde etwas verspätet gedrungen war. Ein 
Sauer spannte sogar sein Pferd vom Pfluge und jagte im Galopp 
dem Goldfeld zu. Bei einbrechender Nacht wurde die Arbeit 
eingestellt, und die Goldsucher Lamen schweißtriefend zurück, um am 
nächsten Morgen früh wieder an der Steile zu sein. Doch nur 
noch einige Stücke wurden am nächsten Vormittag gefunden, und 
gegen Mittag verließ alles die zerwühlte, öde, gohdleere Stätte. 
Aber ein Schlaubopf aus dem nahen Erfurtshausjen kam auf einen 
originellen Gedanben: Er spannte zur Nachtzeit seine zwei Kühe 
ein und fuhr — was er am Tage nicht häktte wagen dürfen — 
zum Goldberg, lud dort einen ganzen Wagen voll der gehackten 
ind zertretenen Erde und fuhr zurück, zu Hause eine heimliche 
Holdwäsche vorzunehmen, — mit welchem Erfolg, davon weiß die 
Fama nichts zu melden. 
Mit den ersten Goldstücken, die den Weg ins Dorf fanden, 
varen auch die Juden zur Stelle, ihr Geschäft zu machen. Sieé 
zahlten für die größeren Stücke à 20 Mb., für die Lleineren 10 Mep. 
Da vermutlich nicht unter 200 Stücke — meistens größere — ge— 
unden worden sind, läßt sich der Wert der Ausbeute auf annähernd 
1000 Me. schätzen. 
Menschen der Niederung eilen scheu und furchtsam an ihnen vor— 
»ei, geheimnisvoll raunend und nach der Landsburg weisend. 
zin Riese, vor langen, langen Tagen, als der Menschheit Frührot 
hien, hauste dort oben, sein Bruder auf der Amöneburg. Harte. 
tolze und störrische Recken! Und als der Amöneburger in einem 
?treit nicht nachgab, schleuderte der von der Landsburg ihm in 
einer Wut zwei mächtige Felsblöcke entgegen. Der eine liegt bei 
Viera im Albsteinsgraben und der anderé zerschmetterte hier auf 
er Höhe. Seit diesen Tagen geht die Säge um im Laud, und 
ie Menschen der Niederung eilen scheu und furchtsam vorbei. 
3. Schwester. 
Swischen behãbigen Bauernhäusern eine ärmliche Kate. Auf 
chwanker Stiege durch eine bnarrende Tür trittst du ins Innereé 
es dürftigen Kaumes. Frost läuft über die Lahlen Wände, von 
enen die grüne Tünche gefallen. Nuf dem Tisch ein „Kaffee 
öppchen“ und ein paar Platschen Brühe. Kein Feuer im Ojen; 
iuf dem Boden liegen zertretene Keiser verstreut. In den bahlen 
fensterechken weben mitleidige Spinnen schimmernde Vorhäuge. 
Aus dem Halbdunkel der Stube hustet eine röchelnde Frau im 
pourmigen Bett. Keuchend geht der Atem. Sie hat schon lange 
nicht mehr nachgedacht. Das Denben verlernt sich über Hunger 
ind Kälte. Da blappert's die Holzstiege herauf. Der Kopf der 
Alten fährt herum; ein trübes Leuchten zieht über die Augen 
in. „Guten Morgen, Fliezenl!“ Die Aite winbt müde, hußet, 
puckt, und röchelnd sinkt sie ins Kissen zurück. Die „Schwester“ 
ritt zu ihr, fragt nach ihrem Ergehen. Seit? — Laum findet sie 
die zu dieser Frage. Schnell den Mantel über die Stuhllehne 
eworfen, die Aermel aufgekrempelt. Und nun hören die öden 
Vände muntere, frische Tritte. Schon flackert das Feuer, summt 
ast heimelnd der Kessel. Schnell noch gebehrt und dann zur 
dranken. Sorgfältig, behutsam, mit zarten Händen ordnet sie den 
)erband, wäscht und bämmt die Alte, hebt sie aus dem Bett. 
ine saure Arbeit. Nachdem die Kissen aufgerüttelt sind, legt die 
ichwoester die Kranke wieder behutsam aufs Lager, bringt ihr den 
faffee ans Bett, und während die Alte vom Stuhl den Kaffee 
einkt und ihr, Stücklein Brot dazu beißt, ist die Schwester leicht 
uf einen Stuhl gesunben. Wie mit Sentnersteinen beladen fallen 
ie Augenlider zu. Das war die achte Nacht, daß sie das Bett 
icht gesehen. Erst vier Nächte bei einer Wöchnerin, dann zwei 
ei einer Kranken und zwei bei Kindern. Swischen Wachen und 
albschlummer auf harten Stühlen hat sie sie hingebracht, schwere 
zorgen und Derantwortung auf sich. Am Tage zu Dutzenden 
ei anderen Kranken. Ihreé Kundschaft ist groß. And alle warten 
h»rer mit Sehnsucht. Sie ist eine der Ihren, bennt die Nöte des 
leinen Mannes, weiß zu heilen und zu helfen beiden, Körper und 
Heist. Swischen drei Dörfern geht ihr Weg. And gar manchmal 
nißt sie ihn zweimal am Tag. Wenn ja die Nachtwachen nicht 
vären! Gestern Abend hatte sie sich so gefreut. Endlich eine 
sacht daheim! Doch baum war das Licht erloschen, da blopft es 
im Fenster: „Schwester! Schwesterl!“ Ein Vater bittet, der um 
ein Kind bangt. And schon nach Minuten steht sie am Kranken— 
ager und hat doppelte Arbeit, das todkranke Kind und die 
opflojen Eltern! — Die Kuhe tut gut; wenn nur der Kopf nicht 
o hämmerte. Da springt sie auf. Die Alte erschrickt. „Machis 
iut, Fliezen, sollt mal sehen, bald bönnt Ihr wieder »Heorelbeern. 
ichen.“ Ein trübes Lächeln schüttelt ungläubig Antwort. — Schnell 
t die Schwester die Stufen hinab. Draußen warten ihrer noch 
iele bange, harrende Leute. Allen will sie helfen. Straff ist ihr 
zchritt und klar sind die Augen. — BSelfen und heilen. Ihr 
2eben haf Inhbalt 
Drei Slizʒen aus Merzhausen. 
Don Lehrer Heinrich Treibert, Merzhausen. 
1. Antrefftal. 
Spätwintertagl Schwermut lagert über der Flur. Schwermut 
hängt sich in die Sweige der Waldbäume. And Schwormut wälzt 
die trüben Wasser der Antreff zu Tal. Der Sturm scheucht den 
Nebel, schüttelt die Aeste, wirbelt die Fluten auf, rauscht sein 
„Dergessen“. Doch Schwermut, trüb Erinnern, legt sich lähmend 
auf Flur, Wald und Feld. Und wenn der Nebel für Augenblicke 
zerreißt, dann ragen starr die Erlenreiser am Bachrand in die Höh, 
dunbel, matt und weidenbraun. Und der Wald wird für Minuͤten 
ichtbar. Traurig und ernst schweigt und träumt er hinein in den 
röstelnden Wintertag. Von den frierenden, kahlen Laubbäumen 
des Forsthofes bis hinauf zu den zackigen, schweigenden Tannen 
des Hemels. Eisiger Hauch weht über die scharfen Ackerränder 
der jenjeitigen Hügelreihen, kaum aufgehalten von einsamem Baum 
oder trauernder Hecke. Eisig überläuft's den Wanderer auf der 
chmierigen Landstraße. Der Nebel drückt schwer. Dumpf und 
hastig geht der Atem. Grübelnd steht er still. Bleierne Schwere 
egt sich aufs Auge. .. .. ob die reichen Bauern dem ärmen 
Settelburschen ....“ Da zerreißt der heisere Schrei einer Krähe 
die Nebelwand und schneidet ins Herz des Burschen. 
Die Krähen schrei'n 
und ziehen schwirren Flugs zur Stadt. 
Bald wird es schnein. 
Weh' dem. der beine Heimat hat “ Mietzche.) 
2. Am Wipperstein. 
Versteckt zwischen Tann und Dorn auf langsam steigender 
Höhe, von der das Auge hinüberschweift zur Landsburg, zu den 
Hängen des Knüll, zum Rimbergklotz und zu den Fernen des 
Hohen Lohrs und der zarten Kellerwaldlinie, hegen mehrere große 
Quarzitsteine. Eingesponnen von schwellenden Moospolstern und 
grauen Flechten sinnen sie im stillen. dunklen Forst. Und die 
V lsschl i 
om Pulsschlag der Heimat. 
Die Sage vom Burgküppel. 
VDon Joh. H. Schwalm. 
Der Burgküppel liegt bei Köllshausen und trug ehemals eine 
tolze Burg, von der aber heute kbeine Spur mehr zu sehen ist, 
auch der Name ihres Besißzers ist verblungen. 
Es war so um das Jahr 1300. Der Burgherr auf dem Burg- 
züppel saß am Fenster, und von weither getragen hörte er den Ton 
ꝛeines Glöckleins erblingen, das hatte einen gar lieblichen Klang. 
„Silbern blingts,“ meinte der Lauscher, und bei dem Worte silbern 
nahm sein Gesicht einen begehrlichen Ausdruck an. Er rief einen 
Knappen. „Du, horch einmal, woher Lommt der Ton?“ 
„Der bommt vom Silbergdlöcklein auf dem Schönberg.“ antwortete 
der rasch und bestimmt. 
„Meinst du, daß wirkblich die Glocke aus Silber besteht?“ 
„Ja,“ sagte Karl, „ganz von Silber — das nicht, aber zu 
hrem Erz ist ein Teil Silber verwendet worden.“ 
Der Kitter nickte und befahl barsch: „Eaß uünsere Hengqste 
atteln, wir machen einen Kitt“. 
Karl führte den Befehl geschwind und verständnisvoll aus. 
Inzwischen war das Geläute verstummt. Der Glöckner aber 
tand da in Andacht versunken und schaute über das gesegnete 
?chwalmtal, bis dahin, wo die Landsburg emporsteigt und der 
Zellerwald blaute. Das hatte ein bißchen lange gedaueet, und als 
r eben seinen Kopf zurückziehen woilte in die Lube des Turmes, 
a zuckte er eerschrocken zusammen. Den Berg herauf ritt ein 
eisiger Haufen. Was das damals zu bedeuten hatte, das wußte er 
rur zu gut. Die Haorron wollten nicht etwa in seinem Kirchlein
	        
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