landen, in Deutschland, England, Dänemark und bei den Cechen
niedergelassen und ist auch in Sizilien nicht unbekannt. So ist
jeine Familie also eine recht große und ehrwürdige, und er verdient
in seiner neuesten poetischen Form größte Beachtung.
einigen Wochen folgte, und dann brachte er so wahr und gewiß
eden Abend die nackten Schafe „auf“ ihre Ställe.
MWMohrchens Frau, ja das war die Frau Mohr, und die hatte
einen besonders begabten Sprechanismus. Was Mohrchen zu
wenig sagte, das redete die zuviel. was Mohrchen zuviel betete,
das fluchte sie zuviel.
Und wenn Mohrchen noch spät am Abend seine „Hämmel
muppern“ ließ, dann hörte er sein liebes Ehegespons schon von weit-
her fluchen und schelten: „Wo ist nur der alte Ekbel wieder?“
Sanftmütig sagte er dann: „Liebes Kind. hier bin ich jal“ „Wo
denn?“ bam's giftig aus der stickdunblen Nacht zurũck.
„Hier doch — Kind.“
„Laß mir die süßbärtigen Geschwätze.“
Das war der Lohn für seine Liebe.
And einmal betete er ganz laut in dunkler Nacht, der liebe
Hott möge doch seinem Weibe den Sinn wenden. Was meint ihr,
Mohrchens Frau hörte das, und ein dreifach-siedend Donnerwetter
war ihre Antwort.
Einmal nur ist sie ganz stumm und ohne Juchhei aus ihrer
Haustür „gegangen“ — als sie gestorben war und im Sarge lag!
Schw.
v 2 —
VDom Büchertische der Heimat.
Schäãfer Mohrchen.
Die Kätzchen der Haselruten staubten, und das Schneeglöckchen
offnete seine reinen Blüten ... Das war die Seit, daß Mohrchen
zum ersten Male im Jahre „auszog“. Schäfer Mohrchen, das war
ziner von den närrschen Kerlen, von denen ich in „Falleppel on
Läsreijer“ schon mancherlei erzählt habe. Wir Jungen, wir gingen
dann mit und „trieben“.
Und wenn die Schafe gewaschen wurden! Dann waren
wir sicher dabei. Dort standen die Wäscher im balten Wasser in
einer Reihe und wuschen und kbneteten die Wolle der Schafe.
Zwischendurch „tranken sie einen“, damit die Lebensgeister angeregt
wurden. Schäfer Mohrchen gab einen seiner Lieblinge nach dem
anderen in Behandlung und wachte dabei wie ein Luchs, daß
einem zuviel geschah. Ganz so hielt er's beim Scheren, das nach
Kudolf Schlunck: Die 48 renitenten Pfarrer. Verlag
N. G. ElwertMarburg, Grundpreis 1 Marb.
Der Antertitel des Buches lautet: „Lebensabschnitte der im
Jahre 1813/14 um ihrer Treue willen des Amtes entjetzten hessischen
HNarrer. Nebst einer geschichtlichen Einleitung und einem Anhang“.
— In seinem ersten Teil beantwortet das Buch die Frage: Wie
bam es zur Kenitenz? Und es ist sehr zu wünschen, daß sich recht
biele Hessen über die von Staats wegen jsehr verbannte KRenitenz
Wahrheit und Klarheit verschaffen. Der zweĩte, umfangreichere
Teil gibt in knappen Strichen die Lebensbilder der 48 Aufrechten,
die ihr Haupt nicht gebeugt haben vor dem preußischen Staats—
christentum. Es waren Männer, die mit Sein und Leben für ihren
Glauben einstanden und nicht in bequemer Anpassung sich und ihren
Familien Amt und Brot sicherten. Es ist erschütternd zu lesen,
wie Austreibung, Bestrafung, Stockhaus und Auswanderung das
Los der Standhaften war. Anjser Hessenvolk, das so wenig von
diesen Dingen weiß, sollte sich das Buch von Schlunck nicht ent⸗
Aen lassen. Kein Leser wird es ohne Gewinn aus der Hand
egen. g.
Friedrich Fischer⸗Friesenhausen.
Einsame stille Wege will ich wandern
Und menschenferne Straßen will ich gehn,
In Fieberwonnen mögen sich die andern
Um ihre Achse drehn!“
Zu den Stillen im Land gehört der Mann, dessen Schöpfungen
mir so reiche Stunden schufen: Friedrich Fischer-Friesenhausen.
Sereits hat sich der Dichter, der gegenwärtig in Cassel lebt, zu
Geltung in weiten Kreisen durchgerungen. Noch jung an Jahren
— er wurde geboren am 16. November 1886 in Detmold — hat
er doch schon mit mancher köstlichen Gabe beglückt sich und eine
bleine, doch schnell wachsende Gemeinde. Er lebt und woebt in der
Heimat, dem Lande der Niedersachsen, der
Heimat mit den blumgen Auen, mit den Feldern goldbehangen ...
Mit den blonden ... slachsnen Mädels ... mit den hold verschämten Wangen ...
Mit den becken ... feischen Burschen ... vom Cherusberfürstenschlage.“
Seine Sammlung „Ein Sang aus den Bergen“ ist ein hohes
Lied der Heimatliebe. Da jubelts und singt's:
‚Juchhei ... juchhei... Der König zieht ein im Siegeswagen ..
Mein Herz ist wieder leicht und frei, die Nachtigallen schlagen ... Juchhei.“
Da blingen die Wälder, da rauschen die Quellen, und auf
Moosgestein ruht Rautendelein. Dann wieder wandert der Dichter
in verschollenen Gärten der Jugendzeit:
„O Tage der Jugend .., wie liegt ihr so weit ...!
Verschollene Garten ... Verschollene Seit ...l“
Oder die ferne, niederjsächsijche Vorzeit mit ihren altken Sagen
»om Steinkbreuz, vom Eulenstein, vom Agleijee wird lebendig. Ein
Perlenkranz mit sangbarer, schwingender Versform! Man muß ihn
genießen in verträumter Waldeinsamkeit. Doch dieses stille Herz
lennt auch verhaltene Glut, und ab und zu bricht sie hervor. Das
ffenbart uns das Gedichtbändchen „Sehnende Seelen“. Da blicken
wir hinein in verborgene Abgründe, da erleben wir mit dem
Dichter hohes Glück, heißen Schmerz und wehes Erinnern. Und
dazu wieder inniges Verstehen und Erfühlen der Natur. Ganz
Stimmung! „Der Abend naht mit sanften, weichen Schwingen,
Küßt mütterlich das goldbestellte Feid,
Noch einmal durch die sonnenmüde Welt
Schlaftrunkner Vögel letzte Lieder blingen.
Ganz ferne steht der Himmel noch in Flammen,
Ein sattes Blau schwimmt noch am nahen Hang,
Im Korn verhallt der letzte Vogelsang,
Und zitternd schlägt die Dunkelheit zusammen.“
Worte, die weichherziger Gegenwart Mark ins Rückgrat gießen
ollen, die müde, verzagte Seelen mit frischer Lebensbkraft erfüllen
önnen, findet man in der Sammlung „Nicht mutlos werden!“
Kurze Worte nur sind es, nicht immer in gebundener Form und
doch treffsicher! Die schönste Gabe aber des Dichters ist „Frau
Inge“. Ein Schicksalsgemälde, von hoher, nordischer Kasse die
Frau, „die Augen träumergroß, die leuchtend weiße Stirn um—
tränzt von blondem Haar“. In ihr tiefes, feinbeseeltes Empfinden,
„die Seele rein, das Herz voll Güte und Sonnentau“. An ihrer
Seite der dunble Fremdling mit der niederen Stirn und dem wüsten
Sinn. Die Folge: Nachtdunkeltiefes Leid, stummes, geduldiges
Fetragen. — „O bomm, du mein Erfüller, lösch mir die Augen
iusl!“ — Dann das Aufbäumen der edlen Seele gegen Schmach
ind Niedrigkeit, die Flucht. Die Einsambeit lindert das Leid,
ꝛrichtet die Todwunde auf. Endlich ein spätes, stilles Glück, geführt
»on Sachsentreul Die Handlung durchwoben von märchenreichem
germanijchen Glaubenstum, da die Nornen die Schichsalsfäden
spinnen und Freya durchs Land schreitet! Das altersgraue Ge—
näuer umrankt von ferner Rilterromantik, umgeben von wunder—
amen Naturbildern und tiefer Seelenschau. Eine stille kböstliche
Lyrik für ernste, hohe Menschen! —
NMoch große Hoffnungen dũrfen wir nach diesen Werken für
das kommende Schaffen des Dichters hegen, möchte ihnen Erfüllung
werden! Allen denen aber, die sich in der Notzeit deutscher Kultur,
da Seichtheit und Effelthascherei das große Wort führen, sehnen
nach tiefer, vollwertiger, echt deutscher Lyrik, Lann man nur raten:
Nimm und lies! Kebtor Heinrich Blume, Melsungen.
Am 17. Februar d. J. wurde unser treuer Mitarbeiter Kreis—
schulrat J. H. Schwalm sechzig Jahre alt. Wir bringen ihm
nachträglich noch unsere besten Wünsche dar. Möge ihm seine
börperliche Rüstigkeit und geistige Frische zum Segen unserer lieben
Heimat, der er schon viele gute Früchte seines Schaffens geschenkt
hat, noch recht lange erhalten bleiben!
Mit der vorliegenden Nummer lo schließt der Verlag den 3. Jahr-
gang der Heimat⸗Schollen ab. Sein Abschluß hat sich durch
die allgemeine unsichere Lage, hervorgerufen durch die Geldent—
wertung des vorigen Jahres, verzögert. In ZSubunft erscheinen
die Heimat ˖ Schollen wieder monatlich. Der nächste Jahrgang, der
eboenfalls 10 Mummern umfassen wird, beginnt noch Ende März.
herausgeber: Konrad Bernecker-Melsungen, unter besonderer Mitarbeit von: Kreisschulrat Schwalm-Siegenhain unvd Zaubstummen-Lehrer H. Ruppel-Homberg.
207 Heimatfreunde sind als Mitarbeiter willlommen. — Verantwortlicher Schriftleiter: Paul Woicke-Melsungen. — Alle Zuschriften an die „Heimat-Schollen“ sind an
die Scheiftleitung in Melsungen richten, Sahlungen auf Postscheckkonto. A. Bernecker, Frankfurt a. M. JTo83. Anverwertete Manuskbripte werden nur auf Verlangen Zurũck⸗
gesandt. Der Nachdruck aller Arbeiten mit Namenszeichnung ist nur nach Übereinkunft mit dem Herausgeber gestattet. — Druck und Verlag: A. Bernecker in Melsungen.