And nun kbommt ein Haupttrick. Hannerch überläßt einem
der Mädchen die Aufsicht auch über seine Ginsel und eilt an den
Sach, um zu brebsjen.
Jetzt wieft er sich längelang auf den Leib (die Armel hat er
schon vorher aufgewickelt) und fährt mit der Rechten in eine
Krebsröhre.
Kichtig, schon hat er so einen gepanzerten Burschen ergriffen
und wirft ihn lachend auf den Kasen.
Aber jetzt: Kutzjemecke“! Der alte VDater Krebs hat den
Spaß richtig verstanden und den Jungen in die Schere genommen.
Hannerch hält mit Lammsgeduld still. Sachte, ganz sachte jucht
er sich frei zu machen. Und jeßtzt ist's geglückt, das „Dieh“ hat
osgelaßsen. Kache ist jũüß! Hannerch greift nun vorsichtig über
d 8 hin und bald ist auch dieser „Kräwes“ seinem Elemente
entrissen.
Wie lang das so weiter geht? Bis
die Mutter ruft: „Jüng, kLomm heem!“
Die Sonne ist am Hinuntersinken dort
inter den Kellerwald, und den Himmel
imschleiern leichte Wolben. Die Acker⸗
eute sind schon eine Weile zu Hause,
uind aus den Kaminen steigt verheißungs-
poller Rauch auf.
Da zieht Haͤnnerch mit seiner Schar
aach Hause. Etwas verstohlen. Er hat
eine Hemdãrmel aufwärtsgeschlagen, denn
die tragen die Spuren der Kreoebserei.
Die Mutter schilt allemal: „Jung, laß
die Gemachtser, ich muß mich rein zu
Schanden reiben an deinen Hemdärmeln“.
Hannerch läßt aber nun einmal das
Krebsen nicht. Ich wette hundert gegen
eins, wenn er heute seine Dresche bezogen
hat, morgen sieht man ihn schon wieder
am Bache auf dem Leibe liegen. Ihn
hat eben die Leidenschaft erfaßt, von der
das Sprichwort sagt: „Fischen, Jagen
und Vogelstellen verdirbt so manchen
guten Gesellen“. Ja, auch die beiden
andren Leidenschaften, die Leiden schaffen,
iijnd Hannerch nicht unbebannt.
Jagen. Er bonnte, Gott weiß wo
und wie, eine alte Flinte auftreiben. In
peiser Voraussicht hat der Dater das
Schloß entfernt. Und nun „treiben“ ihm
die Freunde das „Wild“ zu und er
„Ichießt's“ bum mausetot.
Wären nur halb so viel Kehe und
Hasen im Walde, als er „schießt“, sie
fräßen sogar alle Waldbäume ratzebahl.
Aber so ist das nur Jägerlatein, das
Hannerch voerzapft.
Und Vogelstellen. Er weiß alle
Dogelnester darum und dadum. Und
dazu führt er noch manchen Schabernack
mit seinen Genossen und Genossinnen aus.
Du, Leisewit, dort in der Hecke ist ein
Heckesteßeschnääst (Heckenstõßersnest),
villst du's mal sehen?“ Das arglose Ding sagt erfreut: „Ja,
Hannerch“. Hannerch biegt die Hecke auscinander und faßt Leisewit
hinten am Kopfe, und als das nun so recht neugierig in die Hecke
schaut, da stößt er's, der Taugenichts, mit dem Freudengeheul:
Hechestesseschnããst, Heckestesseschnääst!“ in die Hecke. daß ihm das
Feuer aus den Augen sprüht.
VDier Wochen hat nun Hannerch als Gänsehirte seines Amtes
gewaltet, ist auch inzwijchen manches Mal nach Brennesseln aus-
gewesen. Zuletzt hat er ganze „Trächte“ nach Hause getragen,
und die sind alle durch die Gänsedärme gegangen. Aber nicht
umsonst. Die Ginsel sind dabei ausgcinandergegangen wie frische
Wecke. Da sagt die Mutter: „Sie sollen heute auf die Weide“.
Hannerch „reibt mit aus“ und geht auch mit an den Tümbel,
wo die große Herde versammelt ist. Anfangs geht's auch hier
aicht ohne Gezänk ab zwischen den einzelnen Gänsefamilien. Aber
Hannerch schafft Ruhe mit seiner Gerte, und wenn alle Riemen
eeißen, dann springt sein Gääns dazwischen. Den hat er mit Brot⸗
orocken gepfropft, die in Branntwein getaucht waren, und so trainiert,
ijt mit dem Gaäns nicht zu spaßen. Er erwoist sich allen seinen
Befährten ũberlegen und wird von ihnen, wenn auch widerwillig,
eejpebtiert, zur größten Freude für Hannerch.
Der staͤchelt ihn oftmals sogar zum Sweibampfe an. Sobald
sich nämlich ein andrer Gääns zeigt, schlägt er mit den Armen
vie mit zwei Flügeln, bis sein alter Gääns in Wut gerät und
lindlings auf den Gegner losstürzt. Es kommt dann zu blutigem
RKingen. Das dauert, bis der Geschlagene, die Flügel hängend,
ilig abzieht.
Das ist Hannerchs größte Freude, und der Gääns der wird
gefüttert, was hast du, was gibst du, daß er sie alle miteinander
lattchen Lann.
Endlich schlagen die Ginsel Kreuze, das will sagen, die Schwung-
edern sind ihnen jo lang gewachsen, daß sie breuzweise ũbereinander
ãngen.
Dann bommt endlich der Gänse schönste Seit, sie ziehen in die
Stoppeln und füllen sich die Kröpfe, daß sie faustdick zur Seite stehen.
Schon können sie fliegen. Als ob der Böse in sie gefahren
ei, so führen sie auf einmal ein Gegack auf, und brel dort sind sie
mit lautem gack⸗gack hin! Manch eine
erliert dabei die Richtung und steuert
acks gegen ein Haus oder gegen einen
Baum, daß sie als Leiche zur Erde purzelt.
So hat Martini (11. Nopember) die
Herbstaugen aufgeschlagen. Die Gänse
jaben in der Seit der jungen Saat auf
dem „Strutfeld“ zugesprochen und das
eden Tag. Wer die Gänsesprache ver⸗
teht, kann's deutlich von ihnen hören:
„Auf 'm Strutfeld, da wächst das beste
ür den Gänseschnabel“.
Die Mutter meint: „Hannerch, heute
joll eine dranglauben!“ und der Vater
wetzt das Messer haarscharf und hebt
eine „Stoppelgans“ nach der anderen
auf, sie mit Kennermienen musternd.
Endlich ist's die, die er für die schwerste
hält. AUnd die haucht dann ihre Gänse—-
eele aus.
Das war am Sonnabend gewoesen.
DAm Sonntagmittag nach der J. Kirche
itzt die ganze Familie um den weißen
Ahorntisch und ißt Gänsebraten nach
herzensiust. Hannerch erhält „Paris mit
Umgebung“ (ein Bein mit dem darum—
zerumsihenden Fleisch) als besondere
Belohnung.
Ja, wärest du doch auch als Gast
dabeil.
Heimat und Volkbsgesundung
ind unzertrennbare Begriffe, eng miteinander
»erwachsene Angelegenheiten der ganzen Nation.
Deutschland
sst weiter nichts geblieben als Ding und Begrijf
der Heimat, vielgestaltig zwischen den Alpen
und dem Meere. Damit aber ist ihm doch auch
das Beste
zeblieben, die lebendige Grundlage seines Lebens.
Am Born der Heimat
rann und soll das deutsche Volk genesen, von
—X——
vpinden. — Hierzu dient ihm vor allem anderen
die heimatliche Dichtkunst,
deren Pflege und Verbreitung eine Kulturaufgabe
von hochabtueller Bedeutung ist. Darum wirke
jeder
nit, die Heimat-Literatur zu verbreiten und zu
ördern. Für unser geliebtes Hessenland
»at sie jetzt ein Sammelbecken gefunden in den
—
Heimatschollen⸗
Süchern
ie geeignet sind, dauernde Freude und Erquickung
n jedes hessische und deutsche Haus zu bringen.
Darum: helft dem Volkbe, indem ihre es mit den
geistigen Werten der Heimat vertraut macht, in⸗
dem ihr ihm die „Heimatschollen-Bücher“ in die
hand gebt, aus denen es zweierlei vor allem lerne:
Lebensmut und Lebensfreude!
Höher hinauf!
VDon Wilhelm Sunbel.
Tief unter der Erde in einem dunklen
veichen Moosbettchen lag ein kbleines
Vesen. Still und ruhig träumte es dort,
n ein schühendes Kittelchen gehũllt. Es
räumte von der Seit, da es noch im
leinen Ei gewohnt hatte. Da hatte eines
Tages eine wunderbare Wärme das
weiße Eichen durchzogen, es ward lebendig
in dem zarten Gebilde, und ein kleines
bewegliches Wesen kroch hervor. In
er Nähe streckte eine Pflanze ihre Würzelchen ihm entgegen,
ie es begierig benagte, da sie ihm eine willkommene Nahrung
oten. Bald war es nicht mehr zufrieden mit den Wurzeln; hier
agen schöne weiße Knollen, dort prächtige rote, diese mußte es
ersuchen, und sie mundeten ihm vortrefflich. Es hatte gute Kost,
iberall war eine reiche Tafel vor ihm und den Brüdern aus-
ebreitet; denn ihm zur Seite lebten noch andere seines Ge—
hlechtes. Aber es war so dunkel, so finster da unten, das gefiel
ym nicht lange; denn ties im Herzen lebte ihm ein heißes Ver⸗
ingen nach freier Luft und sonnigem Licht. Die andern hatten
s ausgelacht, wenn es davon sprach, daß es noch eine andere Luft
ãbe, als hier unter der Erde. Sie hatten es einen Träumer
senannt und ihm gesagt: „Laß dirs nur gut schmecken; was hoffft
u auf eine bessere Welt? Hier sind Freuden für den Magen in
»ülle und Fülle.“ Aber das bleine Wesen war ruhig und unbekümmert
beiter gegangen; seine Brust war erfüllt von der jeligen Hoffnung
uuf eine höhere Welt voller Licht und Leben und Wonne.
VOon der langen Wanderung war es endlich müde geworden
ind hatte sich ein Schlafkämmerlein von Lehm und Sandlügelchen
ereitet und ein Moosbũschel unter seinen bleinen Kopf gelegt, da
uhte es so sanft und sjüß wie ein Kind im Arm der lieben Mutter.
Und in seinem besten Schlummer träumte es von der schönen
zukbunft, die noch vor ihm lag mit ihren Wonnen und Freuden,