Full text: Heimatschollen 1921-1925 (1. Jahrgang - 5. Jahrgang, 1921-1925)

Dienstmann des Stiftes namens Diderich — so erklärt es sich leicht, 
daß der Abt oder sein Vogt in dessen Gemarbkung ohne weiteres 
zine Stadt anlegen kbonnte, auf die älle städtischen Privilegien über— 
iragen wurden. Daß auf diese Neugründung dann allmählich der 
Name der in derselben Marb erbauten VBogteiburg RVotenberg 
ãberging, mag für die Mitwirkung des Landgrafen bei der Gründung 
prechen, bann aber auch einfach seinen Grund darin gehabt haben, 
daß man ferneren Derwechsjelungen mit den an der Werra ge— 
legenen Orten Breitingen vorbeugen wollte. Die Gründung der 
Stadt BSreitingenKotenburg würde man also bereits viel früher, 
etwa gleichzeitig mit der Burg seten Lönnen. Dafür spricht auch, 
»aß im Jahre 1197 schon ein Heinrich Villicus de Rotimberc als 
Lehnsträger des Grafen Vollwin von Naumburg vorkommt, was 
man am ungezwungensten auf den Schultheiß der neuen Stadt— 
anlage bezieht. Aebrigens muß der Ort Breitingen daneben, 
wenn auch nur als Weiler, bis in's 15. Jahrhundert fortbestanden 
haben. So verzichtet z. B. 1215 Landgräf Hermann in der Sühne 
mit dem Abt von Hersfeld auf die Vogtei des Stiftes und den 
SZoll in Breitingen, den er von Hersfeld zu Lehen trug, aber auch 
schon 1182 und 11809 richtet Landgraf Ludwig an seine Schultheißen 
und Söllner in Thüringen und Hessen die Weisung, von dem Kloster 
SpießKappel (bei Frielendorf) beinen Soll zu erheben und ihm 
reien Kauf in seinen Städten Cassel, Münden, Kreusburg, Eisenach, 
Botha und Breitingen zu gewähren. Seiner Lage nach kann das 
uur auf unseren Ort, nicht auf Werra-Sreitingen bezogen werden. 
Indessen ist hier nicht der Platz, die ältere Geschichte der Stadt 
veiter zu verfolgen, die bis heute noch einer wissenschaftlichen Be— 
arbeitung harrt. Die Altstadt war im Jahre 1200 fertig mit 
Mauern umgeben, während die auf dem rechten Fuldaufer liegende 
Neustadt sich stets mit einem bloßen Wall nebst Graben begnügen 
nußte. Uns interessieren die Geschicke der Stadt also nur insoweit, 
als sie mit denen der Burg auf dem Rotenberge, dem sogen. 
„alten Turm“, in Verbindung stehen, von dem die Stadt wahrscheinlich 
hren Namen hat. 
Im Gegensatz zu der bisherigen Darstellung hat Doemich in 
einer Festschrift zur Weihe der wieder hergestellten StiftsKirche 
die Gründung von Burg und Stadt in einer von der unseigen 
bweichenden Weise zur Darstellung gebracht, die wiederum zu 
einigen Bemerkungen unsererseits Anlaß gibt. Nach Doemich ließ 
Kaiser Heinrich IV. an dem Flußübergang ein Kajtell herrichten 
und mit starker Besatzung versehen. An die Höhe des Berges 
vurde die Burg gelehnt. RVot war die Erde, auf der sie stand; 
Kotenburg der rechte Name. der ihr gegeben werden konnte. Ver⸗— 
chieden allerdings sind die Schreibarten für den Namen des neuen 
Hetes und verschieden sind die Erklärungen, die diese oder jene 
Schreibart rechtfertigen. Wir lesen Rodenberg (Kodeland) und 
denken an die abgeholzten Berge, die ausgerodet werden mußten, 
damit an deren Stelle die Stadt sich erhebe. Wird Kotheberg 
oder VRothenberg geschrieben, so mag wohl der Name der Stadi 
mit dem Namen des Berges gleichlautend gedacht sein, der zwischen 
der Stadt und dem Hof Ellingerode im NV gelegen war. — 
Nun geht aus den fsolgenden Sätzen allerdings hervor, daß er mit 
diesem Kastell die Burg in der Stadt meint, von der später noch 
zingehend zu berichten ist. Es bleibt aber dunbel, woher die Nachricht 
zenommen ist, daß Heinrich IV. die Stadtburg angelegt hat — mir 
jt eine solche Stelle in den Quellen nicht bekannt, wenn man auch 
die Möglichbeit dieser Gründung zugeben kbann; die Burg auf dem 
Berge erwähnt er überhaupt nicht. 
Leider hat aber die von uns gegebene Darstellung von dem 
Verden und Entstehen der Kotenburg — die sich auf die Forschungen 
Landau's und des Frhr. Schenk von Schweinsberg stützt — doch 
roch ihren Haben, denn die Geschichte der Rotenburgen liegt 
eineswegs so einfach, wie es den Anschein hat. Es gab zwei 
Burgen diesjes Namens, eine innerhalb der Stadt auf der Stelle 
des heutigen Schlosses, die andere auf dem Hausberge; die Scheidung 
zwischen beiden macht große Schwierigbeiten. 
Schon die erste Erwähnung des Namens der Burg (Wigand 
1170, 1182 und 1107), die Landau auf den Hausberg bezieht, gibt 
Anlaß zum Sweifel, denn es ist beineswegs ausgemacht, daß hier 
die Burg auf dem Berge gemeint ist, wenn diese Ansicht auch 
große Wahrscheinlichbeit für sich hat. 
Die Stadtburg dagegen ist im Verlaufe des 13. Jahrhunderts 
oielfach mit Sicherheit nachzuweisen. So wird 1290 Sigfrid von 
Kotenburg ausdrücklich als Burgmann der Stadt bezseichnet 
Castellanus ejusdem opidi). Derselbe Sigfrid oder sein Vater erscheint 
266 mi jeinem Oheim̃ Heinrich Kifter vom Schloß Rotenburg 
usammen mit der gesamten Burgmannschaft, dann treten 1256 der 
Schultheiß der Stadt, die Burgmannschaft und die gesamte Bürger— 
chaft in einer Urkunde hintereinander auf, und 1252 wird Kitter 
Helfrich von Rotenburg als Burgmann erwähnt und war es schon 
im 1216. Alle diese Nachrichten beziehen sich aber zweifellos auf 
ie Burg in der Stadt. NAuch in dem folgenden 14. Jahrhundert 
vird diese Burg noch oft erwähnt. 1341 heißt es, „in der Burg 
er Stadt zu Kotinberg“, 13601 wird sie bezeichnet als gelegen 
nnerhalb der, Stadtmauern und die vielen Glieder der Fanlie 
»on Baumbach, die als Burgmannen in den AUrbkunden genannt 
berden (Keinfrid 1330, 13401 Helmrich, 1311 Simon, 1384 Hermann) 
atten ihren Sitz sicher auf der Staͤtburg, bis Hans voñn Baum- 
»ach ihre Reihe im Jahre 1428 als lehter Burgmann schließt. 
die Burg scheint dann wüst gelegen zu haben und erlebté erst 
ine neue Blüte unter Landgraf Ludwig, der an ihre Stelle ein 
—D 
Auf der anderen Seite tritt die Burg auf dem Berge nur 
anz vereinzelt in das Licht der Geschichte, wie das bei folgenden 
sßelegenheiten der Fall ist. Wenn 3. B. im Jahre 1347 die „Burge 
u der Stadt zu Rodenberg“ und 1367 die Burg innerhalb der 
5tadt erwähnt wird, darf doch wohl als sicher angenommen werden, 
aß man diese Bezeichnung gewählt hat, um die Stadtburg von 
iner damals vorhandenen anderen Rotenburg, eben der „auf dem 
Zerge“ zu unterscheiden und wenn 1886 „ein Burgberg vor der 
deustadt zu Rotenberg“ urbundlich vorkommt, so setzt das natürlich 
benfalls das Vorhandensein einer Deste auf dem Hausberg voraus. 
direkt genannt wird die Burg auf dem Berge aber, soweit mir 
ebannt ist, nur in den Jahren 1388 und 1389 bei Gelegenheit 
»on Ereignissen, die wir später noch bennen lernen. Als sicher 
ezeugt bann die Existenz dieser Burg demnach nur für die Seit 
on c. 1340 - 1400 gelten. Fortsetzung folgt.) 
Kauschenberg in schwerer Kriegszeit. 
VDon K. Mittler, Rauschenberg.“) 
Slieb auch vom loß nu a 
8 —S — —D * 
Ansägliche Not hatte schon der dreißigjährige Krieg über das 
veite deutsche Vaterland gebracht. Mit am schwersten hatte Nieder⸗ 
essen gelitten, wo Tillys entmenschte Scharen übel gehaust hatten. 
dagegen war die Marburger Gegend, die seit 1624 von Kaiser 
ferdinand II. dem Landgrafen Ludwig V. von Hessen-Darmstadt 
ugespeochen war, vom Kriege ziemlich verschoni geblieben. In 
iesem Teile Oberhessens liegt die Stadt Rauschenberg. Wohl 
atten Truppendurchzüge, Einquartierung und Lieferungen an 
aisjerliche und bayrische Truppen die Bürgerschaft schwer gedrückt 
ind den Stadtsäckel schwer belastet, sodaß die Stadt schon im Jahre 
625 den Wald „auf dem Tann“ an wohlhabende Bürger verkaufte, 
ie den Wald rodeten und die heute noch dort befindlichen Gärken 
inlegten. Wohl wurde bereits 1631 die Stadt durch neue Kriegs- 
asten gezwungen, einen ihr gehörigen Waldteil, die „Bentze“* über 
Volferode, dem Ritter Hans Dietrich von Knoblauch zu Hatzbach 
ür 1050 Gulden oder 100 Keichstaler zu verbaufen; aber noch 
anden Burg und Stadt mit starben Mauern unversehrt, und den 
Zürgern war an Leib und Leben, an Hab und Gut bein Schaden 
eschehen. Willig ertrugen sie deshalb erneute Lieferungen im 
ahre 1633, als Landgraf Wilhelm von Hessen-Cassel mit drei 
zegimentern ganz in der Nähe der Stadt lag, während die Gegner 
inter dem wilden baiserlichen Obristen Böninghausen Kosenthal 
ind Umgegend brandschatzten. 
Doch alle bisher erlittene Unbill war nur ein schwaches Vorspiel 
es Anheils, das noch über die Stadt Lommen sollte. Mit ehernem 
sSriffel ist das Jahr 1636 als Jahr des AUnheils in die Geschichte 
on Rauschenberg eingegraben. In dem genannten Jahre war 
dandgraf Wilhelm V. von, Niederhessen mit 8000 Mann hessischer 
ind 5000 Mann schwedischer Truppen nach Hanau geeilt, hatte 
iese Stadt befreit und den kbaiserlichen General Lamboi bejiegt. 
dann zog er schleunigst nach Westfalen, um Paderborn und andere, 
en Hessen damals unterworfene Orte, gegen einen Angriff der 
kaiserlichen zu schützen. Sein Weg führte ihn durch die darm— 
tädtischen Orte RKauschenberg, Wetter und Battenberg. Während 
er Landgraf bei seinen Hessen auf strengste Manneszucht hielt, 
ourde der Marsch der Schweden unter General Lesle für immer 
ebrandmarkt. Es war am 80. Soeptember 1636, da erschien ein 
rupp Schweden vor Kauschenberg und verlangte Uebergabe von 
Zurg und Stadt. Als diese verweigert wurde, schritten die Schweden 
um Sturm. Vorher warfen sie schon die Brandfackel in die außer- 
zalb der Stadtmauer liegenden gefüllten Scheunen und äscherten 
ie ein. Tapfer wehrten indessen die Bürger den Sturm ab, und 
nannhaft strengten sich die Frauen an, das Feuer zu löschen. Aber 
chließlich war aller Widerstand vergeblich, die Schweden behielten 
die Oberhand. Nun ergoß sich die wilde Schar in die Stadt. 
) Benutzte Quellen: Dre. F. Münscher: Geschichte von Hessen. Eduard 
Bromm: Geschichte der Stadt Rauschenberg.
	        
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